Eternal Chaos - Dark God Of The Eternal

Review

Lausbuben waren sie schon immer. Ständig unterwegs, immer mit komischen Ideen, vor denen keiner ihrer Zeitgenossen gefeit war. Und wenn die Wirkung des einen Streichs noch nicht ganz verpufft war, hatten sie schon den nächsten ausgeheckt. Einmal, das war noch zu Schulzeiten, hatten sie einen Ziegenbock vom Hof in der Nachbarschaft geholt und ihn vor der Stunde am Pult des Englischlehrers festgebunden. Dann sind sie zum Büro des Direktors gelaufen und haben ihm mit gehetzter Stimme erklärt, dass sich der Lehrer in den Antichrist verwandelt hätte. Die Strafe ließ nicht lange auf sich warten: Stockschläge und Hausarrest, und Aleitan bekam für vier Monate seine Westerngitarre abgenommen.

Später, als sie schon älter waren, trieb einer der Jungs über irgendwelche Umwege einen Chemie-Experimentierkasten auf. Zwar schon gebraucht, aber damit ließen sich die merkwürdigsten Dinge anstellen. Und da sich die Buben immer mehr für umgedrehte Kreuze interessierten, benutzten sie ihn, um schwarzmagische Rituale auf dem Friedhof mit einigen Effekten aufzupeppen. Eine Zeitlang hielt sich im Dorf das Gerücht, der alte Schneider sei nachts aus seinem Grab gestiegen, umgeben von bläulichen Lichtern, und habe unverständliche Reime deklamiert. Manche hielten die Lichter gar für die Wiederkehr des Inka-Kriegers Rumiñahui, der nach viereinhalb Jahrhunderten zu den Lebenden zurückgekommen sei, nunmehr als Botschafter der Unterwelt. Später haben es die Burschen geschafft, mit dem Chemiekasten Knallfrösche herzustellen. Und die zündeten sie sonntags in der Messe, direkt im Anschluss an die Predigt.

Irgendwann kamen sie auf die Idee, eine Band zusammenzutrommeln. Aleitan konnte ja Gitarre spielen, zwar mehr schlecht als recht, aber immerhin. Und dann gab es ja noch diesen Amasarac, der hatte einen Bass, und als Schlagzeuger fragten sie einen Typen, der sich Apocalypse nannte. Der war zwar erst fünfzehn und ziemlich schüchtern, aber trommeln konnte der echt wie Hölle. Und außerdem hatte der eigene Kessel und keine Waschmitteltrommeln wie der Versager aus der Klasse über ihnen. Und da Aleitan einem Freund die E-Gitarre (mit Pentagramm-Aufkleber) abkaufen konnte, stand der Gründung von ETERNAL CHAOS nichts mehr im Weg. Mayon könnte dann ja singen, schließlich rauchte der ja schon, seit er elf war, und hatte eine echt schrille Stimme. Und das Beste war: Songtitel hatten sie sich auch schon ausgedacht – „Lord Of Chaos“ sollte das erste Stück heißen, dann gab es noch „The Black Flame Spirit“ (das sollte von der eigenen Jugend in Kolumbien handeln) und „Rise Blasphemer“ (da geht es um die nächtlichen Erfahrungen auf dem Friedhof). Was jetzt noch fehlte, waren die Songs.

Also haben sich die vier Jungs alle möglichen Black-Metal-Scheiben, die sie auf dem Markt in ihrer Heimatstadt Armenia auftreiben konnten, angehört, nachgespielt, auswendig gelernt. Und anschließend haben sie sich ein paar Monate im Proberaum verschanzt und acht Stücke zusammengezimmert, neben einem Intro („Death’s Overture“) und einem Outro („Outro“). Vielleicht nichts Revolutionäres, aber sie haben wirklich all ihr Können in die Lieder gelegt. Da drischt dieser Apocalypse zumeist in Höchstgeschwindigkeit auf sein Schlagzeug ein, während Aleitan Schrammelriffs en masse abfeuert. Gut, dass ihm in der Vergangenheit häufiger mal die Gitarre abgenommen wurde, hört man – bei den Aufnahmen laufen die beiden Gitarrenspuren unsauber nebeneinander her. Und Amasaracs Leistung am Viersaiter war doch nicht so dolle, weswegen man den Bass ganz nach hinten gemischt hat.

Aber hey, wer will schon meckern? Immerhin hatten sie Spaß bei der Sache. Und immerhin haben sie ihre Songs in einem Studio eintrümmern können. Und damit nicht genug: Irgendwann meldeten sich Mighty Hordes Productions, um die Chose als CD zu veröffentlichen. Unfassbar! Das konnten Aleitan und seine Freunde zwar nicht recht glauben, aber warum nicht? Und die hatten echt schnell ein richtig finsteres Coverartwork beisammen, mit Schlangen und Totenköpfen, und das Logo sah auch nicht übel aus. Halt genauso wie auf den Black-Metal-Platten, die sie auf dem Flohmarkt ihrer Heimatstadt Armenia auftreiben konnten.

Tja, und so rumpelten die vier Freunde weiter so vor sich hin, und vereinzelt nahm man sogar Notiz von den Jungs aus Kolumbien. Nur Drummer Apocalypse konnte sich noch nicht recht mit der neuen Situation anfreunden, weswegen er nach den Aufnahmen eine Lehre als Friedhofsgärtner anfing. Und wer weiß, vielleicht scheint ja auf dem nächtlichen Friedhof in Armenia weiterhin bei diesem oder jenem Grab ein bläuliches Licht.

03.05.2011

- Dreaming in Red -

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