Chrome Hoof - Crush Depth

Review

Für keine andere Band sollte man derzeit wieder lauter trommeln als für das Londoner und Berliner Kollektiv CHROME HOOF. Erstens trommeln CHROME HOOF selbst laut genug, zweitens trommeln sie energischer, drittens trommeln sie anders und musikalisch weit interessanter als andere Bands, viertens haben sie mit „Crush Depth“ endlich ihr drittes Album an den Start gebracht.

Kutten und Kapuzen, allerdings keine pechschwarzen, nein: glamig-interstellare Discokugel-Pailletten-Optik ist hier angesagt: CHROME HOOF bedienen sich einer silbrigen Weltraumforscher-Ästhetik. Ähnlich wie bei den Drone-Folterknechten SUNN O))), mit denen sie sich übrigens schon die Bühne geteilt haben, verschwinden Individuen hinter einem Schleier aus Uniformierung und Sound. Lediglich die Sängerin Lola Olafisoye entzieht sich der visuellen Gleichschaltung, dafür emuliert sie in Frisur und Fetzen-Dress das bizarr verschrobene Bild einer aus ihrer „Slave To The Rhythm“-Phase directly ins 21. Jahrhundert gebeamten Grace Jones.

Diese Kostümierung findet ihre akustische Entsprechung im Sound: CHROME HOOF amalgamieren Rock- und Soulzitate mit den Rhythmusformeln der tradierten Disco-Musik, mit den hedonistischen Methoden des Free Jazz, verlöten indigene Musiken, gutturale Metalstudien und Space Rock zu einem geilen Konglomerat. Trippelnde Bassläufe werden von clever designten Sounds überlagert, alle Sorten an Percussions verstärken sich gegenseitig, Trompete, Saxofon und Fagott setzen zu Fanfaren an. Dazu lärmende Gitarrenwände, eine verzerrt säuselnde Geige und die ganze Gesangspalette: Gesangsstile von Pop, Disco und Death Metal schieben sich innerhalb eines Songs wie bei einem Autounfall ineinander und dominieren das Treiben. Es ist wunderbar.

„Crush Depth“ ist ein gewaltiger Hybrid, ein musikalischer Ritt. Die Kompositionen wirken zwar wie wild zusammengeschraubt, bauen aber immer auf ein solides Gerüst aus Schlagzeug, Bass und Gitarre auf, in das unablässig Motive oder einfach: fraktale Klänge hinein- und wieder hinausgeblendet werden. Und zwar im Dreißig-Sekunden-Takt. Diese Aufeinanderfolge der Module parzelliert die Musik, das Nacheinander von kleinen Hörsensationen hält die Aufmerksamkeit aufrecht. CHROME HOOF klingen mit ihrer Zusammenführung popkultureller Komplementaritäten immer nach einer Band, nicht nach einem rudimentären Entwurf. Das komplette Album läuft mit ausgefeilter Dramaturgie durch, glatter und gemäßigter als das Vorgängeralbum „Pre-Emptive False Rupture“, dafür aber eine Raketenstufe entschlossener und kristalliner.

Die Energie, die voluminöse Präsenz, die diese entfesselte Konstellation entwickelt ist fast schon unheimlich; der Musik wohnt eine unbeirrt vorwärtstreibende Kraft inne. Die mal tanzbaren, mal komplex durchtriebenen Stücke sind exaltiert genug, um sich sowohl bei einem vor Hipness sprühenden urbanen, als auch bei einem Metalfestival-Publikum zu bewähren. CHROME HOOF machen intuitiv alles richtig. Daraus lässt sich die These ableiten, dass man im Jahr 2010 mit einer grellen Mixtur aus Dance, Noise und Metal als der neue Konsens gehandelt werden kann.

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25.05.2010

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