Panzerballett - X-Mas Death Jazz

Review

Das Jahr neigt sich dem Ende zu und damit rückt auch das Fest des Friedens und der Besinnung immer näher – auch PANZERBALLETT sind bereits in Weihnachtsstimmung. Im Radio wie auch in den Beschallungsvorrichtungen sämtlicher Supermärkte und Kaufhäuser trudeln langsam die unvermeidbaren, ewig gleichen Weihnachtslieder ein, die jedes Jahr aufs neue entstaubt werden, während die entsprechenden Weihnachtsartikel natürlich schon längst die dafür aufgestellten Regale hüten. Das Fest der Liebe – nur noch ein kommerzielles Event von fast schon alltäglicher Natur, dessen Reiz durch seine übermäßige Präsenz längst verloren ist. Dieses Jahr folgt das unkommerzielle Kontrastprogramm von Jan Zehrfeld und Co. jedoch zur richtigen Zeit, keinen Moment zu früh oder spät. Denn ebendiese ausgelutschten Weihnachtsstandards haben in bester PANZERBALLETT-Tradition eine amtliche Verkrassung verpasst bekommen – plötzlich ist ein Mittel gegen den Weihnachtsblues da. Plötzlich scheint die Überkommerzialisierung von Weihnachten nur ein Detail zu sein. Denn nun kommt mit „X-Mas Death Jazz“ die Kampfansage gegen all das. Der Titel des Albums bringt es auf den Punkt: Es weihnachtet im PANZERBALLETT-Stil.

Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum, wie krumm sind deine Takte

Ja, ein bisschen Humor muss der Hörer schon mitbringen. Das weiß jeder, der die Band schon mal live erlebt hat. Verkündete Jan Zehrfeld in unserem Interview zum VorgängerBreaking Brain“ noch, dass PANZERBALLETT Muskelkater vom Augenzwinkern bekommen haben, so lassen die Herren in unveränderter Besetzung mit der neuen Platte wieder kräftig die Lider flattern. Die Idee, ein solches Album zu kreieren, lag natürlich irgendwie auf der Hand, einerseits weil man das Verkrassen – für die Uneingeweihten: im weiteren Sinne die Neuinterpretation von berühmten Songs durch eine Mischung aus Jazz, Funk und Progressive Metal – von der Band eben kennt und liebt, andererseits auch, weil Jan Zehrfeld „jedes Jahr ein Weihnachtslied [verkrasst]“, wie er ebenfalls in besagtem Interview zu Protokoll gab. Dass dies also über kurz oder lang auf Albumlänge geschehen würde, war entsprechend nur eine Frage der Zeit. „Starke Stücke Hart genossen – Die Weihnachts-Edition“, sozusagen.

Das trifft tatsächlich in mehr als nur der Verkrassungs-Hinsicht zu. Denn auch was den Sound angeht, so kehrt „X-Mas Death Jazz“ wieder zu den etwas rotzigeren Klängen der „Breaking Brain“-Vorgänger zurück. Die neue Platte nimmt sich in Sachen Heaviness etwas zurück, was Sinn ergibt, da sich die Band wieder grob an klaren Vorlagen ausrichtet und kein selbst geschriebenes Material präsentiert. Ebenfalls wieder zurück ist der Gesang, genauer bei „White Christmas“, „Es kommt bald“, „Rudolph The Red Nosed Reindeer“ und „Let It Snow“. Und bei „Little Drummer Boy“, allerdings handelt es sich in diesem Falle um wortlosen Gesang. Dabei lässt die Gästeliste nichts zu wünschen übrig, von Rückkehrer Mathias IA Eklund, der bereits auf „Tank Goodness“ zu hören war, über Jen Majura hin zu Steffen Kummerer. Indes frickeln PANZERBALLETT munter um Songs herum, die einst so traditionelle Lieder wie „Kling Glöckchen Klingelingeling“ oder „Leise rieselt der Schnee“ gewesen sind. Oh du fröhliche. Auch internationale Standards kommen nicht zu kurz, so auch der wohl unvermeidbarste aller Weihnachtsschmalzer, WHAM!s „Last Christmas“. Ganz besonders der ist nicht sicher vor Zehrfeld und Co. und wird gnadenlos durch den Verkrassungswolf gejagt. Und das Ding kann tatsächlich ohne Ende grooven und rocken.

Gleiches gilt auch für „Little Drummer Boy“, bei dem die onomatopoetischen „Pa rum pum pum pum“-Laute natürlich dem Rhythmus angepasst werden mussten. So wird das Drumming von Sebastian Lanser immerzu von hektischeren Vokalausbrüchen begleitet, die eher klingen, als wollten jemand die Breaks eines flotteren Death-Metal-Songs a cappella nachsingen. Dazu flirren Unheil verkündende Melodien einem Schleier ähnlich um die recht unbekümmert riffende Lead-Gitarre herum und kreieren so einen interessanten Kontrast. Deutlich Groove-orientierter geht es bei der hiesigen Version von „Rudolph The Red Nosed Reindeer“ zu. Der Song lebt praktisch von seinen stampfenden, vielschichtigen Grooves, die gerne mal ein Stück weit in Richtung Djent schielen. Bei „For Whom The Jingle Bells Toll“ fängt das oben erwähnte Augenzwinkern natürlich schon beim Titel an. Das äußert sich allerdings hauptsächlich nur in einzelnen Gitarrenmelodien, ansonsten hält sich die Band recht nah am Original. Nun, so nah wie man das von den Bayern eben kennt.

Stille Nacht? Nicht, wenn PANZERBALLETT ein Wörtchen mitzureden haben

Abwechslung gibt es also zuhauf. Und wer die Songs gerne komplett ohne Gesang genießen möchte, für den wurden die Tracks, die mit Gesang kommen, noch mal in jeweils instrumentalen Versionen obendrauf gepackt. Der Unterschied? Die instrumentalen Versionen klingen tatsächlich ein bisschen atmosphärischer und unterstreichen die Kluft zwischen den beschwingten Melodien der Originale und den metallischen Attacken drum herum noch mal etwas mehr. Die Band gibt sich natürlich auch auf Album sechs keine technische Blöße und zockt weiterhin auf hohem Niveau. Unterdessen klingt die Produktion dem rückbesinnten Kurs der Platte gemäß wieder etwas sachter als auf dem Vorgänger. Ein bisschen trauere ich dessen Heaviness hinterher, aber dennoch ist das hier vorliegende Ergebnis von Zehrfelds jüngster Verkrassungssession ein Fest für Fans des jazzigen Frickelmetals. Und mal ehrlich: Ein Album, das „Last Christmas“ derart rocken lässt, kann einfach nicht schlecht sein. In diesem Sinne: Fröhliche Weihnachten.

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19.11.2017

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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