Ghostheart Nebula - Blackshift

Review

Manche Bands haben einfach eine kreative PR-Maschinerie. GHOSTHEART NEBULA aus Italien beispielsweise heften ihrem Rezensionsexemplar zum Zweitling „Blackshift“ einen Pressetext anbei, der den Sound dieser Band als Cosmic Doom Metal bezeichnet. Bevor die Lovecraft-Enthusiasten gleich feuchte Tentakel bekommen, sei klar gestellt, dass die Formation aus Mailand keine dieser Bands ist, die kosmische Schrecken zu vertonen suchen. Die Band möchte hörbar mehr die unendlichen Weiten des Weltraums mit einem melodischen, recht modern produzierten Death Doom einfangen, dessen melancholische Melodiefärbung sich definitiv mehr als nur einmal bei finnischen Gepflogenheiten bedient.

Atmosphärische Doom-Kost nach finnischem Gusto

Das haben die Mailänder auf ihrem Debüt „Ascension“ bereits gezeigt, sodass diese Beobachtung jetzt nicht unbedingt Neuland darstellt. Die vom Vorredner Mirko angerissene Nähe zu SWALLOW THE SUN und INSOMNIUM können GHOSTHEART NEBULA somit also mit der Etikettierung nicht wirklich abschütteln. Zwar auch nicht direkt neu, aber deutlich konsequenter integriert ist der Gesang der 2023 fest ins Lineup aufgenommenen Sängerin Lucia Amelia Emmanueli (u. a. SOJOURNER), sodass sich – so klischeehaft das auch klingen mag – auch gängige Gothic-Einflüsse wiederfinden, gerade wenn wie in „The Opal Tide“ auch mal Spoken Word-Passagen zum Einsatz kommen. Man denke so ein bisschen in die Richtung DRACONIAN und ist in etwa auf der richtigen Spur.

Die kosmische Thematik steckt im Namen des Intros „VdB 141 IC 1805“ drin, wobei vdB141 wohl die Bezeichnung des sogenannten Geisternebels im Sternbild Kepheus (und damit möglicherweise eine Referenz an den Bandnamen) darstellt. In gehörter Form breiten sich effektlastige Klänge im Äther aus, die in der Entfernung eventuell ein bisschen einen gewissen Score eines gewissen Herrn Zimmer andeuten könnten. Jene durch subtile Repetitionen suggerierte Weite des Weltalls mit aller Symbolik, die damit einhergeht, versucht sich immer mal wieder durch den Sound zu kämpfen wie in „Orphan Of Light“, doch fürs erste geht das Intro in einen relativ konventionellen, schon stark nach finnischer Handschrift klingen Death-Doom-Track namens „Sunya“ über.

Die (nicht allzu) neue Doppelspitze am Mikrofon ist ein klarer Gewinn für GHOSTHEART NEBULA

Hier zeigt Emmanueli aber zumindest eindrucksvoll, dass sie ein wertvoller Zugewinn im Gespann der Band ist. Ihr klarer, elegisch und möglicherweise leicht folkig klingender Gesang ist ein wunderbarer Kontrast zu Maurizio Caverzans fülligen Growls, wobei sich beides in diesem praktisch quintessentiellen Track wunderbar ausbalanciert und die gute Chemie zwischen den Akteuren so wunderbar aufgezeigt wird. Nach diesem Auftakt schürfen die Italiener im weiteren Verlauf von „Blackshift“ deutlich tiefer, entweder beim im Funeral Doom wildernden „The Opal Tide“, das zwischenzeitlich nur mal kurz an der Grenze zum Gothic-Kitsch vorbei schrammt, oder im mit Post-Metal-artigen Wall-Of-Sound-Gitarren versehenen „Infinite Mirror“, das im Mittelteil mit geradezu sehnsüchtig klingenden Gitarrenleads aufwartet.

Es geht Doom-technisch also zumeist relativ irdisch zu, doch die Italiener wissen definitiv, wie sie dank atmosphärischer Synths, schmachtender Melodien und den wunderbaren Vocals von Emmanuelli die richtigen Knöpfe bei ihrer Hörerschaft drücken müssen, um für große Gänsehautmomente zu sorgen. Den qualitativen Peak von „Blackshift“ erreichen GHOSTHEART NEBULA in dieser Hinsicht mit „Traces“, einer atmosphärischen Doom-Perle wie aus dem Lehrbuch, bei der nahezu alles stimmt. Und für das Finale haben sich die Mailänder ebenfalls ein Sahnestück aufgespart in Form des urgewaltigen „Orphan Of Light“, wo die gute Chemie zwischen Caverzan und Emmanueli noch einmal richtig gut in Szene gesetzt wird.

„Blackshift“ brilliert dabei vor allem dank seiner stimmungsvollen Inszenierung

Der Vorgänger war schon ein ziemlich guter Anfang, krankte aber an ansatzweise synthetisch klingenden Drums und einer bisweilen etwas problematischen Produktion. Letzteres hat sich bedauerlicherweise nicht geändert mit einigen der lauteren Momente, in denen der Sound wie ein diffuser Brei klingt. Doch an den übrigen, technischen Aspekten wie den Drums und generell einem geschmeidigeren Songwriting haben die Mailänder hörbar geschraubt, sodass „Blackshift“ eine ordentliche Steigerung zum Vorgänger darstellt. „Blackshift“ kocht zwar hauptsächlich mit finnischen Wassern, tut dies aber ausgesprochen wirkungs- und stimmungsvoll mit erfreulich wenig Ausschussware. Trotz der gelegentlich unvorteilhaften Produktion (von Wiederholungstäter Øystein G. Brun übrigens) sei die Platte damit Freunden finnischer Doom-Kost wärmstens ans Herz gelegt.

11.10.2024

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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