Weto - Schattenspieler

Review

WETO – das ist doch dieses SCHANDMAUL-Nebenprojekt…? Aber andersrum wird ein Schuh draus. Bereits 1993 gründeten Thomas Lindner (Gesang) und Martin „Ducky“ Duckstein (Gitarre) gemeinsam mit drei weiteren Musikern WETO. Doch als fünf Jahre später SCHANDMAUL geboren wurden und rasch an Bedeutung gewannen, lag die Band erst einmal auf Eis und geriet schließlich in Vergessenheit. Bis schließlich 2005 die Herren Lindner und Duckstein beim Schwelgen in alten Zeiten beschlossen, Nägel mit Köpfen zu machen und die Band in neuer Besetzung reaktivierten. Mit den SCHANDMAUL-Kollegen Matthias Richter (Bass) und Stefan Brunner (Schlagzeug), sowie REGICIDE-Keyboarder Heiner Jaspers veröffentlichten WETO „Das 2te Ich“, das hart rockend in „Neue Deutsche Härte“-Gefilden wilderte.

Mit „Schattenspieler“ schalten WETO härtetechnisch einen Gang zurück und geben sich insgesamt weniger martialisch. Nun erinnert noch das Stakkato-Riffing von „Ausgebrannt“ an die unvermeidlichen RAMMSTEIN, ansonsten gibt sich die Band aber wesentlich freundlicher und erzeugt mit zahlreichen Electro-Pop-Synthies ein warmes und verspieltes Feeling. Statt dem gerollten „r“ des Kollegen Lindemann setzt Thomas Lindner auch lieber auf akzentuierten Wohlklang, der glücklicherweise niemals in übertriebener Theatralik versinkt. Das kennt man schon von SCHANDMAUL und funktioniert auch bei WETO hervorragend, wo es den Fans der Folk-Rocker zudem den Einstieg wesentlich erleichtert.

Dennoch dürften nicht alle SCHANDMAUL-Anhänger mit WETO und ihrem „Schattenspieler“ klarkommen. Exotische Instrumentierungen sucht man hier vergeblich, die einzige Ergänzung zur klassischen Gitarre/Bass/Schlagzeug-Rock-Besetzung bilden die elektronischen Keyboard- und Synthie-Passagen. Und diese bilden häufig die eigentliche Basis der Songs, auf der die anderen Instrumente aufbauen. Damit dürften sich viele Rock- und Metal-Fans eher schwer tun, objektiv betrachtet funktioniert dieses Songwriting-Konzept aber extrem gut. Von Zeit zu Zeit klingt hier ein Hauch von DEPECHE MODE durch, weit öfter ähneln WETO aber Synthie-Pop-Formationen wie den PET SHOP BOYS, nur eben mit einer stärkeren Betonung auf den Gitarren-Riffs und maskulinerer Gesangsstimme.

Das Gespür für herausragende Melodien haben die Jungs natürlich von ihrer Hauptband mitgebracht, wie man bereits im treibenden Opener „Eiszeit“ hören kann. Beim sich daran anschließenden „Feuertanz“ schellen dann alle Alarmglocken. „Feuertanz“? Die werden doch nicht etwa…? Oh doch, WETO covern tatsächlich SCHANDMAUL! Dabei wurden aber sowohl der Rhythmus als auch die Melodie deutlich überarbeitet. Wenn der Text nicht wäre, würde den meisten Hörern wohl gar nicht auffallen, wo man sich hier bedient hat. Ehrlich gesagt werde ich mit dem dominanten Electro-Beat hier nicht so recht warm und bevorzuge doch das Original. Bemerkenswert ist aber der Mut der Band, das eigene Schaffen dermaßen umzustricken und sich dadurch dem direkten Vergleich beider Gruppen auf höchst offensive Weise zu stellen.

Mit dem nachdenklichen „Was Bleibt“ und dem tanzbaren Ohrwurm „In Das Licht“ werden alle etwaigen Zweifel aber zerstreut. Kein Wunder, dass man letzteres auch als Radio-Single bearbeitet hat, wenngleich bezweifelt werden darf, dass die Sender den Titel entsprechend berücksichtigen werden. Schade eigentlich, denn großes Hit-Potential wäre hier vorhanden. Überzeugend ist auch die Produktion, die alle Instrumente kristallklar und differenziert herausarbeitet, dabei aber noch genügend Ecken und Kanten stehen lässt, um dem „Schattenspieler“ jene Bodenhaftung zu verleihen, die bei den oppulenten Synthie-Teppichen immer wieder verloren zu gehen droht.

Wo sich SCHANDMAUL textlich im Reich der überwiegend mittelalterlichen Sagen und Märchen bewegen, sind WETO der Gegenwart zugewandt und scheuen sich nicht, aktuelle gesellschaftliche Probleme zu thematisieren. So hat man mit „Orient Und Okzident“ eine fantastische Anti-Fremdenhass-Hymne geschaffen, die absolut authentisch und glaubwürdig klingt, weil sie erfreulicherweise komplett auf Heile-Welt-Klischees und mahnende Zeigefinger verzichtet. Und auch bei der Politiker-Abrechnung „Glaubst Du Noch“ oder dem Triebtäter-Porträt „Krank“ bleibt die Botschaft stets klar und ehrlich, ohne dass Situationen überdramatisiert oder hohle Phrasen gedroschen werden.

Insgesamt ist es die geschlossene Gruppenleistung einer perfekt aufeinander eingespielten Band, die „Schattenspieler“ zu einem großartigen Album mit nur wenigen verzeihbaren Schönheitsfehlern macht. Dabei haben die Musiker allesamt das Zeug, im richtigen Moment herauszustechen und mit eindrucksvollen Alleingängen zu überraschen. Besonders das, was Matthias Richter immer wieder an kurzen Bassläufen abfeuert, die den Gitarren-Soli von Martin Duckstein in nichts nachstehen, bekommt man bei kaum einer anderen Band geboten. Ihm, wie auch den anderen SCHANDMAUL-Jungs hört man den Spaß daran an, sich auf eine Art und Weise austoben zu können, wie es ihnen bei ihrer Hauptband nicht möglich wäre.

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18.08.2011

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1 Kommentar zu Weto - Schattenspieler

  1. tiam sagt:

    habe das album schon heute in der post gehabt, dank amazon, ich bin begeistert, auch wenn es wirklich anders ist als schandmaul

    rock on