Lee Harvey & The Oswalds - Tombola

Review

Bitte: Schielen sie nach oben und schauen sie sich die Wertung an. Richtig: 6/10. Ich bin darüber selbst am verblüfftesten. Und kann in den folgenden Zeilen nur versuchen mich zu erklären, einer derart anarchisch-kreativen Band wie LEE HARVEY AND THE OSWALDS eine so niedrige Wertung gegeben zu haben. Und weil man ja immer mit dem stärksten Argument anfangen soll, packe ich auch gleich den Holzhammer aus: Schuld war die Abmischung.

Sie müssen sich meine Verwirrung bildlich vorstellen. Als ich gehört habe, dass die Münchner nach fünf Jahren einen Nachfolger zum famosen „Still Confused, But On A Higher Level“ veröffentlichen, war es für mich eine Ehrensache, die Platte so schnell wie möglich im CD-Player haben zu müssen. Und der Wechsel von STF-Records zu Twilight scheint eine gute Idee gewesen zu sein, denn rein optisch macht das Album mit starkem Layout einiges her. Aber nach dem ersten vertrauten Gefühl („… Trompeten, Saxophon, Jazz, Metalriffs, alles noch da.“) erzeugt „Tombola“ vor allem Irritation. Nach der Hälfte fragt man sich, warum man bis jetzt so wenig mitgerissen wurde; und nach der kompletten Spielzeit ist man endgültig verwirrt. Also hört man noch mal ins Vorgängeralbum rein und stellt beruhigt fest: Die Gitarren bratzen, das Schlagzeug knallt, hier war die Welt noch in Ordnung.

Es gibt in meinen Augen wenige Alben, die durch eine Abmischung ruiniert wurden, und bisher waren alle davon von METALLICA. Aber bei „Tombola“ hat, wohl der Wunsch nach einem 70er-Analogsound oder der Verzicht auf jegliche Kompression, in Kombination mit zu wenigen Probehörern zwar dazu geführt, dass alle Instrumente klar und gleichberechtigt sind, aber auch keinerlei Lärmfaktor mehr besitzen. Selbst im Vergleich mit Popproduktionen funktioniert die Platte nicht, denn selbst bei solchen fühlt sich die Musik deutlich direkter und präsenter an. „Tombola“ plätschert einfach nur vor sich hin. Musik ist zwar da, aber sie verliert sich im Raum, bevor sie das Gehör erreichen kann. Wer einen guten Analogsound will, sollte es mal mit MAGNIFIED EYE probieren.

Aber gut: Jede Abmischung wird hörbarer, wenn man sie auf maximale Lautstärke dreht. Und siehe da, bekommt man unter diesen Voraussetzungen auch mit „Tombola“ ein wenig das bekannte LEE HARVEY AND THE OSWALDS-Gefühl zurück. Man muss es so schwülstig ausdrücken: Diese Band ist eine Zierde für die Metalszene. So wie hier wildfremde Genres mit einer Kreativität zu einem wendungsreichen Ganzen verknüpft werden, kann man nur stolz sein, Fan der Münchner zu sein. Außerdem scheint es so, als hätten die Komponisten Florian Bätz und Manuel Leupold weitere Fortschritte gemacht, Atmosphäre in die Songs hineinzugeben. So wirkt „Travel“ tatsächlich wie eine einsame Landstraße, „Lotus“ wie die staubige Wüste, und „Project 52“ stellvertretend für viele andere Nummern auf „Tombola“ angenehm hypnotisch. Was Rocksongs angeht, stechen vor allem „Breakdown“, „Electric Storm“ und das hardrockige „Path Of Time“ hervor. Ein wenig habe ich das Gefühl, dass die Saxophone nicht mehr so starke Momente wie im Vorgänger haben, aber das bleibt eine sehr subjektive Einschätzung.

Also bleibe ich bei 6/10. „Tombola“ schafft den skurrilen Spagat, auf der einen Seite zwar wirklich gut zu sein, auf der anderen aber auch schnell wieder ins Regal zu wandern. Vielleicht waren die ominösen „Masterlab Studios Berlin“ schuld, die zum ersten Mal im Booklet erwähnt werden? Beim letzten DUNKELSCHÖN-Album hatten sie noch Hand und Fuß, wobei selbst da schon ein Faible für stark abgesenkte Mitten und betonte Höhen vorhanden war. Bei der nächsten LEE-HARVEY-Scheibe will ich einfach wieder etwas mehr Krach.

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17.02.2012

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1 Kommentar zu Lee Harvey & The Oswalds - Tombola

  1. Dunkelschön sagt:

    Dank Google kam diese Rezi auch bei Dunkelschön an. Was Masterlabs in Berlin angeht, werden Dunkelschön nie wieder da mastern lassen. da diese Firma vielleichtr SIDO und Co vorrangig behandelt, unbekanntere Bands jedoch zum Hochpreis verarscht!