Urza / Calliophis - Dawn Of A Lifeless Age

Review

Splits sind manchmal ein ungeliebtes Kind. Viele sehen sie als Resterampe, als hastig zwischen zwei Alben dazwischen geschobene Veröffentlichungen, während sie in Liebhaber- und Sammlerkreisen durchaus populär sind. CALLIOPHIS und URZA wagen es trotzdem und bringen – in beiden Fällen – einige Jahre nach ihren letzten Langspielern mit „Dawn Of A Lifeless Age“ ihre eigenen Interpretationen des Doom Metal unters Volk. Wir überprüfen ob diese überhaupt miteinander kompatibel sind und ob die vier Songs für sich überzeugen können.

URZA – Dreckig, eklig, finster

URZA machen auf „Dawn Of A Lifeless Age“ den Anfang und gelten mehr oder weniger als die abgefuckte Version von AHAB. Obwohl sich auch bei den Berlinern einige epische Passagen wieder finden lassen, klingt der Kosmos von URZA seit jeher viel dreckiger, ekliger und eben noch finsterer als bei vergleichbaren Kapellen ohne, dass sie es nötig hätten, sich 15 Minuten am immer gleichen Riff abzuarbeiten. A propos: Selbst ohne die stimmungsvolle Soundkulisse zu Beginn von „Maunder Minimum“ führt einen das ultralangsam gespielte, geradezu monolithische Haupt-Riff bereits ohne Umschweife in die Tiefe, wenn es dem Hörer gelingt, sich auf die schwere Kost einzulassen.

Die Veränderungen im Band-Sound seit dem Debüt „The Omnipresence Of Loss“ mögen eher marginal sein, dennoch fühlen sich die beiden Songs noch intensiver an, setzen ihre Melodiebögen sparsam aber eben genau an den Punkten, die nötig sind, um die komplette Verzweiflung und Schwärze zu vertonen. In „Through Ages Of Colossal Embitterment“ zeigen URZA dann, dass sie sich – wie auch schon in der Vergangenheit – nicht auf puren Funeral Doom beschränken wollen, starten mit schnellem Death-Metal-Geprügel, um danach zwar schnell wieder in Richtung Doom abzubiegen, aber insgesamt eben doch noch einmal variantenreicher vorzugehen. Die behutsam eingesetzten, beschwörerischen Clean-Vocals von Gitarrist Stefan setzen dabei genau die Farbnuance, die der Nummer ansonsten vielleicht gefehlt hätte. Stark!

CALLIOPHIS – Atmosphärische Gänsehautmomente

And now for something completely different. Ja, CALLIOPHIS gehen direkt zu Beginn von „Trepak“ bereits in eine ganz andere Richtung des Death Doom. Dennoch, eines hält beide Teile der Split zusammen: Eine fesselnd-beklemmende, intensive Atmosphäre. Die epischen Gänsehautmomente sind natürlich wesentlich häufiger gesetzt, insgesamt klingen die Leipziger wesentlich melodischer als ihre Berliner Kollegen. Manchmal erinnern einzelne Stellen an Bands wie INSOMNIUM oder auch DÉCEMBRE NOIR, dennoch erschaffen CALLIOPHIS einen erstaunlich eigenständigen Sound, der sich keinesfalls irgendwo anbiedert.

Auffällig ist dabei der große Schritt in Sachen Songwriting, der im Vergleich zum bereits starken Album „Liquid Darkness“ gemacht werden konnte. Insbesondere der stärkere Einsatz von Black-Metal-Tremolo-Picking sorgt für eine faszinierende neue Komponente und dafür, dass CALLIOPHIS dort wo URZA nach erdigen Tiefen klingen, eher an die ewige Verdammnis in Schnee und Eis erinnern. In „Endure Your Depression“ können die sanften Post-Metal-Gitarren sogar noch einmal für ein Plus an Intensität sorgen, das nicht wenige Hörer überraschen könnte, denn mit derart starken Songs dürften wohl die wenigsten gerechnet haben.

Verschiedene Facetten der Schwermut – „Dawn Of A Lifeless Age“

Wer der Meinung ist, dass eine Split immer wie aus einem Guss klingen sollte, der könnte mit „Dawn Of A Lifeless Age“ vielleicht nicht sofort warm werden. In Sachen Produktion ist das sogar so, allerdings gehen beide Bands doch in deutlich verschiedene Richtungen. Aber: Stört das wirklich? Auf keinen Fall! Das Songmaterial beider Bands ist derart bockstark, die Präsentation mit seinem extrem stimmungsvollen Artwork unterstreicht das noch weiter. Die Split von URZA und CALLIOPHIS funktioniert als Vinyl mit seinen zwei Seiten wohl am besten, denn:

Wenn das Ziel dieses „Experiments“ war, zu zeigen, in wie viele verschiedene Richtungen man abbiegen kann, wie viele verschiedene Facetten der Schwermut auf eine Platte gepresst werden kann, ohne die übergeordnete Stilrichtung „Death Doom“ zu verlassen, dann ist es definitiv geglückt. „Dawn Of A Lifeless Age“ ist eine Ansage an all diejenigen, die meinen, dass Death Doom ohnehin immer nach MY DYING BRIDE klingt und im Genre ohnehin seit Jahren alles gesagt sei. In jedem Fall haben beide Bands hier ihr bislang stärkstes Songmaterial aufgenommen. Respekt!

Hinweis: Aus Transparenzgründen weisen wir an dieser Stelle darauf hin, dass URZA-Gitarrist Oliver Schreyer Teil der metal.de-Redaktion ist.

01.05.2024

"Time doesn't heal - it only makes you forget." (Ghost Brigade)

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