Coppelius - Extrablatt

Review

Galerie mit 27 Bildern: Coppelius - Schlosshof Festival 2022

Man muss sich schon auf die etwas schräge Gedankenwelt von COPPELIUS einlassen, um ihrer Musik etwas abgewinnen zu können. Doch akzeptiert man die fiktive Scheinidentität einer Kapelle aus dem 19. Jahrhundert, taucht man ein in ihre Parallelwelt, wo Metal eben auf Klarinette, Cello und Kontrabass basiert. Immerhin das Schlagzeug wirkt vertraut, ansonsten stellt die Band aber so etwas wie die Steampunk-Variante der „Neuen Deutschen Härte“ dar.

Das Design des in Schrift und Bild bewusst altmodisch gestalteten Digipacks fügt sich stilecht ins Konzept ein, passend zum Titel „Extrablatt“ wurde das Booklet wie eine alte Zeitungsseite gestaltet. Doch kann auch die Musik überzeugen? Überwiegend ja, aber eben nicht uneingeschränkt. Manchmal schwingt im sehr speziellen Humor der Kapelle etwas zuviel KNORKATOR mit, da wirkt manche Textpassage etwas arg gezwungen und uninspiriert. Und auch die Musik pflegt manchmal einen gar zu simpel-monotonen Stampf-Rhythmus.

Doch da sind auch die anderen Momente, wenn die gesellschaftskritische Seite durch die biedermeierliche Blume ausgedrückt den Nagel auf den Kopf trifft und auf höchst charmante Weise gegen neuzeitliche Auswüchse wie omnipräsente Smartphone-Daddelei („Spieldose“) anprangert. Manchmal zäumen COPPELIUS das Pferd aber auch von der anderen Seite auf, klagen nicht über das Jetzt, sondern erinnern auf verträumt-nostalgische Weise an das Früher, als man beispielsweise noch Konzerte erleben konnte, ohne dabei ständig irgendwelche Smartphone-Displays vor die Fresse gehalten zu bekommen („Keine Kamera“) – eine großartige Zeit, wer dabei war, weiß, wovon ich spreche…

Meist steht die lyrische Botschaft im Vordergrund, die Musik nimmt eher eine begleitende Funktion ein, ohne dabei ins Triviale abzudriften. Ganz nervfrei kommt „Extrablatt“ dabei aber nicht daher. Vermeintliche Sinnlosigkeiten wie „Butterblume“ und „Geschwind“ skipt man ab dem dritten Hördurchlauf spontan weiter. Doch da sind auch Perlen wie der überdrehte Folk-Rock-Song „I’d Change Everything“ oder die extrem tanzbare antikapitalistische Stampf-Hymne „Reichtum“. Schade, dass COPPELIUS dieses Niveau nicht über die gesamte Spieldauer hinweg halten können.

Erwähnenswert sind darüber hinaus in jedem Fall die beiden Cover-Versionen. Dabei handelt es sich zum einen um den IRON-MAIDEN-Klassiker „Running Free“, zum anderen um die SUBWAY-TO-SALLY-Ballade „Maria“ (letztere ist als Bonus-Track deklariert). Mit diesen beiden Polen lässt sich das Spannungsfeld, in dem sich COPPELIUS bewegen auch ganz gut beschreiben, wenngleich sie durch ihre einzigartige Herangehensweise aber stets etwas völlig eigenständiges kreieren. Dabei gelingt zwar nicht jedes musikalische Experiment, aber das ist wohl der Preis echter Innovationsbereitschaft.

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12.02.2013

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