Oh Hiroshima - Oscilliation

Review

Soundcheck Juli 2019# 2

Shoegazing will gelernt sein – und OH HIROSHIMA haben sich hörbar fleißig hieran geübt. Die Schweden präsentieren sich auf ihrem dritten Album „Oscilliation“ als gekonnte Tagträumer, die elegant und leichten Fußes unterwegs sind. Dabei zaubern sie einen organischen Sound aufs Parkett, der kristallklar aus den Boxen perlt und in Sachen Stimmung kaum etwas anbrennen lässt. Das ist Musik, die zum Träumen einlädt, die zur geistigen Wanderschaft durch farbenfrohe Landschaften animiert, die des Hörers Ohren samtig umgarnt und doch ein klares Ziel vor Augen hat.

Mit OH HIROSHIMA in luftige Höhen

Den Blick nur gelegentlich von den eigenen Schuhen gelöst, um diesen leicht gen Island richten zu können, bewegen sich die Schweden auf „Oscilliation“ also sachte aber bestimmt durch weitläufige, aufwändig arrangierte Post-Rock-Songs. Der Sound kleidet das Dargebotene in ein Gewand aus Seide und macht ihn so zu reinstem Earcandy. Die glasklare und durchweg transparente Produktion stemmt selbst die etwas bombastischeren Passagen wie in „Simulacra“ mühelos, ohne in sich einzuknicken.

Doch wo die Ästhetik durch und durch stimmt, so geizt das Songwriting mit memorablen Momenten, die langfristig hängen bleiben. Das Album kommt im Grunde einem durchschnittlichen Landschaftsgemälde gleich. Man steht davor und kann das unglaublich detailreiche, farbenfrohe und gut komponierte Motiv in sich aufnehmen und sich daran erbauen. Doch wirklich zum Ausdruck bringt es wenig. Es ist ein Schnappschuss für den Moment, doch darüber hinaus fehlt die langzeitige Wirkung, die das Abgebildete nachhaltig im Gedächtnis des Betrachters einbrennt.

„Oscilliation“ hätte dennoch aufdringlicher sein können

Im Kontext von „Oscilliation“ kommen die Songs entsprechend natürlich schön, in sich stimmig und kompetent durchkomponiert daher. Im Grunde spielen die Schweden dabei eine etwas rockigere Variante von klassischem Shoegaze, die etwa bei „Moderate Spectre“ ein bisschen mehr Kante zeigt. Die Band geht auf der anderen Seite, was das Songwriting angeht, absolut auf Nummer sicher. Die Genrekonventionen werden natürlich bedient. So scheren sich OH HIROSHIMA einen feuchten Kehricht um traditionelle Songstrukturen und räumen den nonlinearen Tracks die Zeit ein, die sie benötigen, um sich zu entfalten.

Aber es ist alles eben sehr safe gespielt, ohne Überraschungen, ohne Aufhorcher. Inklusive gelegentlicher, gesäuselter Vocals, die mindestens im gleichen Maße ein Klischee darstellen, wie der Rest des Sounds. Man hat das Gefühl, dass die Schweden absolut nichts anbrennen lassen wollten, und das um jeden Preis. Meist macht sich das in Form von Leerlauf-Passagen bemerkbar, die wie aus einer Post-Rock-Simulation entstanden klingen. Manchmal ist es aber auch eine Überdosis Zucker, die OH HIROSHIMA ihrem Sound injizieren, wie in „A Handful Of Dust“.

Als musikalische Momentaufnahme ist „Oscilliation“ deswegen natürlich nicht schlecht, kommt halt aber auch nicht aus dem Quark und bleibt daher unter seinen Möglichkeiten, was gerade bei dem eigentlich durchweg gelungenen Produktionsaufwand schade ist. Das Album hätte einfach aufdringlicher sein können und wäre auch mit weniger Zucker (und Lufballons) besser bedient gewesen. Immerhin unterhalten die rockigeren Passagen genug, um „Oscilliation“ zu einer gelungenen, kurzfristigen Erfahrung zu machen.

19.07.2019

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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