Emigrate
"Bei EMIGRATE ist alles erlaubt!"

Interview

metal.de: Hört man das Album am Stück entdeckt man einige Stilumbrüche von Song zu Song, bspw. von “1234“ zu “A Million Degrees“ oder noch krasser von “You Are So Beautiful“ zu “Hide And Seek“ zu “We Are Together“. Sind die bewusst gesetzt mit dem Ziel dem Hörer in aller Deutlichkeit die Vielfalt von EMIGRATE zu demonstrieren oder passiert sowas eher zufällig?

Also zum einen glaube ich, nicht diese Distanz zu haben, um die Unterschiede zu merken, aber ich weiß, dass es so ist. Das haben mir bereits viele Leute gesagt. EMIGRATE ist aber auch mit Absicht ein Konzept, wo ich alles machen kann, was mir gefällt. Ich will mir da keine Zensur aufbürden lassen. Ich bin jemand, der mit Metal bis Pop groß geworden ist. Es gibt viele Musikrichtungen, die ich gut finde und die ich als Produzent schätze, die nicht unbedingt meins sind, aber die wirklich gut gemacht sind. Insofern kann ich mit EMIGRATE machen, was ich in meiner anderen Band nicht machen konnte, weil dieser RAMMSTEIN-Kosmos wirklich sehr geschlossen ist. Das ist auch ok. Diese Vielfalt in der Musik passiert einfach, weil ich mich in vielen Musikstilen zu Hause fühle. Bei der Reihenfolge der Titel ist es dann so, dass ich nicht mehr die Distanz habe und es einfach nach Gefühl mache. Ich gebe mir schon Mühe und gucke, wie könnte was passen. Meistens ist es so, wenn ich im Gym bin, dass ich mir eine Playlist mache. Das ist dann eher eine Emotion – passt dieses Songgefühl dahin? Mein Gefühl sagt mir dann vielleicht immer, dass ich es mag, von einem Extrem ins andere zu gehen. Das versuche ich bewusst zu machen, aber vielleicht ist das auch einfach mein Geschmack.

metal.de: Ich finde das großartig. Wenn Platten immer gleich klingen oder Künstler immer die selbe Schiene fahren, wird es ja irgendwann langweilig. “A Million Degrees“ ist dazu ein schöner Gegenpart.

Es gib einen Haufen Leute, die sehen das wie du. Ich sehe es auch wie du. Aber es gibt auch Leute, die sagen: “Nee, das ist mir zu viel durcheinander“. Die finden es dann besser, wenn es ein gleichbleibender Musikstil ist. Dafür habe ich ja meine andere Band. Bei EMIGRATE ist aber alles erlaubt.

metal.de: Unter anderem ein Gast wie Till Lindemann. Zunächst war meine Frage: “Auch Till ist auf dem neuen Album enthalten. Hast du keine Angst vor unnötigen RAMMSTEIN-Vergleichen?“ – dann habe ich den Song “Let’s Go“ gehört, der so gar nicht an RAMMSTEIN erinnert. War das womöglich eine bewusste Entscheidung, das Duett mit Till stilistisch möglichst RAMMSTEIN-fremd zu gestalten, um solchen Vergleichen zu entgehen?

Man muss dazu fairerweise sagen, dass die Ur-Idee von EMIGRATE eigentlich aus einer Zusammenarbeit von Till und mir kam. Vor Jahren wollten wir beide mal etwas zusammen machen. Das hat dann irgendwie nicht so richtig auf fruchtbaren Boden der anderen Bandmitglieder geführt, was ich dann auch verstanden habe. Ich habe damals diesen Song schon vor dem ersten Album geschrieben. Da klang er noch komplett anders. Dann habe ich ihn liegen lassen, denn ich wollte auf dem ersten Album nicht gleich mit so einem Namen hausieren gehen. Er lag dann lange rum und kam irgendwann aus der Ecke hervor. Ich habe ihn dann umgeschrieben. Till und ich haben auch eine lange Geschichte zusammen, eine lange Freundschaft, die sich nach 25 Jahren logischerweise auch extrem verändert hat. Das ist ein Thema, über das ich gern schreiben wollte, das heißt über die Zeit, bevor wir Kollegen wurden, aus einer Art “Wild West“-Zeit, als damals die Mauer fiel. Keine Ahnung, was wir alles für Dummheiten gemacht haben. Dieses Gefühl wollte ich irgendwie in einen Song packen. Es geht im Grunde in dem Song um unsere Zeit vor der Reise mit RAMMSTEIN.

metal.de: Für den Videodreh zu “1234“ standst du das erste Mal mit EMIGRATE vor Publikum. Wie war die Erfahrung für dich und juckt es dich nicht in den Fingern, nun EMIGRATE doch mal auf die Bühnen der Welt zu bringen?

Es juckt natürlich immer! Wenn man Musik macht, will man das logischerweise auch irgendwann mal live spüren. Aber schon damals habe ich mir ein Gerüst gebaut, bei dem ich mir gesagt habe, dass ich aufpassen muss, dass die beiden Bands im Gleichgewicht bleiben. Und wenn ich dann mit EMIGRATE auf Tour gehen würde, würde sich das Gleichgewicht verschieben. Davor habe ich ein bisschen Respekt. Deswegen ist es jetzt so, dass ich es nicht unbedingt brauche. Ich würde es zwar gern machen, aber dazu bräuchte ich auch Zeit, ich müsste eine Show zusammenstellen. Das würde Zeit brauchen, die momentan nicht da ist, weil die anderen Jungs auf mich warten würden. Wir sind gerade dabei ein neues Album rauszubringen und gehen auf Tour. Also die Zeit ist nicht da und ich finde das Gleichgewicht aktuell super. Wenn ich das jetzt ändern würde, würde sich vieles ändern. Insofern mache ich das gerade nicht. Und jetzt nochmal zum Song “1234“. Normalerweise schreibe ich Songs und denke darüber nach, wer auf diesen Song passen könnte und mit wem ich gern mal zusammenarbeiten würde. Bei dem war es aber so, dass es nicht meine Idee war, sondern die unseres Managements. Mein Manager meinte dann, dass er die Jungs von BILLY TALENT kennt und ob ich nicht mal was mit denen machen wollen würde. Ich kannte BILLY TALENT eigentlich nur von Ian [D’Sa, Gitarren und Backing Vocals bei BILLY TALENT, Anm.d.Red.] und seinen Gitarrensounds, die ich immer sehr abgefeiert habe. Aber ich meinte: “Klar, das können wir doch mal probieren“. Dann habe ich den Song gehört, der für mich immer schon so einen Live-Charakter hatte. Durch seine Attitude und den frischen, rotzigen Sound war ich total begeistert. Manchmal muss man eben auch Dinge machen, von denen man am Anfang gar nicht überzeugt ist. Ich wurde positiv überrascht.

metal.de: Sind die prominenten Gastmusiker wie Till, oder Ben von BILLY TALENT oder der Cardinal von GHOST mittlerweile ein essentieller Bestandteil von EMIGRATE oder kannst du…

Ja, ja, ja! Das ist ja das, warum ich das auch so mache. Die Möglichkeit, mit diesen Menschen zusammen zu arbeiten – das kann man ja normalerweise in einer Band nicht. Logischerweise hast du einen Sänger, und wenn du dann sagst: “Hey, lass uns doch mal einen anderen Sänger probieren“, wird der Sänger sagen: “Ich probiere dann mal einen anderen Gitarristen!“ – da kriegst du erstmal einen komischen Blick zugeworfen. Insofern ist es genau das, was mich an dem Projekt so fasziniert. Und durch RAMMSTEIN, die mir da die Türen geöffnet haben, bin ich ja erst in der Lage gewesen, diese Leute anzusprechen. Das ist das, was mir Spaß macht. Manchmal sind Dinge sehr einfach, manchmal kompliziert. Ich würde da auch kein Dogma draus machen. Ich könnte mir auch vorstellen auf dem nächsten Album etwas komplett anderes zu machen. Vielleicht auch nur mit einem Sänger, ich weiß es nicht. Bei EMIGRATE ist alles erlaubt! Zumindest, was das Denken angeht. Was von der Theorie in die Praxis kommt, ist dann ja nochmal eine zweite Sache.

metal.de: Wie wird es mit dir und EMIGRATE weitergehen? Liegen die Prioritäten demnächst eher bei RAMMSTEIN? Welche Zukunft erwartet dich 2019?

2019: RAMMSTEIN-Album, große RAMMSTEIN-Tour. Wenn ich Zeit habe, werde ich mich irgendwie wieder hinsetzen und ein paar Songs schreiben. Mal gucken, wo die Reise hingeht. Aber erstmal: 2019 ist RAMMSTEIN-Jahr!

Wir bedanken uns für das Interview und freuen uns auf das RAMMSTEIN-Jahr 2019!

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05.12.2018

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1 Kommentar zu Emigrate - "Bei EMIGRATE ist alles erlaubt!"

  1. nili68 sagt:

    Das ist doch auch so ’ne Band, von der man schon mal gehört hat, aber die niemanden so wirklich interessiert, oder? Naja, jetzt haben ’se durch meinen Kommentar etwas Aufmerksamkeit, denn negative Werbung gibt es ja nicht..