BLACK FLAG - What The...

Review

 

„My heart´s pumping! My heart´s pumping!“ So schreit es einen zu Beginn des Albums böse an, als müsse sich die schwarze Flagge ihrer eigenen Existenz selbst vergewissern. Und tatsächlich ist es ja so, dass diese Band und ihr neues Album eigentlich dazu prädestiniert erschienen, als untotes Duo das eigene tote Pferd mehr schlecht als recht zu verprügeln.

Ein gutes Vierteljahrhundert nach der letzten Platte und flankiert vom Streit um die Namensrechte sowie dem Vernehmen nach unterirdische Live-Darbietungen kenne ich zumindest niemanden, der Greg Ginn und seiner aktuellen Inkarnation der Band mit Ron Reyes, einem der ehemaligen Sänger, sowie Greg Moore am Schlagzeug irgendwas zugetraut hätte. Natürlich kenne ich nun auch nicht jeden, aber mal ehrlich: Da startet einer der ehemaligen Sänger, Keith Morris, erst mit OFF! ein allseits gefeiertes Comeback im Stil des Frühachtziger-Hardcore und tourt dann auch noch als FLAG durch die Welt, um sich der BF-Klassiker direkt anzunehmen. Und plötzlich taucht SST-Chef und BLACK-FLAG-Mastermind Ginn aus der Versenkung auf und reklamiert das Erbe für sich. Nach Jahren der Punk-Abstinenz. Pfff.

Doch „What The…“ ist trotz allem kein Reinfall. Eine gehörige Herausforderung jedoch schon. Diese Album hörst du nicht nebenbei, nicht im Hintergrund und schon gar nicht zum Spaß. Hier ist nichts hymnisch, es gibt kaum schmeichelnde Melodien. Und auch keine Atempausen. Ginns charakteristische Riffs und Leads zwischen rostigem Hammer und kreischender Nervensäge attackieren stoisch und voller verbissener Ausdauer über die gesamte Distanz von 22 recht kurzen und recht flotten Stücken. Und Sänger Ron Reyes rotzt seine Vocals hinreichend angepisst und kaputt darüber. Das Album funktioniert als in sich homogener, offensiver, provozierender, oft auch monotoner Krach-Klumpen, der sich nur vereinzelt, so zum Beispiel bei „Go Away!“ oder auch „The Chase“, ansatzweise catchy zeigt.

Wer Musik also auch mal als Herausforderung sucht oder schlicht mal wieder Bock auf richtig schlechte Laune hat, liegt bei diesem professionell dargebotenen Nihilismus richtig, der zwar kaum das Adrenalin und die Griffigkeit des Frühwerks, aber auch nicht die Zerfahrenheit späterer BLACK-FLAG-Ergüsse aufweist. Musik für den Kater zum Besäufnis nach der Trennung – der Trennung vom Glauben an das Gute in der Welt…

Oder um es bildlich mit Blick auf die älteren Herren des Genres auszudrücken: Während meinetwegen BAD RELIGION der Vorstadt-Daddy mit Demokraten-Parteibuch und wilden Chucks zum Anzug sind, rennen OFF! auch im gesetzten Alter mit dem Stein in der Hand und der Zwille in der Tasche zur Demo, deren Soundtrack sie dann zum Abschluss im besetzten Haus selbst beisteuern. BLACK FLAG aber sind der zynische alte Sack mit dem stieren Blick und der stets geschwollenen Halsschlagader, dem du auf der Straße in jedem Fall besser ausweichst, weil er einfach nichts mehr vom Leben erwartet und nichts zu verlieren hat. Dein Held wird der nicht, aber irgendwie fasziniert bist du von ihm dann doch.

Fazit? Irgendwas zwischen nervigem Scheiß und geiler psychischer Störung.

P.S.: Fortuna Köln hat Trainer Toni Schumacher mal in der Halbzeitpause entlassen. BLACK FLAG setzt Sänger Ron Reyes 2013 während eines Konzertes vor die Tür. Schon ganz geil.

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22.12.2013

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