Sonar With David Torn - Vortex

Review

2014 erblickte das zweite Studioalbum „Static Motion“ der Schweizer SONAR das Licht der Welt, ein kompromisslos minimalistisches, instrumentales Prog-/Math-Rock-Statement, das mich durch seine unterkühlte Stimmung und perkussiv gespielten, cleanen Gitarren bis heute fasziniert. Reduktion und Gelassenheit statt Pomp und Aufregung, der Sound klang durch die auf Höhen fokussierte Produktion wie aus einer anderen Welt stammend. Statt High-Speed-Gefrickel reduzierte man sich aufs Wesentliche, gab komplex groovenden, hypnotisch-repetitiven Strukturen den Vortritt und ließ die durch Hall verstärkte Atmosphäre für sich sprechen. Diesen Pfad hat die Band auf dem folgenden Album „Black Light“ unbeirrt fortgeführt, wobei die Schweizer dabei etwas eingängiger vorgegangen sind. Mit ihrem neuen Album „Vortex“, das gleichzeitig ihren Einstand bei Rare Noise Records markiert, schlagen SONAR nun wieder eine experimentellere Route ein und haben sich dafür auch den US-amerikanischen Jazz-Musiker und Produzenten David Torn mit ins Boot geholt, der zudem die Produktion übernommen hat.

Zwischen Disziplin und Spontanität

Und tatsächlich hebt sich „Vortex“ etwas von seinen Vorgängern ab. Und das liegt vor allem an David Torn. Er steuert die elektrische Gitarre zu den ansonsten weiterhin clean spielenden Gitarren von Stephan Thelen und Bernhard Wagner bei und fügt immer wieder atmosphärische Tupfer und raue Töne zum Sound der Schweizer bei, die dem SONAR-Sound eine noch einschlägigere KING CRIMSON-Note verpassen. Durch eine Vielzahl an Loop- und anderen Effekten nehmen Torns Riffs mitunter eine fast schon transzendentale Note an, die dem Klangkosmos der Schweizer wiederum deutlich mehr Kante verpasst und dessen atmosphärische Qualitäten verstärkt. Gleichzeitig bringt er durch seine improvisatorisch anmutenden Beiträge einen frischen Hauch von Spontanität in das Gefüge hinein, das sich bislang immer durch diese enorme, introvertierte Disziplin ausgezeichnet hat.

Torn zwingt die Schweizer aus der Reserve

Und hier offenbart sich dann die Klasse von „Vortex“: Diese unglaubliche Chemie zwischen beiden Parteien hält sich konstant, obwohl hier zuweilen zwei höchst unterschiedliche Klangwelten aufeinander treffen. Und auch wenn sich Torn gelegentlich in den Vordergrund spielt, so dominiert doch weiterhin der kühle, unruhige Sound der Schweizer, die sich auf „Vortex“ jedoch bei weitem nicht mehr so in sich gekehrt zeigen und sich von Torn gerne mal aus der Reserve locken lassen. Gleich der Opener „Part 44“ vermittelt einen guten Eindruck dessen, vor allem durch den nervösen Rhythmus, den Manuel Pasquinelli am Schlagzeug liefert. SONAR spielen hier deutlich forscher auf, als man es von ihnen gewohnt ist, während sich David Torn zunächst subtil, dann immer offensiver in den Song hinein drängt. Die Disziplin von SONAR wird durch den effektlastigen, rauen Charakter von Torns Gitarre förmlich herausgefordert. Er setzt immer wieder Nadelstiche gegen das introvertierte Spiel der Schweizer, die prompt die Intensität ihres Songs anpassen. Das kann mitunter sogar in regelrechten Noise-Eskapaden münden wie im Rausschmeißer „Lookface!“, bei dem Torns Gitarre besonders vordergründig lärmt.

SONAR bleiben dennoch erfrischend eigenständig

Doch über weite Strecken der Platte bewahren sich SONAR ihre Eigenständigkeit. Wieder ist es dieser unterkühlte, perkussive Sound, der eine intensive, aufwühlende Stimmung herauf beschwört. Diese erfährt nun aber einen Schub in Richtung Atmosphäre durch die subtileren Tupfer, die David Torn beiträgt, wenn er seine Gitarre nicht gerade lärmen lässt. So kommt der Titeltrack den früheren Leistungen der Herren noch am nächsten und überzeugt wieder allein durch gekonnte Steuerung der Intensität innerhalb des Tracks – der Song pulsiert förmlich. Langgezogene Noten seitens Torns sorgen indes für einen dichten, atmosphärischen Schleier, der sich über den Song legt. Ein Überraschung wartet am Ende des Stücks, bei dem die Band dann noch mal etwas aufs Gaspedal tritt, was in einem für Band-Verhältnisse geradezu feurigen Finale endet. In „Red Shift“ harmonieren beide Parteien indes am besten, wenn Torn seine Gitarre förmlich aufjaulen lässt. Das nimmt gerade in der Mitte des Songs regelrecht gespenstische Ausmaße an, die sich mit dem wiederum auf- und abebbenden Sound der Schweizer hervorragend ergänzen.

Ein Leckerbissen für Prog-Liebhaber

Und so hält sich auch 2018 die Faszination für diese Band an, die ihren kompromisslos reduzierten Sound weiter verfolgt, aber dennoch bereit ist, diesen hinreichend für neue Ideen und Einflüsse zu öffnen. Wie SONAR scheinbar mühelos polyrhythmische Riff-Konstrukte errichtet, die bei aller Komplexität jederzeit hörbar bleiben und zu keiner Zeit den Gesang missen lassen, zeigt wieder einmal, dass der echte Prog, die echte Musikalität eben doch noch lange nicht tot ist. Das Experiment „Vortex“ kann hiermit als gelungen gelten und darf gerne als Grundlage für kommende Leistungen der Schweizer dienen – auch gerne wieder mit David Torn, dessen Mitwirken auf dem Album definitiv zu dessen Qualität beigetragen hat. Folglich gilt: „Vortex“ wühlt auf, „Vortex“ lässt den Geist fliegen, „Vortex“ ist schlicht und ergreifend geil.

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08.04.2018

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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