Manes
"Persönliche Nahtod-Erfahrungen sind eines der Elemente, die wir hier in Angriff genommen hatten, ja!"

Interview

MANES sind alles andere als eine typische, alltägliche Band im Metalkosmos. 1992 mal als Black Metal-Band gegründet, öffneten sich die Norweger stilistisch mit dem wegweisenden „Vilosophe“ einem breitgefächerten, experimentellen Sound. Zweimal lösten sich MANES seither auf, um später wieder auf der musikalischen Landkarte zu erscheinen. Nun liegt mit „Slow Motion Death Sequence“ der Nachfolger zu „Be All End All“ aus dem Jahr 2014 vor. Das Album ist ein bunter und dennoch in sich schlüssiger Mix aus Neo Prog, Pop, Post Metal, Trip Hop, Electro, Ambient und Avantgarde. Bassist Torstein Parelius klärt auf.

 

MANES spielen einen einzigartigen Mix aus sehr unterschiedlichen Musikstilen. Das trifft auch auf euer neues Album „Slow Motion Death Sequence“ zu, das emotional sehr weitreichend ist als auch nahezu unmöglich musikalisch zu klassifizieren. Kannst du selbst eure Musik in einigen Wörtern beschreiben?

Nicht wirklich, nein. Wir versuchen dunkle, bewegende und eindringliche Musik zu machen. Wir streben danach, die Essenz des Reizes in jeder erstrebenswerten Idee einzufangen, mit den Werkzeugen, die wir zur Hand haben und mit allen notwendigen Mitteln.

Ihr verwendet viele Sounds in euren komplexen und aufwendigen Aufnahmen. Wo fängt der Prozess normalerweise an und wohin nimmt es euch dann?

Einige von uns kommen mit einer Idee oder einem groben Entwurf von verschiedenen Arten an Sounds. Das können wenige Loops sein, ein Riff oder eine Melodie. Manchmal, wie bei „Slow Motion Death Sequence“, kann es sein, dass wir einen Titel haben und damit etwas, was man als Thema bezeichnen kann. Wenn sich die Idee oder der Entwurf innerhalb dieses Gedankenrahmens richtig anfühlt, arbeiten wir daran weiter. Wir haben die ganze Zeit über tonnenweise Ideen, alte und neue. Von diesem Punkt an beginnen wir, mit den Ideen individuell rumzuspielen. Das können neue Schichten an Gitarren sein, Arrangements testen, wir können ins Studio gehen und mit Bass und Schlagzeug jammen. So läuft das bei uns. Wir fangen an, weitere Arrangements zu testen oder alles komplett neu zusammenzustellen. Dafür benötigen wir normalerweise viel Zeit. Bei diesem Album hatten wir den thematischen Ansatz die ganze Zeit im Hinterkopf und fingen nach einer Weile auch an, weitere Leute zu involvieren. Es ist wie eine Inkubationszeit, in welcher wir versuchen, aus dem Samen einer Idee einen vollständigen Song hervorzubringen. Du kriegst die Tendenz. Es ist nicht absolut traditionell. Manchmal kann ein Song ziemlich schnell und schmerzlos fertig werden, aber manchmal kann es auch Jahre dauern.

Was kannst du uns noch von den Aufnahmen zum Album erzählen? Da gab es ja viele Gäste und ihr hattet in vier verschiedenen Studios aufgenommen.

Wir arbeiten viel im Studio durch verschiedene Stufen. Einige von uns haben ihre eigenen Studios und wir verwenden manchmal andere Studios. Es hängt davon ab, was wir tun möchten und mit wem. Ich denke, ich habe das gewissermaßen schon etwas in meiner letzten Antwort beantwortet. Es ist ein aufregender Prozess, da es grundsätzlich kreative Handarbeit von Anfang an bis zum finalen Mix ist. Wir arbeiten bei jedem Album unterschiedlich, aber es war schon immer nahe an dem beschriebenen Prozess, auf jeden Fall eher als die traditionelle Weise einen Song zu schreiben, diesen typischen Rhythmus aus Proben, Proben, Proben und dann die Rockband aufnehmen. Zumindest für die letzten drei Alben trifft das zu.

Auffällig ist, dass die erste Hälfte des Albums etwas stärker Richtung Dark/Gothic Pop tendiert, in der Mitte haben wir mit „Last Resort“ ein Stück das völlig auf Elektronik verzichtet, während die zweite Hälfte noch dunkler und trostloser wirkt. Wie haben sich die Stücke sowie die Reihenfolge entwickelt, wie kam der Fluss zwischen den Songs?

Das war sehr natürlich und es war ein offenes Thema bis wir das endgültige Master zu Debemur Mortir Productions geschickt hatten. Es fühlte sich richtig an und der Fluss durch das Album machte Sinn für uns. Thematisch macht es auch Sinn, das Album so zu gestalten, aber ich schätze nur für diejenigen, die danach suchen.

Wie siehst du „Slow Motion Death Sequence“ im Vergleich zu euren bisherigen Werken?

Ich vergleiche selten unsere Alben. Da ist keine offensichtliche rote Linie. Ich sehe Leute die sagen, dass wir mit dem neuen Album mehr nach den klingen, was wir 2003 mit „Vilosphe“ gemacht haben, andere ziehen wieder andere Vergleiche. Wir können das selbst nicht wirklich verstehen, aber es ist etwas witzig das zu beobachten. Wir tendieren dazu, das Kapitel ziemlich schnell zu schließen, nachdem ein Album fertiggestellt und veröffentlicht ist. Dann fangen wir an, mit etwas Neuem zu beginnen, wir schließen einfach die Läden und arbeiten daran in einer Art Vakuum. Wir schauen weder zurück noch auf andere Künstler, wir spüren auch keinen Druck, weder vom Label, der Presse, den Fans oder sonst irgendjemandem. Alles was ich weiß ist, dass „Slow Motion Death Sequence“ im Moment unser Lieblingsalbum ist.

Mögt ihr es, mit jeder neuen Aufnahme musikalische Grenzen zu durchbrechen und euch selbst herauszufordern?

Das meiste ist individuell. Im Kern von MANES sind wir vier sehr verschiedene Personen mit unterschiedlichen Geschmäckern und Vorlieben. Daher ist da immer etwas, das sich etwas unbequemer anfühlt als andere Sachen. Das können Details sein, Teile von Songs oder irgendwas Reales. Aber, nachdem das gesagt wurde, stehen wir alle hinter dem, was wir am Ende veröffentlichen.

Der Albumtitel lautet „Slow Motion Death Sequence“, es scheint also, dass der Tod eines der zentralen lyrischen Themen ist? Was hat euch thematisch zu diesem Album inspiriert? Hatten euch persönliche Erfahrungen inspiriert? Eventuell auch persönliche Nahtod-Erfahrungen von Bandmitgliedern?

Ja, der Tod und das Sterben ist tatsächlich ein zentrales Thema des Albums. Es ist kein Konzeptalbum per se, aber der Tod ist immer da und schaut dir die ganze Zeit bis zum Ende über die Schulter. Wir bringen viele persönliche Dinge in allem was wir tun ein. Es basiert jetzt aber nicht alles auf persönlichen Erfahrungen, manches bezieht sich bis zu einem gewissen Grad auf Dinge, die um uns herum passieren. Persönliche Nahtod-Erfahrungen sind eines der Elemente, die wir hier in Angriff genommen hatten, ja!

Der Song „Building The Ship Of Theseus“ handelt denke ich von dem philosophischen Paradoxon welches die Frage berührt, ob ein Gegenstand seine Identität verliert, wenn viele oder gar alle seine Einzelteile nacheinander ausgetauscht werden. In diesem Fall, besteht da eine Art von Metapher für die menschliche Natur?

Ja, da liegst du richtig. Der Song handelt von Identität, einerseits, aber auch von einem Gefühl der Wertlosigkeit. Ich schätze, es kann auf viele Wege interpretiert werden. Aber wenn du das Schiff baust, um die Analogie fortzusetzen, versuchst du auch etwas zu bauen, das noch nicht existiert.

MANES fingen ursprünglich mal als Black Metal-Band an, dann hattet ihr euren Stil radikal verändert und wurdet sehr offen und experimentell. Jetzt scheint es so, als ob es zwei Versionen der Band gibt. Da ist MANII, das eher traditionell Black Metal-Projekt das nach dem Split von MANES 2011 gegründet wurde, und es gibt MANES, die 2013 reunierten. Da MANES diese experimentelle Natur hat, weshalb haltet ihr beide Seiten der musikalischen Persönlichkeit der Band separat?

Da sind viele Bands und Projekte um MANES herum, in welche eines oder mehrere Mitglieder involviert sind. MANII war ursprünglich Skei, der sich mit Sargatanas, der MANES in den späten Neunzigern verließ, wieder musikalisch verband. Wir machen alle grundsätzlich die ganze Zeit über viel Musik, aber nicht immer alle zusammen. Es gibt DRONTHEIM, LETHE, CALMCORDER, ATROX, CHTON usw.

Denkst du, dass MANES euren Nordeuropäischen Ursprung und Background als auch dessen musikalische Einflüsse repräsentieren und daher anders klingen würden, wenn ihr beispielsweise aus Amerika kommen würdet?

Wir können nichts dafür, wo wir geboren wurden. Natürlich ist da ein bestimmter Einfluss als Summe des Klimas, der Kultur, der Umwelt, der Bildung usw. Andere Einflüsse nicht. Ich höre viele unterschiedliche Musik und nur wenig davon stammt aus Norwegen. Ich höre sehr wenig Norwegisches in der Musik von MANES, aber vielleicht höre ich auch nicht hart genug zu.

Ihr habt euch entschieden, nicht mehr auf Tour zu gehen. Aber einzelne Auftritte wird es noch geben, richtig? Was sind die Gründe, keine Tour mehr zu spielen?

Wir spielen noch Gigs jetzt und dann, wenn wir wollen. Wir spielen keine Tour. Wir ziehen es vor, Dinge rar zu halten, anstatt herumzureisen und dasselbe immer wieder zu spielen. MANES ist nicht unser Job und wir planen es auch, so zu belassen. Wir haben andere Jobs, einige von uns haben Familie, einige von uns haben Krankheiten, es sind viele Leute involviert und die Logistik ist eine stressige Herausforderung. Wenn wir eine tolle Möglichkeit bekommen wie zum Beispiel eine aufregende Location, ziehen wir das sicherlich in Betracht. Das letzte Mal, dass wir live spielten, war ungefähr zweieinhalb Jahre her. Wir spielten damals einige neue Songs von „Slow Motion Death Sequence“ um zu testen, ob sie live funktionieren. Es wird wahrscheinlich eine Handvoll Auftritte im nächsten Jahr geben. Wir werden sehen.

Was habt ihr sonst noch in nächster Zukunft geplant?

Wir haben einiges an neuem Material geschrieben, daher haben wir unsere nächste Veröffentlichung bereits geplant. Es wird nur nicht gleich passieren, aber früher. Wir haben auch angefangen, an anderem Material zu arbeiten, es wird also mehr in absehbarer Zukunft von uns geben.

Vielen Dank für das Interview! Die letzten Worte gehören dir!

Danke! Checkt unser Video „Endetidstegn“ auf Youtube.

Ihr könnt das Album hier kaufen, wenn ihr wollt.

Spielt es laut ab, wenn ihr alleine seid!

05.09.2018

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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