Keep Of Kalessin
"Ich war schon immer Anführer und Visionär der Band"

Interview

Sieben Jahre nach dem letzten Album „Epistemology“ veröffentlichen die norwegischen Extrem-Metaller KEEP OF KALESSIN derzeit ihr siebtes Studioalbum „Katharsis“ – und das ist ein wahres Meisterwerk geworden. Dass die gesamte Band zwischenzeitlich sogar am Scheideweg stand sowie über seine ganz persönliche Sichtweise als Bandkopf und Songwriter klärte uns Multiinstrumentalist Obsidian Claw auf.

Hallo und an dieser Stelle Glückwunsch zu dem in meinen Augen besten Album, mindestens seit „Armada“!

Danke, ich bin sehr glücklich mit dem Ergebnis. Wenn ich das nicht wäre, würde ich es natürlich auch nicht herausbringen. Ich denke „Katharsis“ ist ein wichtiges Album für uns, um nun wieder zurückzufinden.

Zwischen „Reptilian“ und „Epistemology“ lagen insgesamt fünf Jahre. Jetzt habt ihr euch sogar sieben Jahre Zeit genommen. Welche Faktoren haben zu dieser langen Pause geführt?

Im Wesentlichen war das ein Mangel an Fokus. Solange die Band eben nicht deine Haupteinkommensquelle ist, musst du dich hinsichtlich deines Lebensunterhaltes häufig auf andere Dinge konzentrieren. Wenn du den Kopf hauptsächlich an anderen Stellen hast, dann fliegt die Zeit manchmal. Dazu kam, dass ich im musikalischen Sinne völlig ausgebrannt war. Wir haben unheimlich hart gearbeitet, aber der erwünschte Erfolg hat sich nicht eingestellt, sodass ich alles etwas überdenken musste. Des Weiteren hatte ich die vermutlich dunkelste und herausforderndste Zeit meines Lebens, sodass es ehrlich gesagt einfach schwer war, die notwendige Energie zum Schreiben des Albums aufzubringen. Ich habe zwar im Prinzip schon im Jahr 2017 mit dem Songwriting angefangen, doch immer wieder aufgehört, als es mir schlechter ging. Demnach dauerte es bis ins Jahr 2022, indem ich dann die richtige Motivation hatte.

Musikalisch völlig ausgebrannt

Im Jahr 2017 hat sich Drummer Vyl von KEEP OF KALESSIN getrennt, wobei ihr erst zwei Jahre später mit Wanja „Nechtan“ Gröger einen adäquaten Ersatz parat hattet. Er scheint musikalisch perfekt in das Konzept zu passen. Habt ihr euch extra viel Zeit gelassen, um ein passendes Puzzleteil zu finden?

In diesen beiden Jahren stand die Band bei mir nicht so sehr im Vordergrund, sodass mich Vyls Abgang nicht wirklich interessiert hat. Ich wusste noch nicht mal, ob ich KEEP OF KALESSIN weiterführen wollte. Als wir aber im Jahr 2019 eine Tour angeboten bekommen haben, mussten wir praktisch einen Ersatz finden, sodass wir eine Art „Online-Session“ gestartet haben, wo wir uns ein Bild von interessierten Drummern machen konnten. Glücklicherweise war einer dieser Drummer Wanja. Wir haben das Ganze dann auf vier Interessenten heruntergebrochen. Während diese vier allesamt gute Drummer waren, war es für uns doch sehr einfach zu sehen, dass Wanja am Besten zu KEEP OF KALESSIN passen würde. Er ist nicht nur ein wahnsinnig fähiger Drummer, sondern passt auch menschlich hervorragend zu uns. Demnach denke ich, ja – er ist ein „Perfect Match“ und die Band ist mit ihm besser aufgestellt als je zuvor.

Also würdest Du sagen, dass KEEP OF KALESSIN aktuell das perfekte Line-Up am Start hat?

Absolut! KEEP OF KALESSIN war nie besser als Heute!

Auf „Epistemology“ hast Du erstmals die Vocals für die Band übernommen – diese klingen nun auf „Katharsis“ nochmals deutlich ausgereifter und diverser. War das eines deiner Ziele für das neue Album?

Ja, natürlich. „Epistemology“ war mein erster Schritt an die Vocals und es war im Großen und Ganzen in Ordnung. Allerdings hatte ich immer das Gefühl, dass es noch nicht so war, wie es sein soll. Nachdem ich ein paar Shows hinter mir hatte und viel Zeit dafür verwendet habe, die Vocals um ein paar Takte zu verbessern, ist KEEP OF KALESSIN, wie du sagst, erwachsener geworden. Allerdings nicht nur die Vocals, sondern auch Songwriting, Lyrics und die Produktion. Praktisch ist alles ein paar Ebenen besser geworden als die Vorgänger.

Gesangstechnisch gipfelt das Ganze in „Journey’s End“, einer tollen Ballade mit starken klaren Vocals und einer melancholischen Farewell-Atmosphäre. Irgendwie habe ich den Song aber eher am Ende erwartet.

Ich habe tatsächlich auch darüber nachgedacht, ihn ans Ende zu setzen, aber ich wollte nicht, dass sich dieser Song wie ein Outro anfühlt, sondern in jedem Fall wie ein vollwertiger Song. Der erste Track, den ich für „Katharsis“ geschrieben habe, war der reguläre letzte Song „Throne Of Execration“. Ich finde der letzte Part dieses Stücks ist unheimlich stark, während ich nichts kaputt machen wollte, indem ich das Ganze mit einer Ballade enden lasse. Darüber hinaus hast du bis zu „Journey’s End“ schon eine ganze Menge Blastbeats gehört. Um das Album dann ein wenig aufzubrechen, haben wir das Lied schließlich an die sechste Stelle gesetzt, was ziemlich gut passt.

Ihr bringt „Katharsis“ über dein eigenes Label Morningstar Records heraus. Welche Vorteile bringt es, für mehr als nur den musikalischen Teil verantwortlich zu sein?

Das bringt uns einige Vorteile, aber gleichermaßen natürlich auch mehr Verantwortung. Ich habe gleichzeitig aber auch einen Deal mit Back On Black für alle physischen Produkte ausgehandelt. Auch wenn dieses Label nicht so bekannt ist, so ist es ein Sub von Plastichead, einer der größten Distributionen für Metal auf der Welt. Wir wollten also gewissermaßen das Beste aus den Welten zusammenführen. Heutzutage musst du keinem Label einen gewissen Prozentsatz sowie Rechte an deinem Album gewähren, nur damit ein paar Files auf deren digitaler Distribution landen. Wir haben also 100 % der digitalen Rechte behalten und Back On Black Exklusivrechte für die physikalischen Produkte eingeräumt. Sie nehmen mir also all das ab, was Bestellungen, Abwicklung und Versand angeht. Das hasse ich ohnehin. Das Behalten der Digitalrechte macht es für uns auch einfacher, in Zukunft entsprechende Singles oder EPs zu veröffentlichen, ohne über den Labelumweg zu gehen. Die Laufzeit für fast unseren kompletten Backkatalog ist ohnehin abgelaufen, sodass ich dabei bin, etwas Standhaftes für die Band zu sichern und mehr Spielraum für die Zukunft zu haben.

„Ich war schon immer Anführer und Visionär der Band“

Seit Thebon im Jahr 2013 den Platz als Frontmann geräumt hat, bist Du auch im Sinne der Außenwirkung in die erste Reihe gerückt. Denkst du das KEEP OF KALESSIN nun, zehn Jahre später, auf dem Weg ist, die eigenen Visionen zu verwirklichen?

Ich denke nicht, dass wir unsere Vision inzwischen verwirklicht haben, aber das liegt wie gesagt am schwindenden Fokus vor ein paar Jahren. In Bezug auf die Musik, insbesondere was die Vocals angeht, sind wir glaube ich näher an der eigenen Vision als je zuvor. Ich war schon immer der Visionär und der Anführer der Band, wobei es in der Vergangenheit sehr schwer war, jemand anderem diese Rolle zu übertragen. Ganz besonders auf „Katharsis“ wäre es praktisch unmöglich gewesen, jemand anderen diese persönlichen Songs singen zu lassen. Aber ja, das Line-Up ist besser als es jemals war.

Ich denke „Katharsis“ erscheint mir als guter Albumtitel, da es irgendwo dafür steht, mehr auf seine innere Stimme zu hören und dadurch eine bessere mentale Verfassung zu manifestieren. Die Lyrics steigen hier tiefer in deine Gedankenwelt ein, oder?

Absolut. Das Album erscheint nun nach Jahren von persönlichen Problemen meinerseits. Es ist ein Reinigungsprozess gegenüber all diesen negativen Gefühlen, die einen Menschen von vielen Dingen abhalten. Jeder Song auf dem Album hat einen sehr persönlichen Anstrich und manche sind direkte Geschichten von Herausforderungen des Lebens. Der Titeltrack basiert dann darauf, dass ich die Kontrolle zurückgewinne, aus dem Matsch krieche und wieder zurück in die Spur finde.

Ihr habt in diesem Jahr auf der 70.000 Tons Cruise gespielt. Ich nehme an, das war eine großartige Erfahrung für euch. Passt diese progressive aber auch düstere Soundanlage zu Cocktails, Pools und Urlaubsgefühlen?

Es war einfach Wahnsinn wieder dort zu spielen. Wir haben dort bereits im Jahr 2009 gespielt, doch dieses Jahr hatten wir bessere Spots mit zwei sehr speziellen Shows. Eine war eine Jubiläumsshow zum 25-jährigen Bestehen, wo wir Songs aus dem gesamten Backkatalog gespielt haben und während dem anderen Gig haben wir neue Stücke von „Katharsis“ zum ersten Mal Live gespielt. Die meisten norwegischen Metalheads scheinen Schnee, Kälte und Dunkelheit vorzuziehen, doch das betrifft bei den meisten nur das eigene Image. Ich denke, dass die Menschen ein besseres Leben haben, wenn sie mehr Spaß und Sonne in ihr Leben lassen. Folglich: Ja, es ist ein hervorragendes Umfeld um diese Art von Musik zu spielen.

Eure Tour mit DØDHEIMSGARD wurde leider kurzfristig abgesagt. Kann man euch in diesem Jahr noch irgendwo Live bewundern?

Wir spielen auf den MetalDays in Slowenien, Leyendas Del Rock in Spanien und auf dem Cosmic Void in England in diesem Jahr. Solange nichts Besonderes passiert, werden wir wohl keine großen Touren in diesem Jahr spielen, sondern uns mehr auf spezielle Shows und Festivals konzentrieren.

 

Quelle: Interview mit Obsidian Claw
21.03.2023

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