Anthrax
Interview mit Scott Ian zu "Worship Music"

Interview

Anthrax

Lange mussten die Fans warten, doch endlich ist die Veröffentlichung von „Worship Music“ zum greifen nah. Gitarrist und Gründungsmitglied von ANTHRAX, Scott Ian, hatte für unsere Fragen zum neuen Album ein offenes Ohr und trotz Vaterverpflichtungen stand er Rede und Antwort.


Hi Scott. Wie geht es dir?

Danke gut, ich kann mich nicht beklagen.

Andreas Kisser hat der ganzen Menge bei dem ANTHRAX-Gig in Gelsenkirchen mit den Big Four gesagt, dass du Vater eines Sohnes geworden bist.

Ja, das ist richtig.

Jetzt kommt wohl eine neue Ära in der Historie von Scott Ian, richtig?

So wird das wohl werden, ja (lacht).

Denkst du, dass du jetzt noch genug Zeit für die Band haben wirst?

Aber natürlich.

Okay, sprechen wir mal über euer neues Album „Worship Music“, welches am 16. September endlich in den Läden stehen wird. Nach einer Menge Turbulenzen, Joey Belladonna, Dan Nelson, John Bush, Joey Belladonna hinter dem Mikro, habt ihr es endlich vollbracht. Warum hat es aus deiner Sicht so lange gedauert, bis das Album fertig war?

Ganz einfach, weil wir so viele Dinge zu klären und richtig zu stellen hatten. Wir mussten als erst mal einen Sänger finden, eine gewisse Konstante in die Band zurück bringen. Und als Joey dann im Frühjahr 2010 offiziell wieder unser Sänger wurde, ging alles eigentlich recht schnell.

Was verbirgt sich eigentlich hinter dem Titel bzw. dem Konzept eurer neuen Scheibe „Worship Music“? Gibt es eine Zusammenhängende Story?

Puh, das kann ich dir eigentlich gar nicht so genau sagen. Es war Charlies (Benante, Schlagzeug) Idee, das Album so zu nennen. Ich kann dir wirklich nicht sagen, was der Titel für ihn bedeutet, für mich ist das Album jedoch anbetungswürdig (deutsch für worshipping, Anm. d. Red.).

Der erste Song, und damit stehe ich sicherlich nicht alleine da, den ich von dem Album gehört habe, war „Fight `Em `Til You Can´t“. Den Song, den ihr letztens zum Gratisdownload angeboten habt. Für mich hört sich dieser Titel an, als ob er direkt nach „Persistence Of Time“ geschrieben worden wäre. Würdest du zustimmen, dass der Song diesen Spirit hat?

Also ich denke, dass der Track ein richtig cooler Titel ist. Er repräsentiert ANTHRAX, wie sie eben heute zu klingen haben, alle Elemente dieser Band.

Auf jeden Fall hat mich diese Nummer vom ersten Moment an umgehauen. Das ist wirklich richtig geiler Song. Irgendwie kursieren auch Gerüchte, dass davon eine Single ausgekoppelt wird.

Nein, nein, der Track wurde nur als Gratisnummer ausgewählt. Er soll ein großes Dankeschön an alle Fans sein, die uns so lange die Stange gehalten haben, auch wenn die Zeiten etwas turbulent waren. Danke für die Geduld mit uns! Außerdem soll er ein Ansporn sein nach dem Motto „Hey, if you like this, then check out the rest of the fuckin´ album!“ Die erste Single, die wir auskoppeln werden, hört auf den Namen „The Devil You Know“.

„Fight `Em `Til You Can´t“ wurde ja auch schon mal von Dan Nelson live interpretiert. Gibt es bei der aktuellen Version einen Unterschied zu bereits bekannten Nummer? Mal abgesehen, dass Joey den Titel jetzt singt.

Ja, das Arrangement und ein paar Gesang-Parts wurden noch mal geändert.

Aber grundlegende Veränderungen hat es nicht gegeben?

Nein, den Song haben wir so geschrieben und nur die besagten Punkte verändert.

Okay. Vor dem Gig der Big Four in Gelsenkirchen hatte ich die Möglichkeit, die gesamte Platte einmal zu hören, wir hatten dort eine Listening Session. Ich muss sagen, dass „Worship Music“ einen sehr dunklen Charakter hat, genau wie „Persistence Of Time“. Damals hattet ihr ja auch einige Probleme, euer Studio ist z.B. abgebrannt. Habt ihr den ganzen Ärger der letzten paar Jahre dort verarbeitet?

Ja, kann man so sagen. Allerdings verhält es sich so, dass 50 Prozent der Stücke schon vor dieser ganzen Sängerarie geschrieben worden sind. Wir hatten zu der Zeit gar keinen Sänger und Charlie und ich haben die Songs geschrieben, Frank (Bello, Bass) war ebenfalls involviert. Man könnte es mit „Spreading The Disease“ vergleichen, denn als wir die Stücke für das Album schrieben, hatten wir Joey auch noch nicht in der Band. Wir waren im Studio und hatten die Platte fast komplett aufgenommen, als wir Joey fanden. Es ist schon irgendwie ein ganz komischer Zufall, dass wir bei dem neuen Album auch erst die Stücke geschrieben haben und Joey erst dann wieder in die Band gefunden hat.

Die neue Scheibe unterscheidet sich auch etwas von den Alben eurer Historie. Das Teil ist verdammt hart, aber gleichzeitig findet man auch melodische, ja teilweise auch melancholische Seiten. Es herrscht eine tolle Balance zwischen beiden Welten. War das nun Absicht oder wolltet ihr, dass das Album so klingt?

Nein, in dieser Hinsicht machen wir nie Pläne. Wir gingen an das Songwriting so heran, wie wir es schon immer gemacht haben. Wir versuchen niemals, einen bestimmten Style in die Songs zu packen, über so was denken wir gar nicht nach. Wir sind ANTHRAX, die Stücke müssen wie ANTHRAX klingen. Das ist alles.

Was wollt ihr uns eigentlich mit dem Stück „Judas Priest“ sagen? Ich meine, der Song klingt so überhaupt nicht nach JUDAS PRIEST, wenn du mich fragst.

Eigentlich wollten wir eine Nummer machen, die eine Huldigung an JUDAS PRIEST darstellen sollte, als wir hörten, dass die Jungs in Rente gehen. JUDAS PRIEST waren ein Grund, warum ANTHRAX vor 30 Jahren überhaupt entstanden sind. Es war einer der Stücke, die wir schrieben, aber noch keinen Titel dafür hatten. Wir nannten ihn Nummer 12 oder so was in der Art. Tja, irgendwann gaben wir ihm den Arbeitstitel „Judas Priest“. Wenn man sich den Song anhört, dann merkt man, dass er einfach Heavy Metal ist. Er klingt nach Heavy Metal, der Text ist Heavy Metal. So entschieden wir uns dafür, ihn „Judas Priest“ zu nennen, weil er einfach ein cooler Heavy-Metal-Song ist.

Der Track „In The End“ ist bei mir ebenfalls sofort im Kopf hängen geblieben. Der Song klingt nicht nur richtig klasse, auch der Text schien mir sehr interessant zu sein. Kannst du kurz sagen, worum es bei dem Stück geht?

Bei der Nummer verarbeiten wir unsere Freundschaft und Verluste zu Dimebag Darrel (PANTERA, R.I.P.) und zu Ronnie James Dio (R.I.P.). Es geht um unsere Gefühle und Trauer darüber, die beiden verloren zu haben. Das ist unser erstes Album nach dem Tod von den beiden. Wir hatten irgendwie den Drang, darüber zu sprechen und den Leuten zu sagen, wie wichtig die beiden für uns waren.

Habt ihr denn noch immer Kontakt zu den anderen ehemaligen Recken von PANTERA?

Natürlich.

Also seid ihr noch immer befreundet?

Ja, das wird sich auch nicht ändern.

(in dem Moment macht sich Scotts Sohn im Hintergrund schreiend bemerkbar) Ah, das ist also der kleine Revel Young Ian, was?

Ja genau, ich glaube er hat Hunger.

Also von der Stimme her klingt schon mal wie Joey. Wie du eben schon sagtest, wurden in der Vergangenheit die Stücke überwiegend von dir und Charlie geschrieben. Wie seid ihr dieses Mal an die Sache herangegangen?

Genau, die Hälfte der Songs wurde von Charlie und mir geschrieben, der Rest des Albums wurde dann in Gemeinschaftsarbeit erstellt. Wir fanden es nicht schlecht, dass auch die anderen Bandmitglieder involviert sind, deswegen konnte sich jeder etwas austoben. Als wir Joey wieder in der Band hatten sagten wir ihm, dass er die Stücke so interpretieren solle, wie er es für richtig hält. Und so arbeiteten wir die restlichen Songs eben durch. Ich habe zwar die Mehrzahl der Texte geschrieben, doch auf der anderen Seite hatte jeder die Gelegenheit, sich einzubringen. Ähm, warte mal kurz, ich muss ihm (Revel Young Ian) was zu essen geben.

Kein Problem.

So, jetzt geht es ihm besser.

Wie fühlst du dich eigentlich jetzt, da du Vater bist? Hat sich etwas Grundlegendes geändert?

Es ist unbeschreiblich! Viele meiner Freunde haben in den letzten Jahren Nachwuchs bekommen und mir immer erzählt, wie toll das ist. Doch man kann es einfach nicht so richtig begreifen, wenn man keine Kinder hat. Als mein Sohn geboren wurde, konnte ich es letztendlich verstehen. Es ist das Größte, was mir je passiert ist.

Ihr wart ja im letzten Jahr schon mit den Big Four im Rahmen der Sonisphere Festivals unterwegs. Es muss euch doch eigentlich mit Stolz erfüllen, was ihr mit ANTHRAX erreicht habt und zu den Big Four des Thrash Metals zählt, oder?

Aber natürlich bin ich stolz darauf. Und was mich besonders stolz macht ist, dass wir mit ANTHRAX noch immer das machen, was wir wollen. Ich fühle mich mit der Band an der Spitze, denn wir sind so gut wie nie zuvor. Es fühlt sich einfach großartig an. Und natürlich sind die Big-Four-Shows einzigartig. Mit METALLICA sind wir ja eh immer in Kontakt und telefonieren oft, und dann kommen noch SLAYER und MEGADETH zu diesem Package. Das macht richtig Laune und ich werde nicht müde, immer wieder zu sagen, wie toll ich diese Gigs finde. Ich liebe es, mit all meinen Freunden von SLAYER, METALLICA und MEGADETH abzuhängen. Auch die Fans sind aufgeregt, dieses Package zu sehen. Ich glaube, jede Stadt will, dass diese Kombination in ihr einen Auftritt absolviert (lacht). Ich denke, es ist wirklich eine großartige, aufregende und spaßige Sache. Und der Fakt, dass die vier großen Bands noch immer am Start sind und die Leute sich noch immer für die Musik von uns interessieren, fühlt sich großartig an.

Ich muss an dieser Stelle sagen, dass ich jedes Album von ANTHRAX liebe. Ich finde sowohl die Alben mit Joey am Mikro super, als auch die Scheiben mit John Bush. Aber was wird mit den Songs geschehen, die John Bush gesungen hat. Werden diese Nummern auch ihren Weg auf die Setlist finden?

Na klar. Wir haben ja schon „Only“ in die Setlist eingebaut. Wir üben gerade an ein paar Stücken, allerdings haben diese Nummern noch nicht den Weg auf die Bühne gefunden.

Okay, das ist also der Grund. Es wäre aber auch zu schade, wenn die Stücke von den Alben mit John Bush nicht mehr gespielt werden würden, denn darunter sind viele richtige Hammer.

Natürlich.

Es gibt ja auch eine Menge Fans, die gerade diese Nummern hören möchten.

Klar, keine Frage.

Wo wir schon beim touren sind. Gibt es schon Pläne, die neue Scheibe hier in Europa vorzustellen?

Wir wissen zwar noch nicht wann genau, aber natürlich werden wir wieder bei euch spielen.

Meinst du denn noch in diesem Jahr?

Nein, ich glaube nicht, da wir erst mal hier in den Staaten eine Tour machen werden, danach geht es rüber nach Japan. Ich schätze mal, dass wir im Frühjahr bei euch aufschlagen werden.

Was ich mich bezüglich deiner Person immer wieder frage ist: Du spielst bei ANTHRAX, du spielst bei THE DAMNED THINGS, du spielst bei DAMNOCRACY und hast nebenbei noch Zeit, bei VH1 oder bei verschiedenen Magazinen einen Beitrag zu leisten. Wie bekommst du das zeitlich geregelt?

Ich kann es dir nicht sagen, ich mache es einfach (lacht).

Ja, aber wie kommst du denn bloß zu all diesen Sachen?

In der Regel bekomme ich eine E-Mail von meinem Manager. Er fragt, ob ich es machen möchte und ich sage ja oder nein, ganz einfach.

Okay Scott, ich bin mit meinen Fragen soweit durch. Gibt es noch etwas, was du vielleicht loswerden möchtest?

Ich kann mich eigentlich nur wieder bei unseren Fans bedanken, die so geduldig mit uns waren. Und hört euch die neue Scheibe an, sie wird euch gefallen. Wenn ihr Metal liebt, dann werdet ihr auch diese Album lieben.

Die Fans werden es lieben, da bin ich mir sicher. Außerdem kommt die Scheibe schon zur passenden Jahreszeit raus. Es geht ja langsam Richtung Herbst und die Scheibe, mit ihrer dunklen Grundstimmung, passt hervorragend in den Herbst.

Da kann ich dir nur zustimmen. Vielen Dank.

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04.09.2011

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