Eisregen - Schlangensonne

Review

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Die BPjM, also die Prüfstelle für jugendgefährdende Medien, hat wieder Arbeit, denn ihre alten Bekannten aus dem schönen Thüringer Wald hatten wieder genug kreative Ergüsse, um ein neues Album zu veröffentlichen. Diesmal trägt’s den Titel „Schlagensonne“. Prüfstelle für jugendgefährdende Medien? Thüringer Wald? Genau! Die Rede ist von EISREGEN!

Zu Beginn ihrer Karriere waren EISREGEN noch eine waschechte Black Metal-Band, bei der auch Corpse Paint nicht fehlen durfte. Doch der Ärger mit der BPjM (und die Freude über den kommerziellen Erfolg) haben die Band nicht nur den Schminktopf, sondern auch den reinen Black Metal, der auf der Debütplatte „Zerfall“ noch deutlich zu hören ist, beiseite legen lassen. Heute regiert der Dark Metal, der den Black Metal-Einfluss von Album zu Album immer deutlicher in den Schatten stellt. Diese Entwicklung bietet Platz für mehr musikalische Freiheit, die EISREGEN gut und gerne (zum Beispiel durch den verstärkten Einsatz der neuen Keyboarderin Franzi „Dr. Franzenstein“) nutzen.

Die Platte fängt nach feiner thüringischer EISREGENart mit dem Intro zu „N8verzehr“ an, in dem zwar eine Frau ein Kinderschlaflied singt, welches allerdings von Todeschreien begleitet wird. Beim Sound dieses Liedes weiß jeder sofort, dass es sich hier um EISREGEN handelt: es fängt mit schönen Klavierklängen an, doch dann folgen schnell dreckige Growls und Screams, harte Gitarrenriffs, aber auch klarer Gesang mit Melodien, die einen stark an klassische Musik erinnern. Die Texte sind, wie man es von EISREGEN auch erwartet und kennt, provokant und blutig: „Sie mag Kinder, hat selbst keine, am liebsten an der kurzen Leine. Und wenn dann bald die Nacht beginnt, falsch‘ Mutter leis‘ ihr Schlachtlied singt.“

EISREGEN haben sich entweder sehr intensiv mit dem Thema Krieg beschäftigt oder zu viel ENDSTILLE gehört, denn auf „Schlangensonne“ handeln gleich zwei Lieder vom Krieg. „Auf ewig Ostfront“, Track drei, ist sehr klavierlastig. Deswegen erinnert es mich auch an den Song „Eisenkreuzkrieger“ vom Album „Blutbahnen“. Ich frage mich, warum die Band ein Lied mit dem gleichen Inhalt auch noch mit der gleichen musikalischen Begleitung gestalten muss. „Tod senkt sich herab“, der siebte Track, erinnert mich trotz des Kriegsinhalts gar nicht an „Eisenkreuzkrieger“, weil er einfach viel härter und brutaler ist. Sowohl die harten Gitarrenriffs und Drums als auch das wütende Geschrei schlagen ein wie eine Bombe.

Ich habe beim Hören von „Schlangensonne“ außerdem schnell gemerkt, dass sich EISREGEN nicht mehr nur mit Texten, die ausschließlich von Mord und Totschlag in den schlimmsten und perversesten Formen handeln, schmücken wollen. Vielmehr beschäftigt sich Sänger und Songwriter Michael „Blutkehle“ Roth mit traurigen Schicksalsgeschichten.
Unter dem Titel „Zauberelefant“ konnte ich mir zuerst gar nichts vorstellen. Doch das Lied wird mit den Worten: „‚Sag es!‘ – ‚Füttere mich!'“ eingeleitet, wodurch mir schnell bewusst wurde, dass das Lied nicht von einem Zirkus, sondern von Fettleibigkeit handelt. Die Geschichte, die dieses Lied erzählt, ist sehr traurig und bewegend: ein Mann füttert seine Frau, bis sie schließlich an Verfettung stirbt. In diesem Lied, das das erste eher ruhigere auf diesem Album ist, wird viel Wert auf klaren Gesang mit einer ruhigen musikalischen Begleitung gelegt.

Darauf folgt das ruhigste Lied mit dem Namen „Kai aus der Kiste“, das mich sofort an den gleichnamigen Kinderfilm aus der DDR erinnert. Damit hat der Song natürlich nichts zu tun. Inhalt des Textes ist ein ungeliebter und einsamer Junge, der seine Kindheit und auch sein späteres Leben komplett eingesperrt verbringt. Passend zu der traurigen Geschichte ist auch die musikalische Begleitung dieses Liedes sehr melancholisch, klavierlastig und langsam.

Der neunte Song mit dem Namen „Das Allerschlimmste“ ist perfekt, wenn man gerade von seinem Freund oder seiner Freundin verlassen wurde. Ein schneller Track mit entsprechend netten Worten: „Ich wünsche dir nur das Allerschlimmste, das Allerschlimmste wünsch‘ ich dir, und davon richtig viel.“ Eine perfekte Mischung aus Härte und Ballade, wie sie EISREGEN perfektioniert haben, bietet dann der Titelsong und vorletzte Track.

„Schlangensonne“ beweist, dass EISREGEN textthematisch erwachsener und abwechslungsreicher geworden sind. Ich bin zwar auch ein Fan der perversen und blutigen EISREGEN-Texte, aber diese sozialkritische Haltung spricht mich auch sehr an. Musikalisch gibt es jedoch keine Neuigkeiten. Diese Tatsache sehe ich persönlich jedoch nicht als Nachteil, weil ich den typischen EISREGEN-Sound, der eine einzigartige Mischung aus Härte und Ballade ist, liebe. EISREGEN ist und bleibt eben eine sehr spezielle Band, die man liebt oder hasst. Wenn man sie liebt, liebt man auch „Schlangensonne“. Wenn man sie hingegen hasst, sollte man das Album so sehr lieben, wie es die sicherlich BPjM tut, nämlich gar nicht.

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15.05.2010

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