Evil - Possessed By Evil

Review

Mal ehrlich: Möchte man sich wirklich darüber aufregen, dass es EVIL aus Japan an Innovation mangelt? Die Kerle nennen sich EVIL, haben den Begriff in den Albumtitel ihrer letzten, in den Titel ihrer neuen Platte „Possessed By Evil“ sowie in gut ein Drittel ihrer Songtitel gepackt, posieren dazu mit Corpsepaint an Grabsteinen, lassen sich dabei schön in schwarzweiß ablichten und treten immer noch gerne aufs Gaspedal. Die Devi(l)se bleibt: Black n‘ Roll mit ’ner ordentlichen Prise Heavy, Speed und Thrash Metal, alles mal schön in den Mixer, heiser drüber gebellt und ab geht sie, die Luzi. Spaß in der Buxe statt Grimm in der Backe. Und mit Synthesizern oder so ’nem aufgesetzten Scheiß wie Atmosphäre und Post-Präfixen braucht man den fernöstlichen Pistensäuen erst gar nicht kommen.

Ein Album wie ein Bier: Funktioniert einfach

Denn „Possessed By Evil“ sträubt sich stur gegen alles, was kein geiles, klassisches Heavy-Lick mit regelmäßig aufgetragener Tremolo-Würze ist und sich somit nicht in einen prägnanten, hypernervösen und pechschwarzen Asphaltrasierer stopfen lässt. In puncto Kreativität stehen die Herren damit in etwa auf einem Level mit HELLBRINGER: Nix Neues, aber die beherzte Umsetzung macht zusammen mit einem herrlich altmodischen Sound den Unterschied. Wo andere Bands lieber auf Nummer Sicher gehen oder sich viel zu ernst nehmen, klingen die Japaner so richtig schön dreckig und rotzig. „Possessed By Evil“ wirkt keineswegs durchquantisiert, sondern dynamisch und lässt somit zu, dass die Kapelle sich in dem High-Speed-Passagen gelegentlich angemessen überschlägt.

Das Feeling fangen die Japaner also gekonnt ein. Glücklicherweise bietet die Platte dazu noch ausreichend Abwechslung, um nicht der Eintönigkeit anheim zu fallen. „夜叉 Yaksa“ und „怨殺 Revenge“, die beiden ersten richtigen Songs nach dem als Intro fungierenden Instrumental „六道輪廻 The Cycle Of Pain“, hauen tempomäßig ordentlich auf die Kacke, während das folgende „雷神 Raizin“ als flotter Midtempo-Stampfer den Hymnenfaktor hochschraubt zu Lasten des Bleifußes, zu Gunsten des generellen Hörflusses. Diese Dynamik geht den Herren dabei extrem lässig von der Hand, den trotz leicht gedrosselten Tempos bleiben die Grooves punkig und spritzig. Die klassischen, nach Bier und Kippenqualm riechenden Riffs tun ihr übriges, um den Stoff direkt ins Blut gehen zu lassen.

„Possessed By Evil“ lässt reichlich Gummi auf der Straße

Dazu gibt es kleinere, kompositorische Hörenswürdigkeiten zu entdecken, die sicher keine Welten umwälzen, aber dennoch nette, songschreibereische Details sind. „地獄の門 The Gate Of Hell“ ist ein kurzes Instrumental, das möglicherweise gar frühe BLACK SABBATH anklingen lässt, bevor von dessen Ausgangspunkt aus „歪な梵鐘 Hell’s Evil Bells“ losknüppelt. Das wiederum folgende „奈落の底 Bottom Of Hell“ scheint nicht nur vom Titel her anzuknüpfen, sondern fügt sich auch harmonisch nahtlos an seinen Vorgänger an, wenn auch deutlich gedrosselt. Der Rausschmeißer „惡鼻達磨 Evil Way Of Live“ ist im Hauptteil im Midtempo unterwegs, gibt zum Ende hin aber noch einmal Gas, bevor er mit einer Reprise der Riffs der beiden ersten Tracks fulminant ausklingt.

Das soll nicht heißen, dass das physikalisch bereits im Vorjahr erschienene „Possessed By Evil“ eine sonderlich hohe Halbwertszeit hat. Aber das Songwriting macht aus dieser Sause eben doch einen kurzweiligen Kracher. Dazu ist der erhöhte Anteil an Heavy-Licks willkommenes Futter für Traditionalisten, die es sich mal wieder etwas dreckiger geben wollen. Es sei an dieser Stelle in Erinnerung gerufen, dass die Herren EVIL heißen und spritzigen, speedigen Black n‘ Roll spielen, dessen Riffs den alten Stahl der Achtziger bluten und schwitzen. Hier geht es mit Bleifuß auf die Piste, sodass keine Zeit für Sophistereien bleibt. Wer zum Headbangen in den Keller geht, sollte also besser dort bleiben und Abstand halten. Der Rest sollte sich schon mal mit Bierdosen und Kippen bewaffnen…

04.02.2021

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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