At The Gates - Terminal Spirit Disease

Review

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.

Galerie mit 24 Bildern: At The Gates - Wacken Open Air 2022

1994 waren AT THE GATES bereits eine etablierte Band, doch hätte niemand erahnen können, wie weit das Götheborg-Quintett seinen Kultstatus mit dem ein Jahr später veröffentlichten “Slaughter Of The Soul” und ihrer darauf folgenden Auflösung erreichen würden. Dabei sei der unscheinbarere Vorgänger “Terminal Spirit Disease” das nach Ansicht der Songwriting-Zwillinge Anders und Jonas Björler bessere Album. Eine Ansicht, die man durchaus teilen kann, aber definitiv nicht muss. Warum? Das wollen wir im dieswöchigen Blast From The Past darlegen.

AT THE GATES manifestieren 1994 ihren Stil

Fakt ist: “Slaughter Of The Soul” hat seinen Klassikerstatus deswegen zurecht, weil vierunddreißig erbarmungslose Minuten lang ohne Luft zu holen aufs Brutalste durchgeprügelt wird und der typisch schwedische Death Metal mit Melodien für die Ewigkeit und Texten zum ernsthaften Nachdenken angereichert war. Es gibt in der Geschichte nur wenige Alben, die so rund und perfekt sind. “Terminal Spirit Disease” hingegen wirkt bereits auf den ersten Blick etwas merkwürdig, eher wie eine EP oder ein Mini-Album für zwischendurch. Auch hier 35 Minuten Spielzeit, dafür aber sind die letzten drei Songs Live-Aufnahmen von den bereits bekannten, älteren Songs “All Life Ends”, “Kingdom Gone” und “The Burning Darkness”. Wofür das damals unbedingt nötig war, weiß niemand so recht, außer der Plattenfirma, die diesen Weg damals erzwungen hatte. Man hört den Recordings an, dass Tompa Lindberg und Co. schon immer eine umwerfende Live-Band mit der Energie eines Hagelsturms war – dennoch ist die Soundqualität dieser Tracks bestenfalls Durschnitt. Zudem ist das Cover Artwork ein klassischer Fall von “Nun ja …”.

Wenden wir uns also dem eigentlichen Songmaterial von “Terminal Spirit Disease” zu. Anhand dessen ist das bandinterne Favorisieren dieses Albums schon eher verständlich, bildet es doch im Gegensatz zum Vorgänger “With Fear I Kiss The Burning Darkness” die Blaupause für heute als typisch empfundenes Material von AT THE GATES. Als Beleg dafür kann gleich der Opener “The Swarm” dienen. Einer der besten Songs sowohl im Kosmos der Band als auch im melodischen Death Metal insgesamt, bestehend aus epischem Cello-Intro, zynischem Text und einem unvergleichlich eingängigen Mitgröhl-Refrain. Typisch für AT THE GATES ist der Song nach nicht mal dreieinhalb Minuten vorbei, obwohl man beim ersten Hören schon das Gefühl hat, ein gänzlich neues Repertoire an Gefühlen verliehen bekommen zu haben.

“Terminal Spirit Disease”: Ambivalenter Eindruck trotz überragender Musik

Das Gleiche gilt auch für die übrigen Original-Songs von “Terminal Spirit Disease”. An jeder Ecke klopft der punkig-getriebene Uffta-Uffta-Stil mit den melancholischen Melodien. Besonders herausragend sind noch die emotionale Achterbahnfahrt “Forever Blind” und “The Beautiful Wound”, das interessanterweise den Stil jüngerer Alben wie “To Drink From The Night Itself” oder “The Nightmare Of Being” etwas vorweggreift. Ähnlich wie auf “Slaughter Of The Soul” gibt es mit “And The World Returned” auch ein ruhiges Instrumental-Interludium.

Dies führt allerdings zu einem bereits eingangs erwähnten Problem: Obwohl es stets als Full-length gelistet wird, fühlt sich “Terminal Spirit Disease” eher wie eine EP an, da hier – aus damaliger Sicht – “nur” knapp 19 Minuten mit neuen Metal-Songs geliefert wurden. Diese hatten es allerdings in sich und sollten das noch junge Melodic-Death-Metal-Genre (und später auch einige Copycats im Metalcore) nachhaltig beeinflussen.

Ein interessanter Meilenstein in der längst nicht abgeschlossenen Entwicklung von AT THE GATES

Gewiss seien zum Einstieg in die Welt von AT THE GATES eher “Slaughter …”, “The Nightmare Of Being” oder das fabelhafte 2014er-Reunion-Werk “At War With Reality” empfohlen. Hat man sich in diesen intensiven Sound erst verliebt, muss man “Terminal Spirit Disease” auch sein Eigen nennen. Natürlich wirkt die Platte auch 28 Jahre später noch etwas skurril aufgebaut, die fünf bzw. sechs (mit Interlude) Original-Songs des Albums haben jedoch nichts als Qualität in sich. Müsst ihr unbedingt mal wieder auflegen!

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02.11.2022

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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1 Kommentar zu At The Gates - Terminal Spirit Disease

  1. destrukt. sagt:

    Alles sehr trefflich beschrieben, gibts eigentlich nichts hinzuzufügen. Aber dieses unfassbar nice Cello-Intro in „The Swarm“… wie oft hab ich das immer und immer wieder zurückgespult und nochmal angehört.. 😀

    8/10