Yossi Sassi - Melting Clocks

Review

Dass Yossi Sassi, der Saitenhexer von ORPHANED LAND, sich nun mit einem Soloalbum an die Öffentlichkeit wagt, ist nicht weiter verwunderlich. Der erfahrene israelische Gitarrist hat sich für seinen ersten Soloauftritt prominente Verstärkung wie beispielsweise den Ex-MEGADETH-Gitarristen Marty Friedman an Bord geholt und bietet auf „Melting Clocks“ 55 Minuten größtenteils instrumentale Musik, die sich zwischen Prog-Rock, fetzigem Groove, nahöstlichen Klängen und poppigen Motiven bewegt.

Ich würde jetzt gerne behaupten können, dass „Melting Clocks“ von der ersten bis zur letzten Sekunde ein gnadenloser Dauerbrenner ist, der einem schlichtweg den Atem verschlägt, aber ganz so einfach ist es leider doch nicht. Denn Yossi Sassis Soloinszenierung ist zwar gespickt mit handwerklicher Perfektion, großartigen Ideen und erfrischenden Arrangements, jedoch hat der Maestro an vielen Stellen derart mit konsumigen Melodien und Motiven geliebäugelt, dass die zahlreichen Höhepunkte skrupellos verwässert werden. Interessant ist hierbei, dass der Großteil des schwachen Materials an den Anfang des Albums gestellt wurde („Drive“, „Fields Of Sunrise“, „The Calling: Rush Hour“), was dazu führt, dass das Material zum Ende hin beständig stärker wird. Der erste auffällige Kracher verbirgt sich hinter dem suggestiven Titel „Ain’t Good Enough“, der ja schon reichlich Groove ankündigt. Das nächste Schmankerl, „The Routine“, folgt auf Anhieb. Hier fährt Yossi Sassi sämtliche Geschütze auf und lässt zartbittere Akustikgitarrenakkorde in eine beeindruckende orientalische Klanglandschaft umschlagen, die den Hörer unwillkürlich bezirzt. Exotische Melodieführung, Gitarrenarbeit erster Güte und eine Stimmung, die man fast schon greifen kann – so stellt man sich ein Soloalbum von Yossi Sassi vor! „Sahara Afternoon“ und „Simple Things“ sind ebenfalls überzeugende Songs, die jedoch im Schatten der mächtigen Vorgänger verblassen. Das abschließende „Melting Clocks“ greift das seichte Geplätscher des Openers „Drive“ wieder auf, und man fragt sich, wozu das nötig war. Aber man muss ja bekanntlich nicht alles verstehen…

Dass die Produktion und die Arbeit sämtlicher Instrumentalisten sich auf höchstem Niveau abspielt, ist wohl überflüssig zu erwähnen. Die Instrumente entfalten sich hervorragend und ergeben miteinander ein warmes, einlullendes Klangbild, in das sich auch die ungewöhnlicheren Klangcollagen bestens einfügen. Insgesamt bleibt nach mehrmaligem Genuss von „Melting Clocks“ ein durchwachsener Eindruck. Schnarchlangweiliges reiht sich an Atemberaubendes, wobei ersteres nicht unangenehm, sondern dermaßen gefällig und glattgebügelt ist, dass es nichts im Hörer aufwühlt. Ich denke, Yossi Sassi wäre durchaus in der Lage, ein ganzes Album voller Nummern à la „Ain’t Good Enough“ oder „The Routine“ einzuspielen, aber es erfordert natürlich etwas mehr Risikobereitschaft, vollständig auf so außergewöhnliche Kost umzusteigen. Ob er sich das zutraut, wird sich zeigen, wünschenswert wäre es allemal. Denn wenn man „Melting Clocks“ als einen Vorgeschmack des Möglichen ansieht, läuft mir schon jetzt die Spucke im Munde zusammen.

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22.04.2012

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