The Kordz - Beauty & The East

Review

„Beauty & The East“ von THE KORDZ ist ein absolut außergewöhnliches Album. Es widerlegt den Trend, dass es von Rock aus dem nahen Osten mehr Forschungsliteratur, als in Deutschland vertriebene Platten gibt, und ist nach „Violently Decadent“ der wirren Poprocker von EATLIZ auch erst die zweite Veröffentlichung aus diesen Breiten, die mir in die Finger gekommen ist. Im Gegensatz zu den Israeliten, deren Musik nur subtil lokal oder spezifisch jüdisch geprägt war, versuchen THE KORDZ ganz offen die libanesischen Melodien, Akkordschemata und Rhythmen ihrer Heimat mit westlichen Standarts zu vermischen und machen Musik, die nicht auf den Weltmarkt schielt, sondern persönliche Erfahrungen ihrer Heimat verarbeitet. Dass es „Beauty & The East“ dennoch über SAOL hierher geschafft hat, liegt nicht primär an ihrem daraus resultierenden Exotenbonus, sondern weil die Platte auch nach westlichen Maßstäben echt stark ist.

Wer jetzt denkt: „Das klingt zwar ganz anspruchsvoll und nett, ist aber sicher auf eine sehr enge Zielgruppe gemünzt“, kann entwarnt werden. Eine gute Vergleichsgruppe zu THE KORDZ sind die zurecht sehr erfolgreichen AND YOU WILL KNOW US BY THE TRAIL OF DEAD, die ebenso spezifische Kulturfärbungen auf eine stimmige Art in ihren Songs verarbeiten, und damit trotz einer sehr westlichen Kompositionsweise Klangwelten erschaffen, die über den gewohnten Horizont hinausgehen. Und es ergeben sich spannende Querverweise in andere Genres: Melodien, die man sonst nur aus arabisch geprägten Großstadtkneipen hört, wirken Nummern wie „Deeper In“ schon fast psychodelisch. Und ungewohnte Akkordkombinationen, wie sie vor allem den Mittelteil des Albums ausmachen, könnte man sich glatt auf der nächsten Progplatte wünschen. Dennoch besteht die Grundsubstanz aus Alternative Rock, der meist ziemlich räudig, an anderen Stellen auch episch klingt, und eine große Dynamik offenbart. Nicht selten überraschen Refrains, wie in „Nothing Or Everything“ mit einem komplett anderem Rhythmusfundament als die Strophen, und auch vorsichtig verteilte ruhige Momente tragen dazu bei. Fast bis zum Ende der Platte bleibt die Grundstimmung dabei ziemlich düster und geizt nicht mit einer gewissen Dramatik. Einheimische Melodien werden als bedrohlich inszeniert und die Texte bleiben hart und pessimistisch im Umgang mit der Politik und den sozialen Strukturen des Libanons und der Welt.

Um die für Rockverhältnisse enorme Spielzeit von 63:43 Minuten (16 Songs!) dennoch abwechslungsreich und für den Hörer nicht erschlagend zu füllen, hat man sich einiges einfallen lassen. So besteht das neunminütige Doppelpack aus dem Titelsong und „Last Call“ im Mittelteil nur aus gefühlten anderthalb Melodien und legt sehr viel Wert auf eine abwechslungsreiche Inszenierung. Dann versteckt sich die filigrane, fünfminütige Halbballade „The Garden“ in der zweiten Albumhälfte, die im Libanon regelrecht gehypt wurde und auch auf dem großartigen „The Dream Sequencer“ von AYREON stehen könnte. Und um „Beauty & The East“ nicht in Depression enden zu lassen, stehen am Ende mit „The One“ und „Nic-O-Teen“ noch zwei amerikanisch geprägte College-Rocksongs. So sehr man davon auch überrascht wird: Wenn eine Band derart unkitschig und unprollig von One-Night-Stands singt, kann ich das nur gut finden.

Dass die Wertung dennoch bei 8 Punkten stehen bleibt, hat diverse Gründe. Der für mich ausschlaggebendste war, dass Sänger Moe Hamzeh zwar handwerklich alles wichtige drauf hat, er nach meinem Empfinden aber noch ein gutes Stück fetter und räudiger singen könnte. Auf einem Popalbum würde er, auch in der vorliegenden Abmischung, nicht negativ auffallen, aber mit der allgegenwärtigen Rotzigkeit der Gitarren auf dem Album kann er oft nicht mithalten. Auch frage ich mich, warum ausgerechnet der eher unspektakuläre Song „Deeper In“ den Opener geben durfte, obwohl es da ganz andere Garanten gegeben hätte. Schlussendlich steckt da aber auch ein wenig Skepsis meinerseits drin, bei einem selten bespielten Genre nicht gleich höchste Wertungen zu vergeben, um nach oben hin noch etwas Platz zu lassen.

Denn nichtsdestotrotz sollte „Beauty & The East“ von jedem Rockfan gekauft werden. Die Platte ist nicht nur voller fantastischer, ungewöhnlicher Melodien und Akkordschemata, in ihr steckt auch eine Vielseitigkeit und Breite, die man so von westlichen Rockbands kaum noch gewohnt ist. Und wer sich tiefgehender mit THE KORDZ auseinandersetzen will, bekommt eine Menge geboten: Die Text sind clever und die Biographie der Band verlief quer durch den vergangen Bürgerkrieg. Dass mir da einige Kleinigkeiten im Sound nicht passen, sollte bei diesem starken Paket ziemlich egal sein.

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18.04.2011

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