Steven Wilson - Home Invasion: In Concert at the Royal Albert Hall

Review

Wer Prog-Meister STEVEN WILSON auf seiner „To The Bones World Tour“ verpasst hat, oder seine Erinnerungen auffrischen möchte, bekommt jetzt die Möglichkeit sich das audiovisuelle Erlebnis in die eigenen vier Wände zu holen. Aber was hat das Gesamtpaket an zwei CDs und einer DVD/Blu-ray zu bieten?

Zum Adel berufen – STEVEN WILSON

Blues-Legende Eric Clapton nannte sie mit über 200 Auftritten einmal scherzhaft sein Wohnzimmer und PINK FLOYD bekamen 1968 Hausverbot, nachdem sie während eines legendären Gigs zwei Kanonen abfeuerten und die Hausbesitzer not amused zurückließen. Die Rede ist von der Londoner Royal Albert Hall, eine Konzerthalle, deren musikalische Relevanz und Geschichtsträchtigkeit sich nur schwer in Worte fassen lässt. Ein Konzert auf ihrer Bühne zu spielen, gehört für viele Musiker zu den absoluten Highlights ihrer Karriere und gilt als Ritterschlag. Zwei Konzerte hintereinander auf ihrer Bühne zu spielen, davon wagen nur die Wenigsten zu träumen und die britische Konzertvenue gleich drei Mal hintereinander auszuverkaufen, das gelingt wohl nur Prog-Meister STEVEN WILSON.

Im Rahmen seiner „To The Bone World Tour 2018“ machte der umtriebige Mastermind Halt in der Londoner Royal Albert Hall. Dabei ließ er sich nicht nehmen, die Konzerte für die nach neuem Material lechzende Fanbase audiovisuell mit dem Doppel-Live-Album „Home Invasion: In Concert at the Royal Albert Hall“ festzuhalten. Die Setlist gibt mit 21 Songs einen eindrucksvollen Überblick über die Schaffenskraft der letzten 20 Jahre. Auch schlägt sie gekonnt die Brücke zwischen Wilsons erfolgreicher Solo-Karriere und seiner Zeit mit PORCUPINE TREE. Neben den Alben „Hand Cannot Erase„, „4 1/2“ und dem legendären „The Raven That Refused To Sing And Other Stories„, legt STEVEN WILSON mit zehn Songs den Fokus auf seine aktuellste Platte „To The Bone“, die 2017 bei seinen Jüngern für mächtig Furore gesorgt hatte. Viele Fans warfen ihm wegen zugänglicheren Songs wie „Pariah“ und dem mit ABBA kokettierendem „Permanating“ den künstlerischen Ausverkauf vor, der Untergang des Prog-Abendlandes war prophezeit. Aber es gab auch viele Stimmen, die das etwas biedere, stellenweise künstliche aufgeblähte und verkomplizierte altehrwürdige Progressive-Genre mit frischen und augenzwinkernden Impulsen bereichert sahen.

Plötzlich ergibt alles einen Sinn…

Was auf dem Album vielleicht noch für Stirnrunzeln und den einen oder anderen verwunderten Hinhörer gesorgt hat, entfaltet nun im Livekontext auf „Home Invasion“ die volle Wirkung. Geschickt eröffnet Wilson das Konzert nach einem atmosphärischen Film mit den neuen und eingängigen Songs „Nowhere Now“ und „Parias“, ehe er mit „Home Invasion / Regret #9“ aus „Hand Cannot Erase“ die Progkeule rausholt und dem nach musikalischem Komplexität und Ausuferung dürstendem Publikum das erste klangliche Highlight um die Ohren haut. Und siehe da, auf einmal ergibt alles einen Sinn. Die Songs des umstrittenen Albums „To The Bone“ fügen sich nahtlos in das große Ganze ein und bieten dem Zuhörer immer wieder Verschnaufpausen im gewaltigen Prog-Gewitter, dass STEVEN WILSON und seine Band auf die Bühne der Royal Albert Hall zaubern. Hier merkt man wieder einmal, dass Wilson niemanden mehr etwas zu beweisen braucht und sich nicht vor Popelementen verstecken muss. Nein, diese setzt er bewusst als Kontrapunkt ein, um das Konzerterlebnis noch intensiver und abwechslungsreicher zu gestalten.

Besonders auffällig ist auch die Spielfreude, die STEVEN WILSON und seine musikalischen Begleiter ausstrahlen. Obwohl Wilson unmissverständlich den Ton angibt, lässt er seinen kongenialen Musiker immer wieder genug Raum für Improvisationen und ausladende Soli, in denen er sich selber zurücknimmt und das Scheinwerferlicht seinen Kollegen überlässt. Aber auch die Gastsängerinnen Ninet Tayeb und Sophia Hunger bereichern die Songs „Pariah“, „Blank Tapes“ und „Song Of I“ mit ihrer Stimmgewalt und Bühnenpräsenz und bringen noch einmal ordentlich Schwung in die musikalischen Visionen von STEVEN WILSON.

Klanglich und visuell ist „Home Invasion“ über alle Maße erhaben. Der glasklare abgemischte Sound lässt die feinen Nuancen der einzelnen Instrumente aufs genaueste erklingen und fügt sich in einen kraftvollen, präsenten Mix, der auf DVD/Blu-ray sogar in umfassendem 5.1 Surround Sound von STEVEN WILSON höchstpersönlich abgemischt wurde. Besonders die vereinzelten, unaufdringlich in Szene gesetzten Visuals, die ein Live-Konzert von STEVEN WILSON erst besonders machen, wurden gekonnt für „Home Invasion“ umgesetzt und bieten dem Zuschauer dasselbe intensive Erlebnis, wie direkt in der ersten Reihe zu sitzen und das Effektgewitter aus nächster Nähe bestaunen zu können.

Rundum-Wohlfühlpaket der Extraklasse – „Home Invasion“

Mit „Home Invasion – In Concert at the Royal Albert Hall“ ist es STEVEN WILSON und seiner Band gelungen, ein Rundum-Wohlfühlpaket der Extraklasse für alte, aber auch neue Fans in einer der spannendsten und zugleich ehrfürchtigsten Konzertlocations zu veröffentlichen. Mit 21 Songs, drei Bonussongs auf DVD/Blu-ray und einem ausführlichen Interview lässt das Live-Album wirklich keine Wünsche offen, bietet jede Menge Inhalt und unterhält für drei Stunden prächtig. Einziger Wermutstropfen – wenn überhaupt – ist die makellose Qualität der Aufnahme der Audio-CD. Hier fehlen aufgrund der hervorragenden Produktion die Ecken und Kanten und das Livefeeling geht etwas verloren, aber das ist ja nun wirklich Jammern auf ganz hohem Niveau.

Review von Oliver Strosetzki

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30.11.2018

Stellv. Chefredakteur

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