Die Toten Kehren Wieder Mit Dem Wind - Ein Wanderer

Review

Auch noch nach fast einem Jahrzehnt reger Untergrund-Aktivität mutet der Name dieses deutschen Ein-Mann-Projektes etwas pathetisch an; andererseits jedoch sollte man das Bemühen um Nonkonformität auch dann zu schätzen wissen, wenn das Resultat vielleicht nicht ganz den persönlichen Geschmack trifft. Denn Originalität ist in Black-Metal-Kreisen seit nunmehr zwei Dekaden bekanntermaßen rar gesäht. Wie die vorangegangenen DIE TOTEN KEHREN WIEDER MIT DEM WIND-Alben kommt auch „Ein Wanderer“, das bereits sechste Lautgeben des Protagonisten Bradhenr, wieder im aufwendig handgefertigten und gebundenen, daher äußerst ungewöhnlichen Digipack. Das unterstreicht, dass da jemand nach wie vor bemüht ist, sich von der endlosen Masse der öden Schwarzwurzel-Klone abzuheben.

Der etwas alt-BURZUMeske, minimalistische Black Metal früherer Veröffentlichungen des Kölners ist mittlerweile völlig in den Hintergrund getreten, ebenso wie das Gekreische, irrsinnige Grollen oder geheimnisvolle Flüstern, das nur noch ganz selten und leise einmal – auf zwei, drei der acht langen Wegabschnitte – aus dem Unterholz dringt. Stattdessen dominiert der immer schon präsente Ambient-Charakter bei ausgiebigem Windrauschen, Wasserplätschern und zahlreichen anderen, schwerer definierbaren Geräuschen. Sanfte, gedankenverlorene Tonfolgen formen in Symbiose damit das 71-minütige Abbild der Reise des titelgebenden Wanderers. Eine Reise ins Unbekannte, ständig schwankend zwischen Neugier und latentem Unbehagen, sich niemals jedoch in Regionen des Kitschs und der Abgedroschenheit verirrend, wie man vielleicht aufgrund der oben genannten Naturlaute vermuten kann.

Viel mehr noch als vorangegangene DIE TOTEN KEHREN WIEDER MIT DEM WIND-Werke gebärdet sich „Ein Wanderer“ so eher als potentiell bewusstseinserweiterndes, viel Zeit einforderndes Klangexperiment denn als direkt Wirkung entfaltende Musik für den durchschnittlichen (Black-)Metal-Konsumenten. Die alten, metallischeren und ungestümeren Aufnahmen wie etwa „Am Ufer des Sees“ hatten es da sicherlich leichter, was ihnen Atmosphäre und Qualität aber im Umkehrschluss nicht absprechen soll. Der neueste Versuch Bradhenrs reicht zwar nicht ganz an die Klasse ähnlicher Projekte wie PAYSAGE D’HIVER heran, aber wirkt in seiner Hingabe sympathisch und ehrlich. Und anders als der Projektname völlig ungekünstelt.

07.06.2013

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