King Crimson - In The Court Of The Crimson King - An Observation By King Crimson

Review

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.

Wenn über Prog geredet wird, egal in welcher Subkategorie man sich nun aufhält, kann man sicher sein, dass über kurz oder lang der Name KING CRIMSON fällt. Und sind wir mal ehrlich: Die sich ewig um den als typisch britischen Exzentriker geltenden Gitarristen, Bandchef und einzig konstantem Mitglied Robert Fripp herum wandelnde Band ist auch eine der ganz großen des Prog, die das Genre in den frühen Siebzigern maßgeblich mitgeprägt hat und und auch heute noch masssenhaft Inspiration liefert, sei es durch ihre experimentelleren Spätwerke oder durch ihre Live-Shows, die mit ganzen drei Schlagzeugern bestritten werden.

In nahezu jeder Phase ihres Schaffens von den massiven Besetzungswechseln – Fripp selbst hat gerne fleißig am Besetzungskarussell gedreht, um die Band konstant frisch zu halten – und mehreren, vorübergehenden Auflösungen gezeichnet blickt die Band auf einen stilistisch extrem breit aufgestellten Backkatalog an Alben zurück. Und damit ist noch nicht einmal die Mannigafaltigkeit von Live-Aufnahmen, EPs, die ProjeKcts und B-Seiten mit eingerechnet.

Kurz gesagt: Das gesamte Œuvre von KING CRIMSON ist kaum überschaubar. Und selbst wenn man eben „nur“ die 13 Studiowerke in Betracht zieht, welche die Band seit 1969 veröffentlicht hat, sieht man sich immer noch mit einer Band konfrontiert, die sich stetig weiterentwickelt hat, nein: weiterentwickeln musste.

Die Umstände der sich stets wandelnden Lineups trieb KRING CRIMSON hin zum Punkt, dass sich die Werke von Phase zu Phase dergestalt unterscheiden, als würde man jedes Mal eine komplett andere Band hören. Was ja irgendwo auch stimmt, denn wie bereits angedeutet war das Lineup der Band alles, nur nicht stabil. Die einzige Konstante eben war Robert Fripp, ist er bis zum heutigen Tage gar.

Die klassische KING CRIMSON-Phase

Am prominentesten ist wohl die klassische Phase von KING CRIMSON, jene, welche die ersten vier Alben umspannt und wohl am meisten zitiert wird. Diese endete mit dem verträumten „Islands“ voller farbenfroher Instrumentierungen und einem der wohl emotionalsten und – man verzeihe mir die subjektive Wortwahl – schönsten Titeltracks des Band-Backkatalogs.

Davor kam „Lizard“, quasi der konsequente Gegenentwurf zu „Islands“, ein weitestgehend akustisch gehaltenes Album, das eine sonderbar surreale Atmosphäre heraufbeschwört. Noch gegen Mitte des selben Jahres (1970) wurde „In The Wake Of Poseidon“ veröffentlicht, dem man gerne eine verblüffende Ähnlichkeit zu seinem Vorgänger unterstellt. Und dieser Vorgänger ist *Trommelwirbel* …

… „In The Court Of The Crimson King – An Observation By King Crimson“ (im folgenden nur noch „In The Court Of The Crimson King“ genannt). Man erwischt sich natürlich schnell dabei, in den Tenor einzusteigen, dass dieses Album den Prog als solchen begründet hat, aber es wurden schon ganze Folianten mit Diskussionen gefüllt darüber, was denn nun wirklich das erste Prog-Album der Musikgeschichte gewesen ist.

Denn der Wille, zu experimentieren und Songs über die Grenzen des Rock hinaus zu komponieren, ist ja nicht erst von jetzt auf gleich entstanden, zumal Bands wie YES und JETHRO TULL technisch gesehen schon zuvor mit ihren Debüts dran gewesen sind. Doch „In The Court Of The Crimson King“ erwies sich als eine ganz andere Hausnummer dessen, was in der Folge respektive dem folgenden Jahrzehnt ein künstlerisches Eigenleben entwickeln und bis heute unzählige Bands inspirieren sollte, die dem ikonischen Sound der klassischen KING CRIMSON auch jetzt noch nacheifern – ANEKDOTEN seien mal als einschlägiges Beispiel genannt.

Eines der legendärsten Debüts aller Zeiten

Das Album beginnt mit „21st Century Schizoid Man“, dem wohl bekanntesten Track der Platte und einem, der schon zig mal gecovert worden ist, unter anderem von VOIVOD und SHINING (den Norwegern, nicht den Schweden). Der Song eröffnet mit dem bekannten Riff, das auch heute noch sehr heavy klingt und dank der jaulenden Saxofon-Leads von Ian McDonald eine fast schon sinistre Stimmung verbreitet, ehe die verzerrten, aggressiven Vocals von Greg Lake einsetzen und die pointierte Lyrik von Peter Sinfeld erstmals ihre volle Wirkung entfalten kann. Mittendrin schiebt die Band ein wildes Bebop-Intermezzo namens „Mirrors“ ein mit einer Vielzahl an Rhythmuswechseln, in dem auch die Intensität variiert wird, ehe der Track zu seinem Ausgangspunkt zurückkehrt.

Weiter geht es mit dem deutlich ruhigeren „I Talk To The Wind“, dessen Leads dem Titel gemäß von Blasinstrumenten dargestellt werden. Trotz seiner balladesken Züge klingt das Lied immer noch wie ein Rock-Song, vor allem dank dem geschäftigen Schlagzeugspiel von Michael Giles. Und die Eleganz, mit welcher der Song vorgetragen wird, über das luftige Intro über die Strophen und Refrains hin zum grandiosen Flötensolo von Ian McDonald ist bemerkenswert.

Dem schließt sich mit „Epitaph“ der wohl hymnbischste Song an, der vor allem durch seine Kombination aus akustischen Gitarren und dem Mellotron besticht. Über die Strophe hinweg baut sich der Track langsam immer mehr auf bis hin zum Refrain, bei dem Greg Lake die Dramatik an ihren Höhepunkt treibt. Die melancholische Atmosphäre des Songs wird unter anderem auch durch den instrumentalen Zwischenpart unterstrichen, der sich wieder sehr geschmeidig in den Track einfügt und lediglich erahnen lässt, wie viel Zeit für die Ausarbeitung des Songs investiert worden ist.

„Moonchild“ ist wieder ruhiger ausgefallen und eigentlich ein kurzer Song, dem jedoch eine längere Improvisation von eher minimalistischem Charakter folgt. Abgeschlossen wird das Album dann wiederum durch seinen bekannten Titeltrack, der sich dank seiner prägnanten Lead-Melodien garantiert in den Gehörgängen fest beißt. Auch hier hat das Mellotron wieder eine tragende Rolle inne, die in der Hook durch den flächigeren Gesang ergänzt wird.

„In The Court Of The Crimson King“ fasziniert bis heute

Fürwahr, die Faszination für das legendäre Debüt von KING CRIMSON reißt auch mittlerweile fast 50 Jahre nach Erscheinen nicht ab. „In The Court Of The Crimson King“ ist dabei jedoch nicht der Inbegriff von Frickelkunst und klingt im Vergleich zu späteren Werken der Band deutlich eingängiger, ohne dass das Album auch nur ein bisschen an musikalischem Gehalt eingebüßt hat. Diesen Gehalt spürt man jedoch einfach an der schieren Klangqualität und der enormen Liebe zum Detail.

Man mag von den späteren Werken halten was man will. Man kann den New Wave-Alben der Band zu viel Pop und den Post-„Thrak“-Arbeiten – zum Beispiel etwa „Level 5“ von „The Power To Believe“ – zu viele mathematische Verschachtelungen vorwerfen. Doch „In The Court Of The Crimson King“ bleibt eines der schillerndsten, besten und wegweisendsten Alben der Rockmusik, das ein jeder, der sich auch nur im entferntesten für Prog interessiert, mindestens mal kennen muss. Punkt.

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19.09.2018

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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1 Kommentar zu King Crimson - In The Court Of The Crimson King - An Observation By King Crimson

  1. nili68 sagt:

    Wirklich phantastisches Album. Ich höre da teilweise auch Pink Floyd raus, aber das war halt der Sound der Zeit im Art-Rock.

    10/10