Entwine
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Interview

Gute und harte Rockmusik, angereichert mit dieser bestimmten Art von Melancholie, beeinflusst von Metal-, Gothic- oder/und Alternative-Sounds – dafür ist Finnlands Musik-Szene bekannt. Eine der leidenschaftlichsten finnischen Bands, die ihren eigenen Stil gefunden hat, ist Entwine – ein Sextett aus Lahti. Im Frühling des vergangenen Jahres brachten sie ihr viertes Album DiEversity auf den Markt und einige Monate später waren sie nah dran, eine große Chance zu erhalten: Sie sollten Nightwish bei Teilen ihrer Europatour im Herbst 2004 supporten. Unglücklicherweise hat dies schließlich doch nicht funktioniert. Am Ende waren sie glücklich, wenigstens drei Konzerte mit ihren finnischen Landsleuten in Oslo spielen zu dürfen. Im November kamen Entwine nach langer Zeit wieder nach Deutschland, um als Support von Xandria durchs Land zu ziehen. Mit dabei waren auch die Finnen von Lab mit einer ziemlich verrückten Frontfrau am Mikrofon. Wie das Jahr 2005 für die Band aussieht ist nur eine der Fragen, die Sänger Mika und Gitarrist Jaani im Interview beantworten.

EntwineNach fast zweieinhalb Jahren seid Ihr Im November endlich wieder außerhalb Finnlands auf Tour gewesen – jedenfalls in Deutschland. Warum hat das so lange gedauert?

Mika: Nach der Tour 2002 mit Theatre of Tragedy mussten wir eine Tourpause einlegen – auch in Finnland. Wir brauchten einfach Zeit, um an neuen Songs zu arbeiten. Dafür haben wir uns dann eine recht lange Auszeit genommen. Wir haben eigentlich das komplette Jahr 2003 im Proberaum verbracht, drei Monate davon in einem richtigen Studio.
Jaani: Nachdem ein Album fertig ist, braucht die Plattenfirma ein bisschen Zeit, um den ganzen Promo-Kram fertig zu stellen. Und sie versuchen natürlich, das günstigste Release-Datum heraus zu suchen, so dass die Platte die größtmögliche Aufmerksamkeit erhält. Dieses Mal waren wir im November 2003 mit den Aufnahmen fertig und das Album kam im März 2004 heraus. Danach sind wir in Finnland getourt und haben dort einige Festivals gespielt. Es war also eigentlich normal, erst im Herbst nach Deutschland zu kommen.

Aber was ist mit anderen europäischen Staaten wie Italien, England oder der Schweiz – werdet ihr dort in diesem Jahr spielen?

Jaani: Hoffentlich! Besonders England und Italien wären großartig, denn dort waren wir bisher noch nie und von dem, was ich höre, gibt es in Italien eine Menge Entwine-Fans. Und wer würde nicht gerne in England spielen, dem heiligen Land des Rock’n’Roll? Es hat so viel Spaß gebracht in all den mitteleuropäischen Staaten zu spielen! Während unserer Tour 2002 sind wir im Z7 in Pratteln (CH) aufgetreten und das war eine der besten Locations der Tour. Das Publikum war auch großartig. Also wenn Du mich fragst, auf jeden Fall, jeder Zeit! Aber das ist Sache der Booking-Agentur, die die Tour plant und Gigs arrangiert. Es liegt also nicht wirklich in unserer Hand, wo wir letztendlich spielen. Entwines Grundsatz wenn es ums Touren geht, ist, dass wir jedes Konzert spielen, das uns angeboten wird – wenn dies möglich ist.

Was war denn das Unangenehmste, dass Euch bisher auf der Bühne passiert ist?

Mika: Hmm… ich kann mich an nichts erinnern. Wir haben eigentlich nie irgendwas Verrücktes oder Blödes auf der Bühne gemacht, unsere Hintern ins Publikum gezeigt oder so etwas. Ich wüsste da nichts. Vielleicht sind wir einfach eine ziemlich langweilige Band… (lacht).
Jaani: Ich weiß nicht, ob das peinlich ist, aber ich hatte eine meiner Hosen für die letzte Deutschland-Tour genäht und als ich sie das erste Mal trug, ist sie mir wieder im Schritt gerissen. Ich weiß nicht, ob es jemandem aufgefallen ist, da ich ja meine Gitarre davor hatte, aber ich habe mich ein wenig unwohl gefühlt, konnte aber dennoch drüber lachen.

Skandinavischer Metal ist heutzutage in Europa ziemlich beliebt. Habt Ihr Angst, dass manche Leute denken, Ihr springt bloß auf den Zug auf?

Mika: Warum sollte ich? Das ist mir egal! (lacht) Heutzutage kommt aus Finnland viel Metal und wenn ich über all das nachdenken würde, was Leute sagen oder tun, könnte ich nicht mein eigenes Ding machen. Wir machen unsere eigene Sache. Ich denke nicht, dass wir diejenigen sind, die auf irgendeinen Zug oder Trend aufspringen.
Jaani: Man könnte auch kaum etwas dagegen tun, wenn manche so etwas denken sollten. Wir wissen, wo wir herkommen und wir werden weiterhin die Dinge auf unsere Art und Weise tun. Ich glaube, dass neue Fans, spätestens dann, wenn sie in unsere Welt gefunden haben, bemerken, dass wir dort schon seit vielen Jahren sind.

Was ist an finnischem Metal so besonders?

Mika: Das würde ich wirklich gerne verstehen. Vielleicht ist es die Melancholie in der Musik. Vielleicht ist es einfach nur das… und ich bin mir nicht so sicher, ob man das auf Metal beschränken kann. The Rasmus sind zum Beispiel kein Metal, auch kein Gothic. Es ist sehr gut gemachte Pop-Musik. Wenn man dann aber sein Make-Up aufträgt, schwarze Kleidung trägt… so dass man sofort als Gothic Band betitelt wird… und auf diese Art und Weise verkaufen sie es in Deutschland – jedenfalls habe ich das so gehört. Als seine Gothic Band! Das fand ich ziemlich daneben.



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Anfangs gab es viele Stimmen, die Euch mit HIM verglichen haben…

Mika: Es ist lediglich so, dass wir dieselben Wurzeln haben… ich wollte aber niemals absichtlich nach HIM klingen. Ich finde, die Leute sollten anfangen, sich die Musik wirklich richtig anzuhören, anstatt sie einfach mit irgendeiner größeren Band zu vergleichen. Es wird ziemlich langweilig, immer dieselben Storys zu hören oder zu lesen, in denen jeder die kleineren mit den größeren Bands vergleicht. Meine musikalischen Wurzeln kommen aus einer ganz anderen Ecke. Ich habe mir viel Alice in Chains, Soundgarden… und all so was angehört. Klar mag ich HIM, aber sie sind keine Vorbilder oder ähnliches. Sie sind einfach eine finnische Band und sie haben ihre Sache großartig gemacht und finnische Musik über unsere Landesgrenzen hinausgetragen. Und Punkt.

Lasst und zum letzten Entwine-Album kommen: Warum habt Ihr es DiEversity genannt? Warum in dieser speziellen Schreibweise?

Mika: Anfangs war es lediglich ein Arbeitstitel für das Album, weil es irgendwie eine Vielfältigkeit gab. Wir hatten verschiedenartige Songs, Gothic-Parts, irgendwie auch Nu Metal-Parts… Das „E“ kommt von der Art und Weise, wie Leute es aussprechen. In England sprechen sie es anders aus als in Amerika. Und natürlich steht das „E“ für Entwine.

Es hat also nichts mit dem Tod oder mit Sterben zu tun?

Mika: Nein… ja, doch!! …es ist also ein bisschen mystisch (lacht). Die Texte drehen sich um denselben Mist wie bei den anderen Alben (lacht). Liebe, Hass und all das, was Menschen in ihrem Leben passiert oder was mit ihnen passiert. Die Platte erzählt von dem Leben an sich.

Im Vergleich zu Euren vorherigen Alben klingt DiEversity ein Stück härter und rockt mehr. War das so geplant oder war das eher ein natürlicher Prozess?

Mika: Das kam ganz natürlich. Ich glaube, wir haben unsere Jugend wieder gefunden, es ist einfach so passiert. Als wir anfingen, an DiEversity zu arbeiten, hatten wir ja diese Tourpause, spielten keine Konzerte in dem Jahr und es hieß einfach nur: Yeah, jetzt fangen wir mit neuen Songs an und wir denken nicht darüber nach, ob sie nach Entwine klingen oder ob wir dies und jenes auf das Album packen können. Wir haben einfach das gemacht, was sich gut anfühlte und es war ein natürlicher Prozess an diesen Punkt zu gelangen, wo wir jetzt sind. Es war einfach ein Gefühl zu der Zeit und ich denke, dass es unser bestes Album ist.

…und welches ist der beste Song, den Entwine bisher aufgenommen haben?

Jaani: Ich kann da nicht nur einen nennen oder vielleicht haben wir diesen Song noch gar nicht gemacht. Blood of your soul, Time of despair, Bleeding for the cure, Bitter sweet. Im Moment jedenfalls… Ansichten ändern sich.

Wie sieht es mit den Lyrics aus, schreibst Du sie alleine, Mika?

Mika: Die meisten Texte stammen von mir. Es gibt ein oder zwei, die von unserem Gitarristen Tom sind. In dem Moment, wo ich den Song höre, der gerade in der Entstehung ist, fange ich an, Gesangslinien zu entwickeln und Kauderwelsch dazu… manchmal kommen mir dabei ein paar Zeilen in den Sinn und ich schreibe sie nieder. Es gibt verschiedene Arten, daran zu gehen, aber meistens geschieht es auf diese Weise: Zuerst einfach die Melodie singen, anfangen zu jammen und dann die Texte schreiben.

Und wer ist verantwortlich, wenn es um den Song an sich, um die Musik geht?

Jaani: Die meisten Ideen kommen von Tom und einige von mir. Es ist genau wie dieses Klischee: Wir haben ein paar Ideen, jammen und fügen dabei immer neue Parts hinzu. Einige Teile enden dabei vielleicht in einem anderen Song, als zuerst angedacht. Die ganze Session ist recht offen und relaxt. Eigentlich sind es Tom, Joni, Aksu und ich gemeinsam, die das Rückgrat des Songs schlussendlich kreieren.

Wie sehen die Pläne für dieses Jahr aus? Eine neue Tour? An einer neuen Veröffentlichung arbeiten? Oder eine kurze Pause?

Jaani: Nein, keine Pause! Das wichtigste ist für uns zur Zeit, die EP rauszubringen, die wir für diesen Frühling geplant haben. Zudem sind da verschiedene Europatouren in Verhandlung, die noch nicht bestätigt sind, aber ich glaube fest, dass eine von ihnen klappen wird – auch schon diesen Frühling. Im Sommer versuchen wir, so viele Festivals wie möglich zu spielen.
Mika: Ich habe noch ein Projekt namens ShamRain. Oft verzerrte Gitarren, melodischer Kram… klingt etwas nach Twin Peaks – eine sehr gute Therapie für mich. Ich mag diese Musik sehr und muss an dem neuen Album weiter arbeiten. Entwine und ShamRain – beides zur gleichen Zeit.

Einige von Euch spielen noch in anderen Bands: Mika bei ShamRain wie er gerade erwähnt hat, Jaani und Aksu bei Tuoni. Wie sieht es bei den anderen aus? Und ist Entwine dennoch die Nummer 1?

Jaani: Tom hat so eine Art ‘rehearsal place project’, das guten alten Death Metal spielt. Von dem, was ich weiß, haben sie bisher keine Konzerte gegeben, aber man wird sehen. Wie Du bereits gesagt hast, sind Aksu und ich in einer Band namens Tuoni mit finnischen Texten. Wir veröffentlichen unser Debüt im Februar über Spinefarm und haben einige Auftritte in Finnland. Entwine ist aber immer noch für uns alle die Nummer Eins!!!

26.01.2005

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