Seven Steps To The Green Door - The ? Lie

Review

Nach dem Vorgänger „Fetish“ schieben Progressive Rocker SEVEN STEPS TO THE GREEN DOOR mit „The?Lie“ den zweiten Teil ihres konzeptionellen Zyklus nach, der mit „The?Book“ begonnen hat. Die Geschichte stammt erneut (oder immer noch?) von Thoralf Koss, während George Andrade die Lyrics daraus ersonnen hat. Das zentrale Thema ist religiöser Fanatismus – und die Tatsache, dass so etwas in heutigen, vermeintlich aufgeklärten Zeiten immer noch eine traurige Brisanz in sich trägt, rechtfertigt allein ein solches Konzeptalbum zu Genüge. Die Frage, die sich hier also stellt, dreht sich weniger um den Sinn hierhinter, sondern eher um die Durchführung.

Die reine Musik überzeugt

Zunächst einmal hat „The?Lie“ natürlich einige Stärken vorzuweisen, aber die haben – soviel vorweg – fast nichts mit dem Konzept zu tun und treten stattdessen immer dann zu Tage, wenn die instrumentalen Fähigkeiten der Band im Mittelpunkt stehen. Die stehen außer Frage und sorgen für die wenigen, memorablen Momente, die „The?Lie“ zu bieten hat. Die Band hat sich einen klaren, knackigen Sound auf den Leib schneidern lassen und spielt ihren von den Klassikern inspirierten Progressive Rock erwartungsgemäß sauber. Besonders die härteren Passagen, etwa in „A Price To Pay – I“ und „- II“ oder zu Beginn des Rausschmeißers „Come To Your Father“, überzeugen durchweg und sind eine erfrischende Abwechslung im ansonsten eher ruhigen Gewand.

Dieses hat natürlich auch seine starken Momente, zum Beispiel wenn sich die Spannung bei „Hear My Voice Tonight“ im letzten Drittel langsam aufbaut. Doch gerade hiervor lässt sich eine der größeren Schnitzer der Platte ausmachen, wenn das Konzept die Musik zur repetitiv dudelnden Hintergrundbeschallung für eine desinteressiert klingende Theatervorstellung verdammt. Oh ja: Die Lyrics entstammen der dramatischen Textgattung – immerhin wird in verteilten Rollen gesungen. Dennoch macht das keinen Unterschied, wenn jeder der Akteure gleich wenig Interesse an der Handlung oder den Charakteren zeigt. Wirklich: Deren emotionale Bandbreite passt auf einen Bierdeckel.

„The?Lie“ scheitert eher an seinen Ambitionen

Die größten Probleme der Platte offenbaren sich also im Konzept und dessen Umsetzung per se. Zwar sind SEVEN STEPS TO THE GREEN DOOR stets bemüht, dieses in ein ansprechendes, musikalisches Gewand zu kleiden (dessen Qualität wie bereits erwähnt außer Frage steht), doch die Umsetzung der Story um eine Familie, die durch den Einfluss und das Wirken eines religiösen Kultes zerrüttet wird, ist ziemlich flach geschrieben und verkommt zur plakativen Schmonzette. Und immer wieder sind es die Sänger und Sängerinnen, deren desinteressierte Darbietung am meisten sauer aufstößt.

Und während die reinen Gesangsleistungen technisch noch in Ordnung gehen, klingen sie – besonders Lars Köhler als Samuel, einer der Schlüsselcharaktere – oftmals eher blass und farblos, mehr nach produziertem Pop denn expressivem Schau-/Hörspiel. Das scheint in „Salvation“ zunächst noch irgendwie zu passen, da das Album hier noch den Eindruck macht, passend zu seiner Thematik in befriedeteren Neal Morse-Gewässern zu segeln, und im Begriff zu sein scheint, diese dann im weiteren Verlauf gekonnt zu dekonstruieren – so hätte man den Hörer die sinistre Seite des Kultes spüren lassen können.

SEVEN STEPS TO THE GREEN DOOR lassen sich zu sehr einengen

Doch diese und weitere Gelegenheiten lassen SEVEN STEPS TO THE GREEN DOOR und Konsorten komplett an sich vorbei rauschen, was den bitteren Nachgeschmack eines nicht zu Ende gedachten Konzeptalbums hinterlässt. Nicht nur das, über das grausam käsige „A Dream That Strayed – II“ stolpert der Verfasser der Zeilen einfach bei jedem Hördurchgang aufs Neue. Und so runtergenudelt das Thema des religiösen Fanatismus auch auf dem Papier anmutet, so hat es doch mehr verdient, als in einem halbgaren Bastei-tauglichen Konzept mit der Feinfühligkeit einer Theatergruppe aus der Schule abgefrühstückt zu werden.

Da ist man fast ein bisschen froh, wann immer die Sänger einfach nur den Mund halten und das eigentlich Gute an der Platte – der Prog an sich – seine Zeit im Rampenlicht bekommt. Klar, durch das Konzept in ein enges Korsett geschnürt schwingt sich die Musik abgesehen von einigen guten, dynamischen Momenten weder zu Höhenflügen auf, noch wird die Stimmung kunst- und bedeutungsvoll in den Keller getrieben. Sie bleibt einfach konstant verhaftet in Morseschen Territorien, die ihr rein ästhetisch aber gut zu Gesicht stehen. Das Konzept kann man im Grunde auf ganzer Linie ignorieren; wenn man „The?Lie“ überhaupt antesten möchte, dann allein der Musik wegen.

Ob einem diese halbe Portion Qualität etwas Wert ist, das zu beurteilen ist dann dem potentiellen Konsumenten selbst überlassen…

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21.04.2019

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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