Merry - Under-World

Review

Wenn ein Album etwas mehr als eine Stunde auf die Beine bringt, dann wären das für DREAM-THEATER-Verhältnisse kaum mehr als fünf Lieder plus Zwischenspiel. Im Falle der japanischen J-Rocker von MERRY, die auch für ihr neues Album wieder Gan-Shin als deutschen Vertrieb gefunden haben, ticken die Uhren aber deutlich anders. Neigen J-Rock-Songs generell zu einer absolut irren Experimentierwut frei über alle Genregrenzen hinweg, gibt es auf der „Under-World“ ganze 15 davon, wobei sich mit „Gekisei“ mittendrin sogar ein echtes (nicht minder wirres) viertelstündiges Epos versteckt hat. Wer hier hofft, nach einem Hördurchlauf seine Ohren noch behalten zu können, muss sich wohl weiter auf westliche Musik stützen.

Alle anderen finden mit „Under-World“ ein sowohl kreatives als auch routiniertes Rockalbum, dass nicht nur einen willkommenen Querschnitt durch die wunderbare Welt des J-Rock bietet, sondern auch lärmt wie Schmidt’s Katze bei der morgendlichen Nassrasur. Doch obwohl hier die Blechtrommel wie irre durchgeprügelt wird und atonale Riffs Hochkonjunktur haben, hat man es bei MERRY noch mit einer der melodischeren Japanbands zu tun. Wer also eine SLIPKNOT-artige Düsternis wie bei DIR EN GREY erwartet, muss enttäuscht werden. Charakteristisch für den Stil ist der irre geile Opener „Friction“, der sich daher auch als idealer Anspieltipp eignet: Was in der ersten Minute noch wie ein Drogenrausch klingt, stellt sich bald als geschickte Dynamik zwischen völlig geisteskranker Verwirrung und unglaublich ohrwurmigen Chorpassagen heraus.
Aber damit sind die Highlights längst noch nicht alle genannt. Im Gegenteil: Da jede Nummer irgendwie eine andere Facette des J-Rocks in starkem Songwriting repräsentiert, ist kein Song überflüssig, geschweige denn langweilig. Während Grunger mit „Enzetsu – surrealism“ irre helle Freude haben werden, versucht sich „Tozasareta Rakuen“ an klassischem RocknRoll, „Piranha“ dank fetter Stimmungsmache an SHIINA RINGO mit Männergesang, „Fuyu No Castanet“ ist Anime-Abspannmusik wie sie klischeehafter nicht sein könnte und „Akai Kutsu“ die irrste Ska-Polka seit EISREGENS „Salz der Erde“. Zusätzlich gibt es noch zwei gelungene Bonustracks, die das Album willkommen abrunden.

Möglichkeiten zur Kritik gibt es lediglich für einen minimalen Leerlauf im Mittelteil und der eingangs erwähnten überfordernden Albumlänge. Klar kann man es einer Band nicht verübeln, wenn sie eine Platte maximal füllen will, aber sehr viele westliche Ohren werden vermutlich ab der Hälfte ihren Geist aufgeben. Alle anderen werden mit „Under-World“ jedoch ihre helle Freude haben und die letzten zweitklassigen J-Rock-Alben des Labels schnell vergessen.

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19.05.2009

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