I The Witch - Nagual

Review

Es gibt Randsphären der Musik, wo das Kritisieren zunehmend schwierig wird. Das italienische Soloprojekt I THE WITCH bewegt sich in dieser ambivalenten Sphäre. „Nagual“ erzählt die Geschichte einer rumänischen Hexe, die zu Zeiten des Holocaust in ein Arbeitslager deportiert und dort verbrannt wird. Die Musik ist, rein theoretisch gesehen, nicht weniger interessant als das ausgefallene Konzept. Zu hören gibt es einen Hybriden aus Sludge, Psychedelic, Ambient, Noise, Drone und Industrial-Klängen, der sich zwischen Momenten berauschender Tontüfteleien, schräger Kreativitätsbezeugungen und leider eben auch unzumutbarer Lärmakrobatik bewegt.

„Nagual“ ist ohne Frage ein Kunstwerk, und man hört den endlos verschachtelten und eigenwilligen Arrangements an, dass sie nicht einfach nur das Produkt eines Sadisten sind, der durch irgendeinen grauenhaften Zufall in den Besitz eines Synthesizers und passender Software gelangt ist. Es handelt sich hier ohne Frage um den Versuch eines ästhetischen, aussagekräftigen Klanggebildes, und es kommt ab und an ein Moment, in dem man fast schon warm wird mit dieser sich oftmals widerstrebenden Suppe aus Klangfetzen, angedeuteten Gitarrenriffs und gequälten menschlichen Stimmen. Ich bin mir sicher, dass Projektkopf Stanley Franco sich eine Menge bei der Ausarbeitung dieses mehr oder weniger musikalischen Batzens gedacht hat, und ich muss ehrlich gestehen, dass ich ein solches Maß an Eigenwilligkeit in gewisser Weise bewundernswert finde. Es dem Hörer auch nur einmal bequem zu machen, einmal den Dialog zu suchen- das scheint Stanley Franco absolut nicht in die Tüte zu kommen. „Nagual“ ist in erster Linie ein farbenprächtiger, 43-minütiger schreiender musikalischer Monolog, verpackt in Form eines einziges überlangen Songs. Was soll ich da groß hinzufügen?

Vielleicht das: Musik, und sei sie noch so abgehoben, muss irgendwo ankommen können. „Nagual“ schafft das nur gelegentlich, und wenn es einmal vorkommt, ist man als Hörer gefangen in einem musikalischen Delirium, das ich so noch nie zu hören gekriegt habe. Ein Großteil der Musik schafft es jedoch nicht, den Draht zum Hörer herzustellen. So rauscht vieles, was mit etwas mehr Bodenkontakt und Interesse an der Zielgruppe ein einschneidendes Hörerlebnis sein könnte, autistisch an einem vorbei. Ich betone gerne nochmals, dass I THE WITCH mich beeindruckt haben. Dass „Nagual“ jedoch sich jedoch kaum einen Weg zum Hörer bahnt, sondern einzig und allein zu sich selbst oder über sich hinausweisen will, ist für mich eine traurige Tatsache. Bei der zugrundeliegenden Originalität ist es wirklich schade, ein Album wie „Nagual“ nur eingeschränkt empfehlen zu können. Sechs Punkte für diejenigen, die bereit sind, sich für ein paar echte Wonnemomente etwas zu martern. Allen anderen rate ich, ihr Geld besser anzulegen.

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09.07.2011

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1 Kommentar zu I The Witch - Nagual

  1. der sagt:

    Das Wort „furchtbar“ trifft das, was sich hinter diesem musikalischem Excess verbirgt, nur unzureichend. Über die gesamte Spielzeit wird gnadenlos versucht, jegliches Gewöhnen an das Gebotene durch gewollte Dissonanz zu zerstören. Wenn dies die musikalische Wiedergabe des Schreckens eines KZs sein soll, dann ist das Experiment zweifellos gelungen ; aushalten kan zumindest ich dies nicht.
    Jemanden in einem Raum festzuhalten und mit diesem Silberling in voller Länge zu beschallen, verstößt mit Sicherheit gegen die Genfer Konvention.
    Verstört und halbtaub: Der Herr Kröte