Lazarus Blackstar / Black Shape Of Nexus - Split-LP

Review

Verehrte Freundinnen und Freunde der abseitigen Kunst, das Kennerlabel Alerta Antifscista gebärt an dieser Stelle in einer qualvollen Zangengeburt zweieiige Zwillinge von beeindruckender Statur.

Der erste hört auf den Namen LAZARUS BLACKSTAR; seine Kunst stampft im (Pulsader-) eröffnenden „Command And Control“ voluminös und sumpfig verzerrt vor sich hin, wird in der Mitte in den ultra-langsamen Doom-Modus erdrosselt und kombiniert dabei tiefes Gegrowle mit hintergründig manischem Geschrei und vereinzelt kräftigem Klargesang. Leads mit leichter BOLT-THROWER-Kante runden das Ganze ab. „Whispering Through Broken Teeth“ hat noch etwas mehr melancholischer Melodie gestattet bekommen, ist vom Flüstern aber weit entfernt und für Minderjährige ebenso wenig zu empfehlen.

Die zweite Ausgeburt neben dem BLACKSTAR allerdings fasziniert noch mehr, schon der Name: Ohne jetzt groß recherchiert zu haben, klingt BLACK SHAPE OF NEXUS für mich irgendwie nach Matrix, Kälte und Bösartigkeit – und wenn er sich zusammenzieht, sozusagen auf den eigenen Nexus konzentriert, kommt plötzlich ein muskulöses, wildes Tier zum Vorschein: B.SON. Das haut hin – und zwar so, dass da kein Gras mehr wächst, nicht in der Savanne und auch nicht irgendwo zwischen Stahl und Beton in der Industriebrache. Dieser B.SON ist gemein und anstrengend, rockend und rettend zugleich – wobei ich gestehen muss, dass mein Herz nicht neutral ist, seitdem ich ihn letztes Jahr beim Hell Over Hammaburg (in einer früheren Inkarnation?) bereits in realiter erleben durfte. Seitdem bin ich regelrecht ehrfürchtig.

Kurzer Exkurs daher ausnahmsweise: Sänger Malte Seidel nämlich gemahnt in Aktion an eine Kreuzung aus dem aktuellen Exodus-Frontproll ohne –proll (Masse), dem späteren GG Allin (Bewegung) und einem handelsüblichen Zombie (auch Bewegung und v. a. wegrollende Pupillen wie weiland Petrus Steele). Der Typ ist wirklich mal eine Attraktion, wie der sich durch die Songs leidet und windet. Und die Krönung: Er hat um den Hals so ein Kehlkopf-Mikro hängen – wahrscheinlich könnte man ihn dadurch, sicher ist sicher, im Notfall dann doch spontan und ferngesteuert außer Gefecht setzen -, dem er zum einen mittels elektrischer Zahnbürste (?) fiese Kracheffekte entlocken kann und welches zum anderen einen anderen unglaublichen Effekt hat: Ohne distanzierendes Mikro-Gedöns vor dem Gesicht kann der Gute so frontal Richtung Publikum resp. dem vermaledeiten Schicksal brüllen, dass man in der dritten Reihe noch locker sein vibrierendes Zäpfchen sehen kann. Supergeil! Und der Rest? Rockt unfassbar.

Noch Fragen? Die zwei Songs auf der aktuellen Split-EP knipsen dieses Kopfkino jedenfalls sofort wieder an – fast so unbarmherzig wie auf der letzten 10-Punkte-LP „Negative Black“: „Honor Found In Delay“ nämlich gemahnt nicht nur im Titel an NEUROSIS. Von Feedback-Schleifen unterdronet rifft sich das Monster unaufhaltsam nach vorn, nach der Hälfte übernimmt der Bass kraftvoll die Führung und des Hörers Synapsen jubilieren. Wenn der Sänger dann wieder und wieder „repeat!“ brüllt, dann trifft das zwar zu – nur Banausen aber überhören die faszinierende Spannung, die dieser Art der kunstvollen Monotonie inne wohnt. Und abschließend gibt es Geschrei. Das folgende „Always And Only“ setzt nur leicht andere Akzente; von der Rhythmik her erinnert der NEXUS hier an doomige UNSANE, wobei die Grenzen selbstverständlich fließend sind und jeder wohl andere Bezugspunkte findet. Parallel zum vokalischen Austicken am Ende des vorhergehenden Songs wird dieser hier dann von einem Orwell-Zitat abgeschlossen: „If you want a picture of the future, imagine a boot stamping on a human face – for ever“. Das ist vielleicht nicht sonderlich originell, aber hier der passende zynisch-realistische Arsch auf dem löchrigen, verrosteten Eimer der Gesellschaft. Nun ja.

Und noch ein Wort zu künstlerischer Bösartigkeit. Natürlich wenden sich ganz unterschiedliche Bands und Genres der Dunkelheit zu. Aber im Ernst: So einige widmen sich ja wahlweise dem (Anti-)Kosmos oder Mutter Gaia bzw. umarmen den mythischen Weltenbaum – die Kollegen von dieser Split waren schon da und haben ihn angepisst. Und damit radioaktiv verseucht. Ha! Was macht ihr nun?

P.S.: Einer von den B.SON-Jungs hat einen AmRep-Pulli. Es MUSS sich um einen guten Menschen handeln.

07.02.2014

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