Grift - Arvet

Review

Galerie mit 10 Bildern: Grift - Walpurgisnacht 2022

Krass. Ist das auch schon wieder zwei Jahre her, dass GRIFT-Alleinunterhalter Erik Gärdefors sein Full-Length-Debüt „Syner“ veröffentlichte. Nun steht das nächste Album namens „Arvet“ an, und bekanntermaßen stehe ich GRIFT gespalten gegenüber: Die „Fyra Elegier“-EP ist für mich mittlerweile fast schon legendär, die Split mit SAIVA immer noch hervorragend. „Syner“ hingegen fand ich ja weniger fesselnd, ähnliches gilt für die GRIFT-Seite der „Betrayed By The Sun / Hägringar“-Split mit DRUDKH. (Und ja, ich habe die Kommentare unter meiner „Syner“-Review gelesen und weiß, dass ich damit scheinbar alleine stehe.) Aber was soll ich sagen – mit „Arvet“ hat mich Erik Gärdefors wieder eingefangen. Ich nenne mich wieder GRIFT-Fan.

„Arvet“ lässt sich kaum prägnant beschreiben

Nach diesem ultra-subjektiven Einstieg ein bisschen versuchte Objektivität: Auf „Arvet“ macht Mr. Gärdefors alles richtig, geht dabei keineswegs den Weg zurück zum Stil von „Fyra Elegier“, sondern denkt die GRIFT-Entwicklung konsequent fort. Auch 2017 gibt es im Hause GRIFT wieder melancholischen, bisweilen depressiven, atmosphärischen, vom Post-Rock beeinflussten Black Metal zu hören. Allerdings treten auch die Folk-Elemente wieder sehr viel stärker in den Vordergrund, als das zuletzt der Fall war, und vor allem: Erik hat seinen Hang zur melancholischen, gewissermaßen suchenden und nicht findenden Getriebenheit wiedergefunden.

Rechnet man das alles zusammen, steht unter dem Strich ein Album, das kaum in Schubladen zu pressen, kaum in prägnante Beschreibungen zu fassen ist. Der Black Metal auf „Arvet“ ist melodisch, aber er ist kein Melodic Black Metal. Er spielt mit vielen Folk-Momenten, die teilweise („Glömskans Jrtecken“) so weit in den Vordergrund treten, dass der Black Metal kurze Zeit gänzlich aus den Augen verloren wird. Aber „Arvet“ ist auch kein waschechter Folk (Black) Metal. Und die scheuklappenfreie Verliebtheit in Spielereien und unerwartete Kurswechsel könnte man theoretisch als „Post“-Einfluss werten – aber von dem, was man sich allgemein unter Post-Black Metal vorstellt, ist „Arvet“ auch weit entfernt.

Bild Grift Band Foto 2017

Erik Gärdefors von GRIFT mit Psalmodikon

Akustikgitarre, Psalmodikon, Ambient Folk – und trotzdem Black Metal

Am besten lässt man die Musik für sich selber sprechen, lässt sich auf die emotionale Reise ein, die Erik Gärdefors für seine Hörer bereithält. Los geht es mit „Flyktfast“ und einer einfachen, aber wunderschönen Akustikgitarre, die eine einsame Melodie vor sich hinklimpert, und nach einer Weile vom Psalmodikon begleitet wird (ein schwedisches Streichinstrument aus dem 19. Jahrhundert). Eriks heisere Schreie und das Schlagzeug fügen sich hinzu, erst nach zweieinhalb Minuten schließlich sind verzerrte Gitarren zu hören. Allein der Anfang stellt also bereits klar, dass es bei GRIFT anno 2017 keineswegs gemäß den Erwartungen zugeht, dafür aber stets emotional bleibt.

Diese Marschroute führt „Arvet“ fort, auch „Den Stora Tystnaden“ bleibt knapp die Hälfte der Spielzeit akustisch und depri-folkig, bevor eine unfassbar eindringliche, melodische Leadgitarre in bester ULVER-Manier übernimmt. Im oben bereits genannten „Glömskans Jrtecken“ packt Erik wunderbaren Klargesang aus, „Morgon På Strömsholm“ wäre ein ambientes Zwischenspiel, würde am Ende nicht wieder das Psalmodikon ins Klangbild preschen und das Ruder übernehmen – und dieses Ambient-Folk-Stück zu einer vollwertigen Komposition aufwerten. Selten hat man auf Black-Metal-Alben derart eindringliche Ambient-Intermezzi gehört (sowieso Dungeon-Synth-beeinflusste Bands vielleicht mal ausgenommen).

Den Höhepunkt stellt aber das abschließende „Utdöingsbygd“ dar, quasi der einzige waschechte Black-Metal-Song (der aber gegen Ende auch wieder mit Folk überrascht), der tatsächlich ein wenig an „Fyra Elegier“ erinnert und durch die Kombination von STILLA’scher Getriebenheit und Eriks markerschütternden Screams, abgelöst und ausgeleitet von weiblichen, elfenartigen Gesängen einen höchst emotionalen Schlusspunkt für „Arvet“ setzt.

GRIFT entwickeln sich nochmal weiter

Nein, auch „Arvet“ ist also kein zweites „Fyra Elegier“. Es ist aber auch kein zweites „Syner“. Es ist die konsequente Weiterentwicklung des Stils, der eh ständig Entwicklungen ausgesetzt war. Aber der GRIFT-Kopf zeigt sich auf seinem zweiten Album eigenwilliger, verrückter, auf gewisse Weise avantgardistischer als zuvor – ohne dass sich GRIFT jedoch in die Avantgarde-Schublade stecken lässt. „Arvet“ ist melodischer, folkiger Black Metal, mit Gedanken bei den alten Helden aus den Neunzigern, aber auch dem Drang, Neues, bisher Ungehörtes zu schaffen. Erik Gärdefors, du hast mich wieder eingefangen. Ab sofort nenne ich mich wieder GRIFT-Fan.

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08.09.2017

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