Nightrage - Insidious

Review

Es gibt sie noch: Melodic Death-Bands, die sich fernab von Hardcore und anderen zeitgemäßen Einflüssen auf die Wurzeln des Genres besinnen und mit ihrer mittlerweile so klassischen Interpretation des Göteborg-Sounds gerade dadurch wieder ziemlich frisch klingen. Die schwedisch-griechische Kollaboration NIGHTRAGE hat in unserem Magazin bereits in der Vergangenheit hübsche Punktzahlen eingefahren, und auch bei “Insidious” lebt plötzlich auf graziöse Weise der Geist von Mitte der Neunziger wieder auf, als Bands mit ihrer Kombination aus harschem Death Metal und melodischen Gitarren ihre eigene kleine Welt kreierten. IN FLAMES spielen mittlerweile mainstreamtauglichen Pop-Metal, AT THE GATES haben sich schon lange aufgelöst – und in der Szene hat eine (durchaus lobenswerte) Welle der Innovation eingesetzt. Jeder, der allerdings jene Elemente vermisst, die Alben wie “Slaughter Of The Soul” oder “Lunar Strain” ausgezeichnet hat, und wer diese Atmosphäre gerne wieder in Champions League-Qualität hören will, der dürfte mit NIGHTRAGE wieder einmal fündig werden.

 

Gitarrist Marios Iliopoulos hat nach der Runderneuerung im Line-Up wieder kompetente Musiker um sich geschart, die wie er nichts von Trends und Anbiederei wissen wollen. Selbst Ur-Gitarrist Gus G. Ist wieder bei einigen Nummern als Gast zu hören, ansonsten kann sich das, was die neue Mannschaft hier abliefert, aber ohnehin hören lassen. Sänger Antony Hämäläinen ist Finne, Drummer Johan Nunez Belgier, das macht aus der Band mit der doppelten Staatsangehörigkeit eine internationale. Kompositorisch ist das neue Material so ziemlich das beste, das die traditionelle Melodic Death-Welt seit langer Zeit hervorgebracht hat. Es wird kaum einen Genre-Fan geben, dem bei Songs wie „Hate Turns Black“, „Sham Piety“ oder „Hush Of Night“ nicht das Herz aufgeht. Die Gitarren kreieren die düster-melodische, aber gleichzeitig aggressive Grundausrichtung, die in ihrer Machart eindeutig wie der Nachfolger genannter Mittneunziger-Perlen klingt. Der Gesang ist rau und emotional, die akustischen Parts wurden ein wenig zurückgefahren, was „Insidious“ zu einem noch unmittelbarerern, weniger zerfahrenen Hörerlebnis macht. Zwar glänzt Gus‘ FIREWIND-Kollege Apollo Papathanasio mit einigen klargesanglichen Einschüben, diese sind jedoch auf drei Songs beschränkt, jeweils recht kurz und passen in den entsprechenden Augenblicken zudem gar nicht mal schlecht. Im Wesentlichen ist „Insidious“ ein Album, dass dank seiner geschickten Arrangements und dem grandsiosen Songwriting genau in der Mitte von Härte und dramatischer Melodik liegt. Eine Definition des Genres sozusagen. Man beachte vor Allem die Art und Weise, wie beide Gitarristen den Songs ihren Stempel aufdrücken. Die erste Gitarre, die durchgehend ordentlich rifft, die zweite, die harmonisch die Melodien darüber ausbreitet und sich in den Soli auch mal vordergründig zu Wort melden darf. Meisterhaft in dieser Hinsicht: „Wrapped In Deceitful Dreams“. Anspieltipp! Dieser Stil geht nicht besser. Siehe an: NIGHTRAGE haben also sogar einen anständigen musikalischen Tiefgang, in den man sich aufmerksam hineinhören kann, wenn man das möchte.

 

„Solar Corona“ ist ein von einem klassichen Intro und einem soundtrack-artigen Outro begleitetes eher ruhiges Stück, bei dem besonders das stimmungsvolle Gitarrenspiel zu begeistern weiß. Gesungen wird in dieser Schlussnummer auch, allerdings nur als Ergänzung zu einem eigentlich instrumentalen Grundgerüst. Hier hat man sogar die Hilfe von einem weiteren Gastmusiker erhalten, nämlich von EVERGREYs Tom S. Englund.

 

Fredrik Nordström hat mal wieder für eine Maßstäbe setzenden Sound gesorgt, was „Insidious“ endgültig zur Pflichtveranstaltung macht, nicht nur für die Zielgruppe. Ganz ohne Zweifel und egal was noch kommt haben NIGHTRAGE hiermit eines der zweifellosen Genrehighlights des Jahres abgeliefert.

 

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13.09.2011

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1 Kommentar zu Nightrage - Insidious

  1. Lucas sagt:

    Diese Scheibe lässt mich gedanklich in der Hochzeit von AT THE GATES, IN FLAMES (v.a. die Vocals) und Konsorten schwelgen: ein herrlich angepisster Sänger; abwechslungsreiche Melodien, welche den Tracks nichts an Aggression nehmen; fetter Sound.
    Zudem noch ein intelligenter Einsatz vereinzelter Cleanparts – soll heißen: nicht zu viel und vorallem wirkt das Ganze nicht aufgesetzt, eher auflockernd.

    Warum dann „nur“ 7 Punkte? Bei 15 Titeln mit 53 Minuten Spielzeit können leider auch die ruhigen Parts, Melodien und cleanen Vocals nicht genug Abwechslung bieten um ein frühzeitiges Sättigungsgefühl zu vermeiden. Track 14 „Solar Corona“ deutet zwar gegen Ende der Platte noch einmal in eine ganz andere Ausrichtung wirkt für mich jedoch eher wie Füllmaterial. Genauso ist das „epische“ Outro meiner Meinung nach eher deplatziert in Hinsicht auf die eigentliche Grundstimmung von „Insidious“. Hier hätten bespielsweise in paar überflüssige Minuten gekürzt werden können.

    7/10