Jimi Hendrix - Hear My Train A Comin'

Review

Als JIMI HENDRIX 1969 in der Dick Cavett Show gefragt wird, welches Kompliment er gerne hören möchte, antwortet er leicht genervt, aber ruhig, dass er nichts auf Komplimente gebe, ja dass sie ihn eher verwirrten. Denn die Kollegen, die sich auf Komplimenten ausruhen würden, wären fett und zufrieden und würden ihr Talent aus dem Blick verlieren.

Nur ein kleiner Ausschnitt, der den Antrieb des Musikers JIMI HENDRIX beleuchtet, die Frage nach seinem Streben. Ein schwieriges Unterfangen, und ein Teil der Fragestellung, die der knapp zweistündigen Dokumentation „Hear My Train A Comin'“ zugrunde liegt. Der Film versucht das Leben des amerikanischen Musikers nachzuzeichnen, diese kurzen 27 Jahre des Ausnahmegitarristen, der 1942 in ärmlichen Verhältnissen in Seattle geboren wurde und am 18. September 1970 in London, dem Ort, wo seine Karriere startete, starb. Dazwischen lag ein unstetes Leben, in dem es aber auch einige Konstanten gab: Die Gitarre war immer dabei, genauso wie Frauen. Und dann die vier Jahre, in denen JIMI HENDRIX mit seiner Band THE JIMI HENDRIX EXPERIENCE die Bühnen der Welt eroberte. Von Triumphzügen wie auf dem Miami Pop Festival im Mai 1968 über den Auftritt bei Woodstock (witterungsbedingt erst am Abreisetag) bis hin zu Tiefpunkten wie der Auftritt auf dem Love & Peace Festival auf Fehmarn im September 1970.

Über vierzig Jahre nach seinem Tod eine Dokumentation über sein Leben und seine Karriere zu machen, ist natürlich eine Herausforderung: Viele seiner Angehörigen, Mitmusiker und Mitstreiter sind tot, und somit muss auf das Film- und Archivmaterial zurückgegriffen werden, das verfügbar ist. Für die frühen Tage zieht man deshalb Briefe von JIMI HENDRIX an seinen Vater heran, über seine Zeit als Musiker haben genügend Kollegen noch Zeugnis ablegen können. Und eben seine Vertrauten und drei seiner engen Freundinnen: Linda Keith, Faye Pridgeon und Colette Mimram, die ein wenig über den Menschen JIMI HENDRIX berichten können, der anders als auf der Bühne privat unglaublich schüchtern gewesen sein muss.

Diese Annäherung an den Menschen ist zweifellos eine der Stärken von „Hear My Train A Comin'“. Daneben geht die Dokumentation aber auch auf die Musik ein: So „zerlegt“ Soundengineer Eddie Kramer am Mischpult noch einmal die verschiedenen Gitarrenspuren, die bei den Aufnahmen zusammenspielen. Und der Film thematisiert auch musikhistorische und soziokulturelle Aspekte: Wie verhält sich THE JIMI HENDRIX EXPERIENCE als Band mit einem schwarzen und zwei weißen Mitgliedern zur Bürgerrechtsbewegung?

An anderer Stelle spart die Dokumentation Erklärendes aus: Warum JIMI HENDRIX überhaupt bei den Fallschirmspringern gelandet ist (um nicht in den Knast zu wandern), bleibt gänzlich unerwähnt, und der Split von THE JIMI HENDRIX EXPERIENCE, schwächere Konzerte und übermäßiger Drogenkonsum in der Spätphase werden nur in Halbsätzen erwähnt. Teilweise entsteht der Eindruck, als fasse man den Protagonisten mit Samthandschuhen an, was eigentlich gar nicht nötig ist: Gehören nicht solche Brüche und Geschichten zu einem intensiven Leben, das Hendrix zweifellos gelebt hat, einfach dazu?

Nichtsdestotrotz ist „Hear My Train A Comin'“ eine feine Dokumentation, und die DVD hat noch ein paar Leckerbissen parat: Dazu gehört der legendäre Auftritt auf dem Miami Pop Festival und der Fernsehmitschnitt von „Purple Haze“ in Top Of The Pops im März 1967. Eher dokumentarischen Charakter haben dagegen die Auftritte auf dem New York Pop Festival und auf dem Love & Peace Festival, dem letzten offiziellen Gig von JIMI HENDRIX vor seinem Tod.

18.11.2013

- Dreaming in Red -

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