
Kreator
Mascot Case – KREATORs Violent Mind zu Kunst und Gewalt
Interview
Violent Mind von KREATOR ist nicht der Typ für Smalltalk. Anders als vielleicht zu vermuten, ist er jedoch mitnichten ein Zyniker. Im Gespräch entpuppt er sich vielmehr als erstaunlich aufgeschlossener Beobachter des Weltgeschehens. Dass sie per Definition ungefiltert eine Welle menschlicher Gewalt nach der nächsten verarbeiten muss, hat die langjährige Cover-Ikone weder gebrochen noch desillusioniert. Beim Kopf der deutschen Könige des Thrash ist sogar ein Hang zu blumiger Metaphorik erkennbar. Vorhang auf für ein Gespräch über Kunst, über Haltung auf der Kirmes – und natürlich über Musik. Hier kommt eine weitere Ausgabe des Mascot Case.
Violent Mind, wir möchten mit Ihnen über Gewalt reden.
Violent Mind: Das überrascht.
Francis Fukuyama hat ab ’89 und mit dem (vermeintlichen) Ende des Kalten Krieges das „Ende der Geschichte“ konstatiert – den Sieg von Kapitalismus und westlicher Demokratie. Vielfach herrschte damals eine euphorische Stimmung. Und dann erscheinen Sie Ende 1990 auf der Bildfläche – mit zugenähten Augen, verschlossenem Mund …
Violent Mind (lächelt leise): … und Hieronymus Bosch im Hirn.
Dessen „Garten der Lüste“ wurde wiederholt für Artworks verwendet: Von DEEP PURPLE zum Beispiel für „Deep Purple III“ (1969) in schwarz-weiß, der obere, dunkle Teil der Hölle 1987 für CELTIC FROSTs „Into The Pandemonium“. Andreas Marschall hat auch Ihnen auf dem Cover von „Coma Of Souls“ eine Auswahl von Szenen aus diesem Triptychon ins Gehirn gepflanzt. Ihr aufgeschnittener Schädel ist da gnadenlos.
Violent Mind: Ja. Wobei meine Gedanken da großteils in Boschs Stil gestaltet sind, weniger direkt übernommen. Bis auf das große Messer (atmet tief ein). Und das ergibt ja auch Sinn. Im Höllenflügel des Original-Triptychons werden schließlich vor allem Musikinstrumente zur Folter der verurteilten Menschen herangezogen.

Der Einstand von Violent Mind auf „Coma Of Souls“
Als Warnung, sich nicht der Sünde weltlicher Musik hinzugeben.
Violent Mind: So kann man es sehen. KREATOR setzen die Prioritäten etwas anders.
KREATOR setzen in den Neunzigern auf Violent Mind …
Lassen Sie uns über „Coma Of Souls“ sprechen, Ihren Einstand in der Szene. Mille hat einmal im Interview mit dem Ox-Magazin gesagt, das Thema des Albums sei, dass die Menschen gar nicht ihr echtes Leben lebten, sondern sich in einem Koma befänden.
Violent Mind: Ich (das linke zugenähte Auge deutet ein Zwinkern an) denke, es geht ihm darum, dass im Menschen das Potenzial zu einem friedvollen Leben angelegt ist, in dem sich alle im konstruktiven Miteinander verwirklichen können …
Das klingt nach kommunistischer Utopie …
Violent Mind: Es klingt für mich danach, an das Gute im Menschen zu glauben. Trotz der Realität, die mir eingeschrieben ist: fortwährender Krieg, angeheizt durch religiösen Fanatismus, durch Gier. Das ist der entscheidende Unterschied zu Fukuyama und Meine: Die Beurteilung der Realität. Ist es auch ein Allgemeinplatz? Bemerkenswert finde ich in der Tat, dass KREATOR 1990 bewusst aggressiv in das von Ihnen eingangs beschriebene Szenario des „Wind Of Change“ gegrätscht sind. Mit mir.
Wobei das direkte Vorgängeralbum von 1989 auch schon „Extreme Aggression“ hieß, frühere Titel lauteten „Endless Pain“ oder „Pleasure To Kill“.
Violent Mind: Natürlich. Wir reden hier von Oldschool Thrash. Da war auch schon vor mir wenig Raum für Maniküre und Minne. Hier geht es ums Hände-dreckig-Machen und um Wut. Aber die Aggression ist auf „Coma Of Souls“ zielgerichtet. Abgesehen von einzelnen Stücken war die Gewalt bei KREATOR bis dahin vor allem roh zusammengekloppte lyrische Stütze für die musikalische Raserei. Die Gesellschaftskritik rückt nun, wie gesagt, wenigstens deutlicher als noch in den Achtzigern in den Fokus.
Der Opener „When The Sun Burns Red“ könnte im Jahr 2025 auf Transparenten zitiert werden.
Violent Mind: Ja. Milles apokalyptische Vision ist eindeutig (zischt leise hervor): Savage heat is searing, global warming has begun, mother earth is reeling, no protection from the sun … Face the end of time, as we plunge headlong towards the day, can’t deny the signs, when the sun burns red, the earth will turn, from blue to grey!
Sie kennen den Text auswendig.
Violent Mind: Ich muss. Und das ist in Ordnung. „Coma Of Souls“ ist meiner Meinung nach ohnehin KREATORs Meisterwerk (lächelt). Und nicht nur, weil es auch mein Debüt ist.
Mehr zu Kreator
| Band | |
|---|---|
| Stile | Old School Thrash Metal |
Interessante Alben finden
Auf der Suche nach neuer Mucke? Durchsuche unser Review-Archiv mit aktuell 38102 Reviews und lass Dich inspirieren!
Kreator auf Tour
| 01.04.26 | Kreator – UK and Europe Tour 2026Kreator, Carcass, Exodus und NailsHalle 622, Zürich |
| 04.04.26 | Kreator – UK and Europe Tour 2026Kreator, Carcass, Exodus und NailsGrugahalle, Essen |
| 05.04.26 | Kreator – UK and Europe Tour 2026Kreator, Carcass, Exodus und NailsDie Halle, Frankfurt am Main, Frankfurt |
| Alle Konzerte von Kreator anzeigen » | |



Marek Protzak
































Kommentare
Sag Deine Meinung!