Misery Index
Interview mit Gitarrist Mark Kloeppel zum neuen Album "The Killing Gods"
Interview
MISERY INDEX standen einst mit ihrem Debütalbum „Retaliate“ für eine herzhafte Verkopplung aus Death Metal, Grind, Crust und einer wahnsinnig verqueren Atmosphäre – ein Stück, das sicher in dieser Form nicht mehr zu erreichen ist. Heutzutage stehen die Jungs aus Baltimore für tornadoartige Gewalt und brachiale Organik. „The Killing Gods“ heißt der neuste Streich und dürfte zukünftig als eines der am schwersten zugängliche Werke der Amerikaner gelten. Zum Thema, was alles hinter dem frischen Output steht, unterhielt sich metal.de mit Gitarrist und Sänger Mark Kloeppel.
Hey Mark und Herzlichen Glückwunsch zum Release von “The Killing Gods“, was mich abermals eine Menge Zeit vor der Anlage gekostet hat!
Vielen Dank mein Freund. Hier ist Mark von MISERY INDEX. Wir sind verdammt nochmal bereit, dieses Meisterwerk auf die Menschheit loszulassen.
Die Zeit zwischen “Heirs To Thievery“ und eurer neuen Scheibe schien etwas länger als eigentlich gewohnt. Woran lag es? Hing es schlicht mit dem Songwriting zusammen oder hatte auch der Labelwechsel etwas damit zu tun?
In der Vergangenheit waren wir stets gezwungen, eine vorgegebene Release-Abfolge seitens des Labels einzuhalten. Es war nicht ausschließlich das Label, welches uns einem solchen Druck ausgesetzt hat, sondern viel mehr äußere Einflüsse. Wir waren nicht die große Band wie heute, weshalb Release-Dates schwieriger zu sichern waren. Für diese Platte haben wir den Vorteil genutzt, zwischen zwei Labels zu stehen, sodass wir genug Zeit hatten, eine wirklich fette Scheibe aufzunehmen. Bei “Traitors“ oder “Heirs To Thievery“ ist alles so schnell passiert, dass wir überhaupt keine Gelegenheit hatten, die Songs oder die Produktion zu reflektieren. Das wollten wir einfach nicht für “The Killing Gods“. Wir wollten unsere Zeit und das Ergebnis genauso, wie es geplant war. So haben wir es auch gemacht.
Ich muss zugeben, dass ich nach den ersten Hördurchläufen ziemlich enttäuscht war, doch dann hat mich das Teil regelrecht gekillt. Würdest du “The Killing Gods“ als härtere Nuss einstufen, als sämtliche Alben zuvor?
Auf “ The Killing Gods“ passiert eindeutig viel mehr als auf seinen Vorgängern. Genau genommen geht es dabei um all die musikalischen Elemente, die wir auf diesem Album benutzt haben. Der Unterschied liegt vor allem darin, dass diese bis zu ihrem vollen Potenzial ausgereizt wurden. Ich könnte das Album nun durchaus verteidigen und sagen, dass Songs wie “Conjuring The Cull“, “The Weakener“ oder “Cross To Bear“ genauso catchy sind, wenn nicht gar noch eingängiger, als Stücke wie “Partisans Of Grief“, “The Carrion Call“, “The Seventh Cavalry“…oder auch “Dissent“ ist ziemlich ähnlich. Die Realität ist allerdings einfach, dass wir wissen, dass wir ein richtig klasse Album eingespielt haben.
Kein Angriff an euch, liebe Leser, doch uns kümmert es einen Scheiss, was irgendjemand von unserer Musik hält. Wir lieben sie, und das reicht uns absolut aus. Ihr solltet die künstlerische Freiheit dahinter zu schätzen wissen. Uns geht es durchaus um das Metalding und wir bleiben uns in dieser Linie treu. Das soll allerdings auch nicht heißen, dass uns die Fans vollkommen egal sind. Wir wollen euch die besten und brutalsten MISERY INDEX liefern, die für euch und uns gut sind. Mit diesem Aspekt im Kopf denke ich, dass die Platte gut ankommen wird…wenn nicht direkt, dann nach ein paar Durchläufen. Es ist ein wirklich guter Release, der es wert ist, mehrfach angehört zu werden. Gerade die zu 100 Prozent organische Produktion hält einiges für euch bereit. Du kannst einfach hören, dass wir uns unsere Ärsche abspielen…keine Trickserei…mit enorm guter Mix- und Mastering-Arbeit. Also, zieht die Kopfhörer auf und ab geht die Fahrt!
Wenn du einen Song nennen solltest, der nach dem ersten Durchlauf sofort im Kopf bleibt, welcher wäre das?
“Conjuring The Cull“ ist ein slammendes Biest mit einem Haufen Heavy-Riffs, coolen Soli und Harmonien…genauso wie schnelles Geblaste, Thrash und Groove. So im Übrigen auch der Titeltrack – der hat alles am Start.
Die ersten fünf Songs auf „The Killing Gods“ gehören zu dem größeren Rahmen mit dem Titel “Faust“ . Ist das die Premiere, dass sich MISERY INDEX an ein derart großes Songprojekt wagt? Wie kam es zu der Idee?
Nicht ganz. Die “Dissent“-EP hat ein ähnliches Setup wie “Faust“. “Faust“ ist quasi ein musikalischer Fortschritt zu “Dissent“ mit einer anderen lyrischen Basis. Das Konzept dahinter ist eine Modernisierung vom zweiten Teil von Goethes Stück. Das Stück dreht sich um Dinge wie Utilitarismus, Sklaverei, Tyrannei, moralische Kompromisse und dunkle metaphysische Einflüsse auf die Erde. Es ist allerdings das erste Mal, dass wir uns musikalisch und thematisch auf eine bereits existente lyrische Basis stützen. Wir denken, dass dies das Level von Anspruch und Bedeutung ein wenig höher setzt als noch auf den Vorgängern.
Bemerkenswert ist sicherlich auch der abschließende Track “Thieves Of The New World Order“, ein Cover von gleich zwei Stücken der Band MINISTRY. Klingt hingegen alles andere als nach einem müden 0815-Cover, oder?
Ja, das stimmt, es handelt sich nicht um ein einfaches Cover. Es ist eine Neuinterpretation der Songs im Grind-Style. Ich mag beide Stücke wirklich und hatte schon immer das Bedürfnis, diese irgendwie mit Blasts neu zusammenzubauen…quasi MINISTRY für Leute mit ADHS. MINISTRY sind wirklich super, doch die alten Stücke sind vielleicht etwas zu lang für die Aufmerksamkeitsspanne des modernen Hörers. Ich weiß es klingt irgendwie ziemlich abgefahren und neben der Spur, doch das Resultat ist echt gut geworden.
Auf den Vorgängerscheiben behandelten MISERY INDEX hauptsächlich empirisch greifbare Themen wie soziale Kernpunkte und auch ein wenig Politik. “The Killing Gods“ klingt nun ein wenig über diese Ebene hinaus oder punktiert es auch den “religiösen Wahnsinn“ auf der Erde?
Es ist dabei besonders wichtig, dass man im Kopf behält, dass die Platte in zwei Teile geteilt ist: “Faust“ und der Rest…wie “2112“ von RUSH. Mit “The Killing Gods“ erhält man genau genommen eine EP und ein Album in einem. In den Stücken wie “Sentinels“,“ Heretics“, “The Killing Gods“,“ Colony Collapse“ und “Gallows Humor“ haben sich die Lyrics nicht wirklich großartig verändert. Diese Stücke hat allesamt Jason geschrieben. Unter der Beratung von Jason habe ich “Faust“ und “Cross To Bear“ geschrieben. Diese Songs haben jeweils einen recht metaphysischen Vibe in sich, denn das ist einfach die Art, wie ich die Welt sehe. Das heißt, die allumfassenden Themen auf “Faust“ sind einfach eine Modernisierung des bereits existierenden Stückes, also dem zweiten Teil. Dort gibt es die Story über eine utilitaristische Welt, welche den Menschen jegliche Persönlichkeit und Kultur aussaugt nur um den Willen der Effizienz . Außerdem geht es um die Kenntnis eines größeren Bösen in den höchsten Machthabern der Erde. Eigentlich ist es in sich eine direkte Kritik, was die gesamten Mächte an sich angeht. Es ist eine andere Art einer Orwellschen Mahnung, gleichsam aber ganz klar eine Warnung, was die Zukunft angeht. “Faust“ folgt der ultimativen Tyrannei bis zu ihrem Ende…metaphysische und physische Vernichtung. Lasst uns hoffen, dass wir nicht zulassen, dass uns das implodierende System irgendwann mit in den Abgrund reißt…
“Cross To Bear“ ist deutlich persönlicher und einfach eine kreative Auseinandersetzung mit dem Zwang, das zu tun, was wir eben tun. Es addiert einen dunklen, emotionalen Aspekt in die Live-Shows und Releases, die wir der Öffentlichkeit präsentieren. Wir beschwören eine dunkle Ermächtigung für den Hörer und für uns selbst.
Ein neues Label, sicherlich eines der simpelsten Artworks, die MISERY INDEX jemals hatte und eine Scheibe, die für eure Verhältnisse außerordentlich komplex erscheint…ist “The Killing Gods“ ein typisches Album für euch oder doch ein größerer Schritt vorwärts?
“The Killing Gods“ ist auf jeden Fall ein Schritt nach vorne. Allerdings keinesfalls ein riesengroßer Sprung. Ich glaube auch nicht, dass unsere Fans einen entsprechenden Sprung unsererseits tolerieren würden, schließlich sind Metalfans enorm konservativ. Sie wollen immer wieder dasselbe, bis sie sich irgendwann gelangweilt fühlen. Während wir wirklich das machen, was uns einfach gefällt, so schauen wir genau, was in den neuen Record passt, um auch die Vene zu treffen, wie unsere Fans das gerne hören wollen. Das heißt, wir müssen abwägen, denn alles hat seine Zeit und seinen Platz. “Heirs To Thievery“ würde vielleicht nicht so gut ins Jahr 2014 wie in 2011 passen…wenn du weißt, was ich meine. Auf der anderen Seite entwickeln sich gute Bands und fordern den Hörer gewissermaßen. Das ist ein anderer Aspekt. Wir machen das Ganze jetzt über ein Jahrzehnt. Wir wissen wie MISERY INDEX sein sollen.
Ist “The Killing Gods“ ein weiterer Schritt in puren Death Metal für dich? Es scheint als sterben die charakteristischen Attacken wie “Embracing Extinction“ oder “You Lose“ langsam aus.
Es handelt sich definitiv nicht um puren Death Metal, aber es geht mehr in diese Richtung. Wie ich bereits vorher angedeutet habe…“The Killing Gods“ nutzt dieselben Elemente wie auf sämtlichen Vorgängern, würfelt diese neu zusammen und geht durchaus einen Schritt nach vorne. Ich gebe zu, dass der schnelle Grinder auf dieser Platte abhanden gekommen ist, doch diese Tatsache ist nicht wirklich auf den Charakter des Albums zugeschnitten. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass “The Calling“ purer Grindcore und auf den Drums wahnsinnig schwer zu spielen ist. “The Calling“ nimmt den Platz von “You Lose“ auf “The Killing Gods“ ein. Keine Sorge, MISERY INDEX werden immer ein gutes Päckchen klassischer Grind-Attacken schreiben. Nur so viel bis hierher. Dieses Mal wollen wir euch mit auf eine besondere Reise nehmen – mit der feinsten Platte bis hierher.
Welcher Song auf “The Killing Gods“ wird ein absoluter Livekiller?
Vor kurzem haben wir “Conjuring The Cull“ und “The Weakener“ live gespielt, und das waren beides Songs, die ordentlich Radau im Pit gemacht haben. Das ist im Übrigen großartig, denn die meisten Leute haben die Songs noch nicht gekannt…gerade “The Weakener“. Um genau zu sein, so ruft “Conjuring The Cull“ ähnliche Reaktionen wie “The Carrion Call“ hervor. Das ist interessant, denn sowohl lyrisch als auch auf einer anderen Ebene, passen die Songs gewissermaßen zusammen. “The Weakener“ ist dann am ehesten mit “The Spectator“ zu vergleichen. Demnach ja…die Erfahrungen im Live-Bereich sind genauso stark wie zuvor!
Zum Schluss drei Worte für “The Killing Gods“ bitte!
Epic As Fuck
Das war es auch schon. Danke dir und macht weiter so! Die letzten Worte gehören dann abschließend dir.
“The Killing Gods“ erscheint in Europa am 23.Mai und in den USA am 27. Bestellt eure Scheibe bei Season Of Mist vor. Bei VEVO gibt es die Premiere unseres neuen Stückes “The Calling“ am 19.Mai zu sehen. Checkt das auch aus!
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Stile | Death Metal, Grindcore |
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