Humanfly - Darker Later

Review

Dunkelgrau und wuchtig, wie ein böser Elefant, setzen HUMANFLY ein Fuß vor den anderen. Ihre schweren, groovigen Schritte erschüttern bis ins Mark. Als beim letzten Song die Stimme von ROSE KEMP wie ein Rasiermesser ins Fleisch schneidet, ist die Musik unmenschlich gut.

Genug der kryptischen Bildsprache, zu den Fakten: HUMANFLY aus dem englischen Leeds spielen seit dem Jahr 2000 zusammen. „Darker Later“ ist ihr drittes Album. Ihr Stoner Doom orientiert sich an den Genregründern SLEEP, manche Riffs erinnern auch an THE MELVINS und KYUSS. Dazu gesellt sich gelegentlich ein Hardcore-Einschlag. Kurz: Drückende, tiefergelegte Gitarren reihen düstere, groovige Riffs aneinander.

Diese Beschreibung gilt im wesentlichen für die ersten vier Songs des Albums. Bis hier ist „Darker Later“ ein überdurchschnittliches Genre-Album, aber nicht herausragend. Doch dann wächst die Band über sich hinaus:
Die melancholische Singer/Songwriter-Nummer „Darker Later“ grenzt die ersten vier Songs vom finalen 17 Minuten Epos „Heavy Black Snow“ ab. Dieses letzte Stück macht das Album zu etwas Besonderem und ist ein heißer Kandidat für den besten Song des Jahres.

Das liegt unter anderem an der herausragenden Leistung von ROSE KEMP. Für „Heavy Black Snow“ haben HUMANFLY mit dieser außergewöhnlichen Sängern zusammengearbeitet. Sie stammt aus der Folk-Szene, mischt aber aktuell in nie dagewesener Weise Indie-Folk und Doom Metal.

„Heavy Black Snow“ lässt sich grob in drei Teile untergliedern: Der Song beginnt mit harten Stoner Riffs. Im Mittelteil wird der Härtegrad zurückgenommen. Atmosphärische Klangflächen erinnern die an PINK FLOYD. Dazu erzählt ROSE KEMP mit fester Stimme eine psychedelische Geschichte. Apokalyptische Visionen einer Endzeitgesellschaft tauchen auf, die Insel des Lebens droht unterzugehen. Da findet die Erzählerin in einer Bushaltestelle den Retter. Er hat ein blutrotes und ein strahlend blaues Auge. Als sie ihn berührt, verwandelt er sich in einen riesigen Vogel und führt alle Einwohner von der sinkenden Insel weg. Das alles beschreibt ROSE KEMP mit wunderbarer Bildsprache, die psychedelische, märchenhafte und städtische Elemente vereint. Man kann nicht anders, als gebannt zu lauschen, auch wenn die Stimme leider manchmal von den Instrumenten übertönt wird. Der Vogel verlässt schließlich die Geretteten. Als die ganze Nation zum Dankgesang ansetzt, kommt die Musik fast völlig zum Stillstand.

Dann passiert das unglaubliche: ROSE KEMP beginnt zu singen – klar, kraftvoll, rassiermesserscharf. Es klingt tatsächlich, als würde eine ganze Nation mit einer einzigen Stimme singen. Die Intensität der Musik ist überwältigend, großartig, so gut, dass es kaum zu ertragen ist. Die Riffs hämmern, der Gesang sirrt. Wenn es vorbei ist, bleibt nur Erschöpfung und die Frage, wie man als Musiker so übermenschlich gut sein kann.

25.10.2010

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