At The Gates - The Nightmare Of Being

Review

Soundcheck Juli 2021# 1 Galerie mit 24 Bildern: At The Gates - Wacken Open Air 2022

Nach dreijähriger Pause und gleichzeitig über 30-jährigem Band-Bestehen, veröffentlichen AT THE GATES Ihr siebtes Studio-Album. Der Titel “The Nightmare Of Being” klingt natürlich wie eine Warnung an all diejenigen, deren Gläser halb voll sind. Folglich lösen die Schweden im Verlauf der Platte das Versprechen ein, keine fröhlichen, weltumarmenden Songs komponiert zu haben. Im Vorfeld konnten wir bereits einen ersten Eindruck zu den neuen Tracks und der geänderten Marschrichtung der Göteborger während einer Pre-Listening-Session gewinnen, bei der die anwesenden Presse-Vertreter durchweg beeindruckt waren.

Keine Fröhlichkeit, dennoch viel Freude

Nach einem feinfühligen Auftakt an der Konzertgitarre, geht mit “Spectre Of Extinction” in gewohnter Weise die Post ab. Sofort wird klar: Die Produktion steht breitbeinig und hünenhaft auf einem Sockel von flächigen Melodien und treibenden Beats. Sänger Thomas “Tompa” Lindberg klingt hie und da ein wenig heiserer als sonst, was er selbst augenzwinkernd als “erwachsen” bezeichnet. Das Songwriting konzentriert sich auf abwechslungsreiche Arrangements, wobei die Band selbst vor schnulzigen Tremolo-Effekten, Streicher-Ensembles und Saxofon-Einsätzen keine Angst hat.

“The Nightmare Of Being” und ein Hauch von Prog-Rock

Der Titeltrack walzt im letzten Drittel eine Schneise der Verwüstung in die Gehörgänge, wenngleich Lindberg zuvor mit Sprechgesang ein kleines Wagnis eingegangen ist. Gefolgt wird das Stück von “Garden Of Cyrus”, das mit Death Metal in etwa so viel zu tun hat, wie frittierte Schokoriegel mit gesunder Ernährung. Erstmals ertönt zwischen progressiven Breaks das Saxofon und transformiert den Song zu einer Hommage an die Band-Lieblinge von KING CRIMSON.

AT THE GATES inkognito

“The Fall Into Time” skizziert wunderbar, zu welchen Ufern sich die Band aufgemacht hat. Ein geschmackvoller Stilwechsel in der Songmitte wird getragen von einem fast antiken Basslauf, während unterschwellige Bedrohungen aus den Boxen zu kriechen scheinen. Einen entscheidenden Beitrag dazu leisten Elemente wie Chorale und Paukenschläge. Das Auftakt-Riff zu “Cult Of Salvation” erinnert kurzzeitig an die Vorgängerplatte “To Drink From The Night Itself”, die bekanntlich nicht jedermanns Nerv treffen konnte.

“The Nightmare Of Being” stellt aber mitnichten ein Konsensalbum in der Diskografie der Schweden dar. Die Kompromisslosigkeit mit der AT THE GATES sich klammheimlich den Prog-Anzug mit fein eingearbeiteten Nadelstreifen angezogen haben, ist beispiellos. Freunde von OLA ENGLUND, SOEN und MESHUGGAH sind mit den zehn Songs bestens bedient, Death-Metal-Heads der ersten Stunde werden allerdings ihren Horizont erweitern müssen um sich nicht über eine vermeintliche Fehlinvestition zu ärgern.

Kein Identitätsverlust im Alter

Andererseits kann man der Band kein aufgesetztes Hipstern vorwerfen, denn dafür bedienen sich die Musiker nach wie vor ihrer prägenden Stilmittel. Von jeher verkörperten AT THE GATES nicht den stereotypischen Schweden-Death-Metal, was natürlich in erster Linie an Lindbergs unkonventionellem Bellen und Keifen liegt. Damit finden sich auch auf “The Nightmare Of Being” keine eindeutigen Trennlinien zwischen Black- und Death Metal sowie Metal-Core und Prog-Rock.

26.06.2021

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9 Kommentare zu At The Gates - The Nightmare Of Being

  1. Wigrid sagt:

    Das beste von ATG seit dem legendären Slaughter Album! Die Produktion ist auch wieder besser, nicht so verwaschen und dünn wie beim letzten Album. Alles etwas experimentieller alls gewohnt (Saxophon) aber stören tut es mich nicht, da es sich gut in den Gesamtsound integriert. Starkes Album!

    8/10
  2. Berthold.Brechteisen sagt:

    Echt starkes Album, wenn ich auch noch nicht ganz warm werde damit, aber ich denke mal, dass wird noch.

  3. Lysolium 68 sagt:

    Habe das Album jetzt einige Male gehört und finde
    das es sich gut einreiht bei den letzten beiden Alben.
    Ich finde es jetzt nicht so extrem spektakulär anders
    das ich das Gefühl hätte da ist eine ganz andere Band
    am Werke. Lindbergs Gesang ist natürlich wieder sehr
    speziell und es kann nicht schaden wenn man Tim Baker
    oder van Drunen mag. Das Album ist auf jeden Fall ein Grower.

    8/10
  4. daniel sagt:

    whow !! ist das kreativ, energiegeladen, düster und trotzdem in sich rund und stimmig !! hatte überhaubt keine probleme mich warm zu hören. wurde ja viel geschrieben das es n paar durchläufe braucht. war bei mir nicht der fall !! das ist echt ein top album ! würde noch nicht mal sagen das es besser als seine 2 vorgänger ist aber an einfallsreichtum und abwechslung absolut nicht zu überbieten !! bin echt beeindruckt !!!!

    9/10
  5. nili68 sagt:

    Das könnte die beste Band aller Zeiten sein, aber wie kann man diesen Gesang mögen? Der macht mich schon fast aggressiv (im negativen Sinne) und ruiniert alles. Ist natürlich nur ’ne rhetorische Frage..

  6. daniel sagt:

    ja die stimme ist schon sehr speziell da gebe ich dir recht. hab auch etwas gebraucht bis es mich voll erreicht hat ! aber seit der letzten platte hat die band mich voll abgeholt. stimme ist ein mächtiger faktor ob die band einem gefällt oder eben nicht ! aber grad auf der aktuellen gibt es seitens der stimme auch enorm viele facetten…ich weiß das es für dich dabei keine rolle spielt ! 😉

  7. nili68 sagt:

    Ja, Geschmäcker halt. Das könnte mit anderem Gesang, lediglich meiner Meinung nach, halt viel besser sein. Ich sag‘ ja nicht mal, das der Gesang technisch schlecht ist, nur.. Geschmack halt. 😉

  8. dan360 sagt:

    Seh‘ ich auch so wie nili68, konnte mich mit dem Gesang nie anfreunden, macht mich auch eher aggressiv bzw. nervt mich nach 2 Songs unnormal, was mich etwas traurig macht, da das Instrumentale bzw. das Songwriting sehr geil ist. Mit nem anderen Sänger würde ich sie abfeiern. Gibt Bands, da kann ich drüber weghören.. bei ATG fällt es mir schon extrem schwer ein Album durchzuhören.. leider, leider.

  9. destrukt. sagt:

    Ja, Tompas Gesang war schon immer speziell, aber hat dafür auch einen maximalen Erkennungswert. Auf dieser Platte sogar mit etwas mehr Hardcore-Einschlag als gewohnt. Kann mir vorstellen, dass das auch eine Art Hommage an die belgische Hardcoreszene der 90er gedacht ist (und evtl. auch etwas stimmschonender…). Definitiv ein Grower und das reifste Album der Bandgeschichte, dennoch unverwechselbar ATG mit feistem Björriffing. Und dass die Band nach 30 Jahren Bandgeschichte (wenn man die Trennung jetzt nicht miteinbezieht) keinen Bock hat, SOTS 2.0 aufzunehmen, kann ihr schwerlich einer vorwerfen.

    9/10