Rock am Härtsfeldsee 2018
Klein aber fein, hier lässt es sich entspannt abrocken

Konzertbericht

Billing: XPLICT, Grizzly, Lord Of The Lost, Mr. Hurley & Die Pulveraffen, Iced Earth, Testament, Tenside, Turbobier, Annisokay, Death Angel, Betontod und Accept
Konzert vom 28.6.2018 | Rock am Härtsfeldsee, Dischingen

Rock am Härtsfeldsee 2018 – Samstag

 

TENSIDE

Konzertfoto - Tenside beim Rock am Härtsfeldsee 2018

Tenside – Rock am Härtsfeldsee 2018

Tenside treiben sich im Waschmittel rum und es wäre ganz interessant zu wissen, warum sich eine Band nach waschaktiven Substanzen nennt. Dieses Rätsel wollen wir jetzt aber gar nicht lösen. Heute ist nämlich Tag zwei beim Rock am Härtsfeldsee 2018, das Wetter ist wieder bombastisch und wir wollen einfach die Mucke genießen. Genau das passiert dann auch bei TENSIDE, von denen wir – auch das ein Rätsel – noch nie etwas gehört haben, obwohl es sie seit 2004 gibt. Vielleicht liegt es daran, dass sich die Musik der Münchner ganz schwer einordnen lässt. Alternative mit einem Schuss Core? Modern Thrash Metal? Egal, Hauptsache Metal, und das trifft auf jeden Fall zu. Sänger Daniel „Kuhle“ Kuhlemann versucht das Publikum zu „Hey hey hey“-Chören zu animieren. Keine leichte Aufgabe, wir machen auch gleich mit, weil die Burschen echt gut sind und die undankbare Aufgabe haben, verkaterte Leute mit Sonnenbrand bei 30 Grad im Zelt auch noch aufzuheizen. Den Fans, die sich reingetraut haben, gefällt es trotz Gluthitze, ein einzelner Surfer lässt sich sogar von zwei unerschrockenen Helfern bis an den Bühnengraben tragen. Da Kuhle mit der Doppelaufgabe Gesang/Gitarre an den Mikroständer gefesselt ist, übernimmt Gitarrist Tobias Leitner neben Background-Gesang auch noch das Stage Acting, und zwar so intensiv, dass er immer wieder mal eine Mineralwasser-Dusche braucht. Auch die Fans sind jetzt definitiv aufgeheizt.

Galerie mit 18 Bildern: Tenside - Rock am Härtsfeldsee 2018

 

TURBOBIER

Konzertfoto von Turbobier beim Rock am Härtsfeldsee 2018

Turbobier – Rock am Härtsfeldsee 2018

Glücklicherweise ist inzwischen ein kühles Lüftchen aufgekommen, außerdem gibt’s jetzt nämlich Bier. TURBOBIER. Die Wiener Punkrocker kommen nicht so versifft rüber, wie der Name glauben lässt, sie punkten eher mit einer tollen Bühnenpräsenz und Humor-Punk. Der Schlagzeuger nennt sich Fredi Füzpappn, der Sänger Marco Pogo und letzterer hat ein loses Mundwerk, das er fleißig auf die Zuschauer loslässt. Die fressen ihm aus der Hand, singen die rockigen, bierseligen Punkhymnen mit Tiefgang mit. Beim Hasslied müssen wir alle besser hassen („I, i hoss olle Leit!“) und lauter mitsingen („No lauter!“), bei „Arbeitslos“ ist die Melodie von Helene Fischers „Atemlos“ geklaut und das kennt wirklich jeder (Aber woher eigentlich, wenn ich die Metaller fragen darf?). Das Zelt ist jetzt voll, die Fans am frühen Nachmittag schon bierselig und das mit dem Mitsingen klappt hervorragend, da die Songs direkt dafür ausgelegt sind. Lediglich den Wiener Dialekt kriegt nicht jeder hin. Wer jetzt denkt, dass das hier seicht ist, liegt aber daneben, denn TURBOBIER bringen nicht nur ihr eigenes Bier mit, sondern auch ganz klare Botschaften: „Ob schworz oda ob weiß, obs wo koit is oda heiß, A Mensch Is A Mensch und aus“. Punkt.

Galerie mit 16 Bildern: Turbobier - Rock am Härtsfeldsee 2018

 

ANNISOKAY

Konzertfoto von Annisokay auf dem Rock am Haertsfeldsee 2018

Annisokay – Rock am Härtsfeldsee 2018

Mit mindestens ebensoviel Elan gehen ANNISOKAY zu Werke. Zuerst müssen sie allerdings mit der Technik kämpfen und mit gehöriger Verspätung anfangen. „Habt ihr überhaupt noch Lust?“, fragt Shouter Dave Grunewald, als es endlich losgeht. Klaro! Aber auch danach versagt immer wieder irgendein wichtiges Teil seinen Dienst und Dave meint unsicher ins Mikro, er würde lieber singen als labern. Zudem hört er sich beim Singen manchmal nicht und  das ist so ziemlich das Schlimmste, was einem Sänger passieren kann. Cleansänger Christoph Wieczorek ist dafür viel zu laut zu hören, Cleangesang erschlägt Shouts, das ist jetzt wirklich schade. Aber die Berliner haben genügend Drive und auch Bühnenerfahrung, um nicht ins Desaster abzurutschen, und als die Technik dann endlich funktioniert, rollt der Zug namens ANNISOKAY unerbittlich. Jetzt isse okay, die Anni, die Stimmung steigt und immer wieder bilden sich Circlepits, vorne schreien viele mit und auch von den nicht mehr ganz so jungen Leuten in den hinteren Reihen ernten die Metalcore-Jungs anerkennendes Mitwippen des Kopfes.

Galerie mit 16 Bildern: Annisokay - Rock am Härtsfeldsee 2018

 

DEATH ANGEL

Konzertfoto vom Rock am Härtsfeldsee 2018

Death Angel – Rock am Härtsfeldsee 2018

Mit den Todesengeln sind wir wieder beim Bay-Area-Thrash der 80er-Jahre angelangt. Nicht, dass DEATH ANGEL angestaubt sind, kein bisschen! Die Jungs turnen wie immer topfit auf der Bühne herum und spielen supertight und heavy. Genügend Soli und progressive Parts kloppen sich mit Thrash-Geballere, um die Spannung ganz oben zu halten. Die Motte vom „The Evil Divide“-Album haben sie heute nicht als Backdrop dabei, aber Sänger Mark Osegueda hat sie auf den Arm tätowiert und den Song „The Moth“ spielen sie auch. Vor allem in den Midtemposongs kann er beweisen, dass er gesangstechnisch jederzeit auch im Powermetal anheuern könnte. Wow, er singt einfach toll und auf den Punkt. DEATH ANGEL sind Perfektionisten, das läuft wie am Schnürchen und schreit trotzdem nach Blut und Aufstand wie in „The Dream Calls For Blood“ und „Relentless Revolution“. Toller Auftritt und totaler Abriss der Progressive Thrasher, von denen man aber auch nichts anderes erwartet. Bis zum Zelteingang hinten sind Pommesgabeln zu sehen und zum Abschluss wirft Schlagzeuger Will Carroll nicht nur seine Drumsticks, sondern auch noch ein Hi-Hat ins Publikum.

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BETONTOD

Konzertfoto vom Rock am Härtsfeldsee 2018

Betontod – Rock am Härtsfeldsee 2018

Kurz vor Schluss geht noch einmal der Punk ab beim Rock am Härtsfeldsee: BETONTOD sind da. Mit Rückgrat aus Beton spielt die Band immer unter dem Motto: „Wir Spielen Keine Popsongs“. Die Ruhrpöttler sind politisch, unbeugsam und Gitarrist Frank „Eule“ Vohwinkel macht eine sehr deutliche Ansage gegen Nazis. Das Publikum geht steil und reckt permanent die Fäuste in die Luft, sogar der Surf-Verkehr über unseren Köpfen nimmt extreme Ausmaße an (auch wenn es immer wieder die gleichen Gesichter und Schuhe sind, die wir weiterreichen). Bei „Herz An Herz“ sollen wir alle den Nachbarn an unserer rechten Seite umarmen und ich wundere mich echt, dass diese geradlinige Punkband zwischen all dem Heavy und Modern Metal und auch den Spaßbands so gut ankommt. Das ist ja sozusagen ein Statement der Besucherschar. Statements haut auch Sänger Oliver Meister immer wieder raus, beim Singen und zwischen den Songs. Er wetzt auf der Bühne hin und her und animiert die Metaller zum Mitmachen. Voll gut: Punk’s not dead und die Leute, die ihn mögen, auch noch nicht.

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ACCEPT

Konzertfoto von Accept beim Rock am Härtsfeldsee 2018

Accept – Rock am Härtsfeldsee 2018

Gefühlt ist ein Viertel der Gäste inzwischen gegangen, Headlinerschwund ist heute leider normal. Trotzdem wird es jetzt eng vor der Stage und alle warten gespannt auf ACCEPT, die Krönung des Festivals. Die letzte Umbauphase ist lang, der aufwändige Bühnenaufbau erinnert an eine Maschinenhalle und die Fans rufen ungeduldig nach ACCEPT, die dann endlich gut gelaunt erscheinen. Die Macher des Rock am Härtsfeldsee hatten das bisher größte Zelt der Festivalgeschichte (immerhin 22 Jahre!) versprochen und ihr Versprechen gehalten. Bei gleichbleibender Besucherschar bedeutet das etwas mehr Luft zum Atmen und mehr Platz zum Bangen.  Sänger Mark Tornillo ist ein richtiges Energiebündel, aber auch Wolf Hoffmann und Uwe Lulis an der Gitarre setzen sich gekonnt in Szene. Die deutsche Ur-Heavy-Metal-Band hat natürlich keinen Mangel an Hits und haut sie alle gnadenlos raus: „Restless And Wild“, „Fast As A Shark“ „Princess Of The Dawn“ oder „Midnight Mover“, das Publikum kennt sie alle und ist lautstark dabei. Hoffmann ist der Meister der Grimassen und heizt die Fans zu immer lauterem Gegröle an. „Metal Heart“ kommt wie immer mit dem „Für Elise“-Solo und spätestens da explodiert das Zelt vor roher Energie. Alle grölen mit, streckenweise muss das Publikum a capella singen und die Band steht vorne, gibt den Takt vor und strahlt. ACCEPT ist ein Stück deutsche Heavy-Metal-Geschichte und das wird gebührend gefeiert, bis uns die Band mit „Balls To The Wall“ aus dem Zelt schmeißt. Alles schon wieder vorbei!

Galerie mit 19 Bildern: Accept - Rock am Härtsfeldsee 2018

 

Fazit: Das Rock am Härtsfeldsee ist ein kleines, aber feines Familienfestival mit Flair und viel traditionellem Heavy Metal. Alt und Jung kommen hier auf ihre Kosten, da auch immer wieder Punk-, Rock- oder Modern Metal-Bands eingeladen werden. „Größer – höher – weiter“ gibt es nicht, man setzt auf Altbewährtes und auch die Besucherzahl bleibt stabil bei 4000 Metalheads pro Tag. Das wissen die Fans zu schätzen, auch dieses Jahr war wieder ausverkauft. Essen und Trinken gibt es in großer Auswahl zu erschwinglichen Preisen. Unser persönliches Highlight ist die scharfe Zigeunerpizza, die uns schon manchen Schluckauf beschert hat. Chillen beim Grillen, Baden im See, tolle Bands und entspannte Besucher – wir freuen uns schon aufs Rock am Härtsfeldsee 2019!

Dagmar Geiger und Stephanie Lauber

 

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19.07.2018

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