Ach Earache, was ist bloß aus euch geworden. Früher wart ihr nicht nur eine Extrem-Metal-Institution, ihr wart ein wesentlicher Wegbereiter des Death Metals. Bei euch erschienen die essenziellen Alben von Bands wie NAPALM DEATH, BOLT THROWER oder CARCASS, und damit nicht nur Klassiker dieser Bands, sondern auch des gesamten Genre. Angesichts eurer Social-Media-Aktivitäten und der vielen Reissues seid auch ihr heute noch ziemlich stolz drauf, völlig zurecht. Und natürlich ist es auch legitim, genrefremde Gruppen wie RIVAL SONS zu signen. Dies war ein absoluter Glücksfall, haben sie sich in den vergangenen Dekade zu einer der hochwertigsten jungen Bands gemausert.
Auch danach erschienen noch Alben von MASSIVE und BITERS, die vielleicht nicht mehr so herausragend und aufsehenerregend waren, aber zumindest mir gut gefielen. Und heute? Am 13. März habt ihr einen Sampler namens „New Wave Of Rock ‚N‘ Roll“ veröffentlicht, auf den ihr so stolz wart, dass ihr ihn gleich auch auf Vinyl gepresst habt. Diese Bands mögen zwar nicht alle bei euch unter Vertrag stehen, aber sie charakterisieren in ihrer Gesamtheit das Grundproblem eurer aktuellen Veröffentlichungen: Sie sind alle völlig austauschbar. Es ist stets professionell gemachter Classic Rock, dem jedoch die Kante, die Identität oder die Seele (mindestens eines trifft immer zu) fehlt.
Negative Songs For Positive People
Auch MASSIVE WAGONS machen hier mit ihrem sechsten Album „House Of Noise“ keine Ausnahme. Das Album startet gleich mit einem 0815-Riff. In dem Opener ‚In It Together‘ gibt es dann weitere Klischees wie „Ohohoh“-Passagen zum Mitsingen und Ohrwurm-Refrains, die sich auch im Formatradio gut machen würden. Auch weitere Songs wie der Titeltrack oder ‚Freak City‘ betteln um das Hinzufügen zur Sommer-Party-Playlist.
Bei alldem sollen die AC/DC-Gitarren für ein hartes Klangbild sorgen, was durch die Glam-Metal-Refrains und dieser verkrampften Imitation des FRANK-TURNER-Vibes konterkariert wird. Solche Versuche sind nicht grundsätzlich zum Scheitern verurteilt, wie der genannte Punk-Musiker und BRITNY FOX bewiesen haben, doch hier werden diese Pole nicht befriedigend zusammengefügt.
Aber es ist auch nicht alles schlecht. Die Band versucht ihre Songs aufzulockern, so dass alle Lieder zwar gleich geschrieben sind, aber durch ihre Ähnlichkeit nicht langweilen. Erstaunlicherweise finden sich keine Balladen darunter. Und natürlich klingt das ziemlich professionell. Sowohl was die Qualität der Musiker, als auch der druckvollen Produktion angeht.
Earache ist kein „House Of Noise“ mehr
„House Of Noise“ besteht hauptsächlich aus Versatzstücken der Rock-Geschichte, die andere schon überzeugender vorgetragen haben. Dies machen MASSIVE WAGON technisch versiert, aber gleichsam unspektakulär. Und damit reihen sie sich in das Earache-Rooster ein, welches aus lauter ähnlichen Bands besteht. Auf diese Weise beteiligt ihr euch an der Marktschwemme, in der man Perlen nur schwer erkennt. Und gerade dieses Überangebot sollte wohl auch bedeuten, dass dieser Trend seinen Zenit überschritten hat. Es wäre schön, wenn ihr stilistisch vielfältiger und qualitativ strenger werden würdet.
Sehr treffender Text zu dem Album und vor allem der Thematik Earache. Wenn man dem Label auf den unterschiedlichen Plattformen folgt, wurde man seit Wochen mit diesem Album penetriert. Kann ich nicht ganz nachvollziehen, da wird schnell so getan, als wäre es der neue heiße Scheiß. Man kann es selbst als Label mit der Promo übertreiben.
Kann mich daher dem Text nur anschließen, besonders dem abschließenden Aufruf.