Behemoth
"Ich kann nicht ändern, wer ich bin."

Interview

Wenn BEHEMOTH ein Album veröffentlichen, schlagen sie damit hohe Wellen. So auch in den letzten Monaten anlässlich ihres elften Albums „I Loved You At Your Darkest“, das am 05.10.2018 über Nuclear Blast das Licht der Welt erblickt. Bei 30 Grad trafen wir uns an einem Augustnachmittag mit einem trotzdem sehr entspannten Nergal, um unter anderem die verworrene Symbolik, aber auch die niemals enden wollende Flut an zum Teil skurrilen Merchartikeln zu besprechen.

Bild Behemoth Logo

Hi Nergal, erst mal danke, dass du dir die Zeit nimmst! Ich komme gerade vom Summer Breeze wieder, wo BEHEMOTH ja auch gespielt haben. Mir hat die Show super gefallen, aber ihr habt 20 Minuten früher Schluss gemacht. Was war da los?

Nergal: Ich finde, mit 70-Minuten-Sets sind wir am besten. Ich ziehe die Setlist nicht gerne zu sehr in die Länge. 70 Minuten ist schon lang, vor allem, wenn man so ein intensives Set präsentiert. BEHEMOTH ist live schon sehr intensiv. Ich will, dass die Leute von uns überwältigt sind, nicht gelangweilt. Das war der Hauptgrund.

Ihr habt neben „God = Dog“ allerdings einen weiteren neuen Song gespielt, „Wolves Ov Siberia“. Wird das vielleicht die nächste Single?

Nergal: Ja. Anfang September kommt das Video zu „Wolves Ov Siberia“ raus. Dann, um das Album-Releasedate am 05.10. herum, wird ein weiteres Video kommen. Und dann noch eins, und noch eins. Wir arbeiten momentan parallel an fünf Videos. Da werden einige Überraschungen kommen.

Bei der Listening Session zu „I Loved You At Your Darkest“ vor ein paar Wochen hast du gesagt, das Album sei ein Neuanfang, keine Weiterführung der bisherigen BEHEMOTH-Alben. Wie bist du da an das Schreiben herangegangen? Schließlich sollte „The Satanist“ ja das ultimative BEHEMOTH-Album sein.

Nergal: Ja, ich denke, das sollte es. Ich denke, wir haben auf „I Loved You At Your Darkest“ einfach einige Sachen anders gemacht, die zeigen, dass es eine andere Herangehensweise hat und eine andere Art Abenteuer ist. Das fängt schon beim Titel an. Es gibt aber auch Berührungspunkte. Wir haben nicht versucht, einfach alles anders zu machen. Wir definieren uns innerhalb des Subgenres BEHEMOTH neu. Das tun wir innerhalb der Grenzen, die wir uns selbst gesetzt haben. Wir hinterfragen nicht, ob die Leute das Album kaufen werden oder nicht.

Wir lieben diese Musik. Wir wollen nicht unseren Stil ändern, denn der liegt in unserer Natur. Ich will ja auch nicht mich selbst ändern. Aber ich will mich entwickeln. Ich will einen anderen Kurs einschlagen, einen anderen Blickwinkel einnehmen. Ich kann meine Meinung ändern, aber ich kann nicht ändern, wer ich bin. Das gilt auch für BEHEMOTH. Die Band ist, was sie ist. Es gibt aber einige Aspekte des Albums, wie gesagt angefangen beim Titel, aber zum Beispiel auch die Optik, die wir so noch nie gemacht haben.

Für mich persönlich war es ziemlich schwierig, durch die Symbolik durchzusteigen. Du hast ja schon den Titel erwähnt. Ich hatte in meinem Leben noch nie mit der Bibel zu tun und hätte das Zitat „I Loved You At Your Darkest“ unmöglich kennen können. Gibt es noch andere „Geheimgänge“, durch die du uns führen kannst? Oder sollen die Leute die für sich selbst entdecken?

Nergal: Die sollen sie selbst entdecken, aber es ist nichts falsch daran, ihnen ein paar kleine Hinweise zu geben. Ein Beispiel. Gibt es auf dem Album einen Titelsong? Das ist eine Frage für dich.

Da hat der gute Nergal mich etwas überrumpelt. Ich gehe die Tracklist durch, muss nach einer kurzen Denkpause aber trotzdem passen.

Also eigentlich stelle ich hier ja die Fragen. Ich habe zwar nachgeschlagen, woher das stammt, komme jetzt aber nicht mehr drauf.

Nergal: Aber es hat dich dazu gebracht, darüber nachzudenken, und das ist gut. Gibt es eine versteckte Bedeutung? Ja, die gibt es. Wenn du dich mit der Bibel nicht auskennst – und ich sage nicht, dass ich mich damit auskenne, ich lese ganz selten mal darin – wirst du, wie die meisten Leute, nicht wissen, dass das Zitat aus dem Brief des Paulus an die Römer stammt. „Rom 5:8“ ist die Kurzschreibweise der Stelle.

Ach, natürlich!

Bild Behemoth Bandfoto 2018

Behemoth 2018

Nergal: Jetzt weißt du es, aber die Leute werden sich erst mal fragen, was das für ein komischer Titel ist. Ich war zu Anfang auch beim Albumtitel nicht sicher. Jetzt stehe ich voll dahinter, aber es gab Momente des Zweifels.

„I Loved You At Your Darkest“ klingt eher wie ein Albumtitel von MARILYN MANSON als BEHEMOTH…

Nergal: Das ist ein Kompliment, das gefällt mir. Was ich auch schon gehört habe, ist, „oh, das klingt aber sehr gothic.“ Ich hatte auch überlegt, „Rom 5:8“ als Albumtitel zu nehmen. Dann habe ich das gecheckt und gemerkt, dass MARDUK ein Album namens „Rom 5:12“ haben, also fast identisch. Ich dachte mir „verdammt, die hatten die Idee vor mir!“ Wir sind übrigens auch gut befreundet. Das wäre jedenfalls zu ähnlich gewesen, deshalb konnte ich das nicht machen. Ich bin also bei der ursprünglichen Idee geblieben und bin auch froh darüber, weil der Titel einfach heraussticht.

Denn: Mir fällt keine Black- oder Extreme-Metal-Band ein, die ein Bibelzitat als Albumtitel verwendet. Vielleicht irre ich mich, aber ich glaube nicht, dass es eine gibt. Und mir fällt keine Black- oder Extreme-Metal-Band ein, die das Wort „Liebe“ im Titel hat. Es gibt also wenigstens ein paar Aspekte, mit denen wir im Genre Pionierarbeit leisten. Ich hoffe, die Leute werden das zu schätzen wissen.

Was du auch gesagt hast – und dieses Zitat ist in so ziemlich allen Promomaterialien zu „I Loved You At Your Darkest“ – ist „it doesn’t get more blasphemous than this.“ Einerseits schränkst du BEHEMOTH damit selbst ein, denn ihr könnt ja dann nicht mehr blasphemischer werden. Andererseits klingt es, als würdet ihr vielleicht ein wenig zu verbissen versuchen, so blasphemisch wie möglich zu sein. Ist es dann noch authentisch, wenn man versucht, auf Teufel komm raus diesem Ziel gerecht zu werden?

Nergal: Ja, aber weißt du, dieses Mal tun wir das auf eine sehr geschmackvolle Art und Weise. Man kann das auch sehr primitiv machen. Es gibt einige Bands, die das tun und für die das funktioniert. Aber wir haben eine ganz andere Optik mit den Fotos, die klassischen Gemälden nachempfunden sind. Wenn du dir das Booklet anschaust, sieht das wie ein Kunstbuch aus, nicht wie das Booklet einer Rock-CD. Es ist anders, es hebt sich ab, es ist sehr künstlerisch. Es ist auf eine sehr verschlagene Art blasphemisch, denn wir sind ja quasi nur Charaktere in Szenen, die schon existieren. Niemand würde ein Caravaggio-Gemälde für blasphemisch halten.

Doch die Tatsache, dass wir selbst in der Szene mitspielen und zum Beispiel Jesus ersetzen, ist für manche Leute total frevelhaft. Ich finde, wir spielen nur auf künstlerische Weise damit. Es kann sowohl als anti-religiös als auch als religiös gesehen werden. Ich meine, ich bin Jesus. Ich habe nicht meine Genitalien raushängen oder so. Es ist auf sehr schöne Weise dargestellt. Die Katholiken sollten das wertschätzen, denn es ist schön. Und das ist es wirklich. Daran sieht man, dass man eine Sache von vielen verschiedenen Blickwinkeln aus betrachten und alle möglichen Schlussfolgerungen daraus ziehen kann. Also ja, ich glaube, ich habe meinen Standpunkt klar gemacht.

Galerie mit 15 Bildern: Behemoth - Summer Breeze Open Air 2018

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Quelle: Nergal, Behemoth
29.09.2018

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