Solbrud - IIII

Review

Soundcheck Januar 2024# 1

Melden sie sich also auch mal zurück, die Dänen. Wobei, so ganz stimmt das nicht: Obwohl der letzte Studio-Longplayer “Vemod” zwar bereits 2017 erschien, gab es vor knapp drei Jahren noch das Live-Album “Levende I Brønshøj Vandtårn”. Von diesem relativ großen Intervall zwischen zwei Studioalben, haben SOLBRUD aber offenbar einiges in die Kreation ihres neuen Albums “IIII” gesteckt, bei dem man zurecht von einem Opus sprechen kann. Nicht ohne Grund gelang SOLBRUD mit diesem Album auch ein Soundcheck-Sieg mit beachtlichen 7.3 Punkten Durchschnittswertung und damit fast einen ganzen Punkt vor der Hard-Rock-Legende MAGNUM. Was also bietet das Atmospheric-Black-Metal-Quartett aus Kopenhagen?

SOLBRUD: Vier mal vier mal vier

Man beachte die Symbolik: “IIII” ist das vierte Album von SOLBRUD, die aus vier Mitgliedern bestehen und mit der Aufnahme von Neu-Sänger David Hernan ihren vierten Line-up-Wechsel hinter sich haben. Ole Pedersen Luk konzentriert sich nun nur noch auf seine erfolgreichen Bands AFSKY und HELTEKVAD. Zudem hat jeder der vier Bandmitglieder je eine ganze Seite Musik komponiert, wenn man “IIII” als Doppel-Schallplatte betrachtet, dessen Cover von vier Elementen geziert wird. Das führt erst mal zu einem ordentlich langen Album, das eine Gesamtspielzeit von 94 Minuten auf die Waage bringt und allein deswegen schon nicht leicht oder gar nebenbei zu konsumieren ist. Einzelne Songs wie der Opener (!) “Hvile” oder das C-Seiten-Highlight “Ædelråd” können dabei schon gerne mal eine viertel Stunde Spielzeit überschreiten.

Bei so einem ambitionierten Unterfangen müssen SOLBRUD natürlich darauf achten, relevant zu bleiben und Alibi-Ideen zu vermeiden. Sie zwingen einen aber auch dazu, die Fastfood-Konsum-“Kultur” der Generation Schrott-ify hinter sich zu lassen und sich vollkommen auf die Reise einzulassen, die SOLBRUD anbieten. So umfangreich, wie die Tracklist ist, so dynamisch und vielschichtig ist “IIII” auch. “Typischen” Atmo-BM spielten die Kopenhagener bisher eh nicht und Songs mit Überlänge hatten sie ebenfalls schon zuvor, doch selten spielten sich die Einflüsse aus Post Rock, Ambient und – ganz subtil – sogar Post Hardcore eine so prominente Rolle. Dabei ist es übrigens spannend, dass man die vier unterschiedlichen Songwriter durchaus hören kann, “IIII” dennoch einer einheitlichen Linie folgt.

“IIII” – Ein Magnum Opus

Der im Herzen des Albums stehende, vierteilige Song “Når Solen Brydes”, der insgesamt 24 Minuten lang ist, repräsentiert dabei ganz gut, was von “IIII” zu erwarten ist. Sphärische Traumreisen, die nicht selten an ENSLAVEDs Vorreiteralbum “Mardraum: Beyond The Within” erinnern, wechseln sich mit Riffgewittern und Gitarrenstürmen ab. Das Ganze wird sowohl von verhallten, verzweifelten Screams als auch ätherischen, klar gesungenen Chören abgerundet. Auf Keyboards wird hingegen weitläufig verzichtet.

SOLBRUD lassen aber auch kürzere Stücke wie “Tåge” und “Aske” zu, die das Album um eine Farbpalette ergänzen. Diese sind stilistisch kaum anders gehalten als die Longtracks, allerdings ist – möglicherweise subjektiv – zu bemerken, dass die Band ein Talent für überlange Songs hat und ihre vielen Ideen auf diese Weise am besten auserzählen kann.

Augen schließen, Realität hinter sich lassen.

Klar, das Album ist schwierig zu fassen und benötigt viele Durchläufe. Nach den ersten Sitzungen fragte sich der Rezensent gar, ob sich SOLBRUD mit der vorliegenden Herangehensweise überhaupt einen Gefallen taten. Doch mit jedem Durchlauf wächst “IIII”, die große Fülle an Ideen und Details fügt sich mehr und mehr zu einem schlüssigen Ganzen zusammen. Es ist ein Album, das ein wunderbarer Soundtrack für lange Autofahrten oder Spaziergänge durch die dämmrige Natur taugt; ebenso wie für eskapistische Traumreisen mit geschlossenen Augen. Schön auch, dass wir “IIII” in geeignetem Festival-Rahmen auf dem von uns präsentierten Culthe-Fest dieses Jahr erleben können.

26.01.2024

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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3 Kommentare zu Solbrud - IIII

  1. sardine sagt:

    Ich hab das Album hab ich gestern zum ersten mal gehört, und seit dem lief es jetzt 5mal durch.
    Das Teil ist einfach nur gut um nicht zu sagen ein Meisterwerk.
    Hier stimmt einfach sehr viel oder beinahe alles.
    Die grundlegende Melancholie die Solbrud immer auszeichnet ist hier ganz eindeutig der Fokus. Dazu kommen aber immer wieder verspielte und hoffnungsvolle Momente die aus der Tristesse ausbrechen und das Album besonders machen.
    Immer wenn man denkt dass sich gerade eine gewisse Länge einschleicht bekommen sie den Bogen und reisen den Song bzw. das Album wieder rum, das ist absolute Spitze.
    Besonders gut gefällt mir auch die extrem passende Produktion, denn bei aller Kälte und Trostlosigkeit die die Songs an sich versprühen, ist es eine tolle warme Produktion die hier einen tollen Gegenpol schafft so dass das Album auch gemütlich auf dem Sofa funktioniert, auch wenn die Grundstimmung eigentlich in einen verschneiten Wald passt.
    Von mir daher 10 Pkt. weil ich keine Ahnung hab was ich an dem Album kritisieren sollte.
    Es bleibt nur abzuwarten wie Solbrud den Weggang von Ole Luk verkraften, denn er hat dieses Album komplett eingesungen und eben sein krächzendes, einzigartig wehleidiges Gekreische macht einen großen Teil der Emotion dieser Platte aus. Es bleibt zu hoffen dass sie hier passenden Ersatz finden / gefunden haben. Denn weitere Platten auf dem Niveau nehme ich gerne.

    10/10
  2. Se Wissard sagt:

    Ein dänisches Magnum Opus? Nachdem ich jetzt ein paar Mal durch bin, sage ich ja! Das beste von Solbrud sowieso, aber selbst Oles Afsky haben es da schwer. Das ganze Album wirkt wie die Bündelung aller Stärken jedes Bandmitgliedes, ein letztes Aufbäumen vor dem Tod der Band.

    Ja, Solbrud werden weiter machen, aber ich weiß nicht, was nach Oles Weggang da noch kommen wird. Man darf sich überraschen lassen. Aber dieses Monument noch mal zu steigern, dürfte unheimlich schwer werden.

    Ein frühes Highlight für das Album des Jahres? Vielleicht, ich hab jedenfalls sehr viel Bock das Ding weiter zu entdecken. Die Longtracks sind definitiv das Steckenpferd von Solbrud, aber auch die kürzeren Sachen bewirken sehr viel, vor allem Abwechslung schaffen auf die lange Zeit. Nimmt mich hart mit und macht in meinen Ohren wirklich alles richtig.

    10/10
  3. Watu sagt:

    Puh… ja ich liege da eher in der Nähe des Rezensenten, tolles Album, aber ein Meisterwerk….? Ne. Die Hammermelodien eines Meisterweks lässt das Album nur selten kurz auffklackern. Anonsten brilliert ordentlicher BM, den man durch das monströse Konzept mächtiger aussehen lässt, als es tatsächlich der Fall ist.
    Dennoch gutes Album das vielleicht auch noch wächst, afgrund der Masse an überragenden Veröffentlichungen in diesem Frühjahr, glaube ich jedoch nicht, dass es all zu oft bei mir rotieren würde, wenn ich mir das Album gekauft hätte.

    8/10