Cancer Bats
Alles begann mit "Hail Destroyer"

Interview

Die kanadischen Sludge-Punker von den CANCER BATS zelebrieren den zehnten Geburtstag ihres Referenz-Albums „Hail Destroyer“ mit einer Jubiläumstour und veröffentlichten obendrein Anfang Mai noch überraschend ein neues Studioalbum. Grund genug, der Band am Rande ihres Köln-Auftrittes ein paar Fragen zu stellen.  

Tourplakat CANCER BATS 2018

Das Plakat zur Jubiläums-Tour.

Warum habt ihr euch dazu entschieden, „The Spark That Moves“ ohne Ankündigung und quasi über Nacht zu veröffentlichen?

Mike Peters: Weißt du, die Leute drängen immer auf neue Musik. Anstatt den traditionellen Weg zu gehen und erstmal einen Song zu veröffentlichen, die Leute warten zu lassen, haben wir uns diesmal halt gedacht: Lass es uns einfach an einem Stück raushauen. So bekommen alle unsere langjährigen Fans, die ständig nach neuer Musik fragen, dann direkt die ganze Platte.

Jaye R. Schwarzer: Jeder möchte heutzutage alles sofort verfügbar haben. Und wir wollten keinen großen Hype aufbauen sondern „The Spark That Moves“ einfach veröffentlichen und sagen: Hier habt ihr’s! Ihr müsst euch nicht weiter gedulden. Ihr bekommt direkt alles.

MP: Und dann war da natürlich die Tatsache, dass wir mit den 10-Jahre-„Hail„-Shows eine gute Gelegenheit hatten, das neue Material live in die Welt zu bringen und die Platte bei den Konzerten direkt an unsere Fans zu verkaufen.

Für eine Band eurer Größe stellt eine solche Überraschungs-Veröffentlichung aber schon auch ein Risiko dar, oder? Wenn KANYE WEST so etwas macht, ist es eine Sache, aber in eurem Fall …

MP: Absolut, ja. Ich denke, es ist ein Risiko, da du es möglicherweise nicht schaffst, dass eine größere Zuhörerschaft Wind von der Platte bekommt. Deine engen Fans bekommen es auf jeden Fall mit, aber die große Masse verfehlst du möglicherweise. Aber gleichzeitig waren wir bereit, dieses Risiko einzugehen, weil wir einfach etwas Neues machen wollten. Weißt du, es ist unsere sechste Platte und wir waren das System ein bisschen leid, das einem vorschreiben will, wie man ein Album veröffentlicht. Außerdem hat dieses Prinzip 2018 ohnehin kaum noch eine Relevanz. Es findet sich sowieso alles auf Spotify. CHANCE THE RAPPER muss noch nicht einmal mehr ein physisches Album veröffentlichen, um einen Grammy zu gewinnen.

JRS: Fuck the system! Anarchy! We’re punks, man! (lacht)

Bandfoto von den CANCER BATS (2018)

Seit zehn Jahren ein eingeschweißtes Team: Die CANCER BATS in konstanter Besetzung.

„The Spark That Moves“ geht außerdem mit einer Umstrukturierung eures Labels einher. Wie kam es dazu, dass die Platte jetzt über euer eigenes neues Imprint „Bat Skull Records“ veröffentlicht wurde?

MP: Unsere ersten vier Alben erschienen beim Label „Distort“. Und dann wurde die Europa-Lizenz an „Hassle“ vergeben. Dann ging die Lizenz für ein Album an „Roadrunner“ und es war einfach ein riesiges Chaos von Leuten, die an allem arbeiteten. Dann signten wir weltweit bei „BMG“, was noch ein größeres Chaos inmitten eines Haufens von Idioten hervorbrachte. Die hatten einfach keine Ahnung von dem, was sie taten.

JRS: Zu viele Köche, die den Brei verdorben haben.

MP: Yeah, aber auch Köche, die nicht wussten, wie man eine CANCER-BATS-Platte zubereitet. Es war wirklich frustrierend, weil WIR zum Label gehen mussten, damit sie sich an jemanden über ihnen wenden konnten. Leute, die sich gar nicht wirklich für die Musik interessierten, waren involviert. Es war frustrierend.

Schließlich holten wir uns die Rechte für die ersten vier Alben zurück, besprachen uns, und kamen zu dem Schluss, dass wir das auch alleine hinbekommen. Wir hatten etwas Geld zurückgelegt und dachten uns: Wenn wir diese Sache weitermachen wollen, dann lass es uns auf unsere eigene Art machen. Wir wussten um das Risiko aber hofften gleichzeitig auch auf die Früchte des Ganzen. Es ist ja nicht so, als ob wir unsere Platten an 100.000 Läden vertreiben würden. Was du heutzutage brauchst sind Spotify, ein guter Webstore, der die Musik direkt zu den Fans liefert, und dann versuchst du noch, die Platte zu der Handvoll von für uns wichtigen Plattenläden zu bekommen. Es ist nicht mehr so schwer, wie es früher einmal war.

JRS: Hinzu kommt, dass niemand jemals härter für dich arbeiten wird, als du es für dich selbst zu tun bereit bist. Über diese Art der Kontrolle zu verfügen, pusht dich wirklich. Mike (Peters, Drums – Anm. D. Red.) und Liam (Cormier, Gesang – Anm. d. Red) haben mehr für „The Spark That Moves“ getan, als jemals jemand für eines unserer Alben davor.

Lass uns ein bisschen über die musikalische Seite von „The Spark That Moves“ sprechen. Mir scheint „The Spark That Moves“ ein Schritt weg von den starken Einflüssen aus Doom und Sludge zu sein, die mehr als je zuvor den Vorgänger „Searching For Zero“ dominierten. Stattdessen gibt es wieder mehr Hardcore und Punk. Würdet ihr da zustimmen und wie kam es dazu?

MP: Es ist definitiv eine der schnelleren Scheiben. Sogar die langsameren Songs haben immer noch ein ordentliches Tempo drauf – „Gatekeeper“ und „Winterpeg“ zum Beispiel. Ich führe es ein bisschen darauf zurück, dass Jaye (R. Schwarzer, Bass – Anm. d. Red.) auch zusammen in einer Indie-Rock-Band namens JULIE & THE WRONG GUYS spielen. Wir haben ein paar Aufnahmen gemacht und zumindest in mir hat das zu einem gewissen Grad die Indie-Rock-Seite wieder hervorgebracht: Ich wollte wieder schneller spielen. (lacht)

JRS: Darüber hinaus war es sicherlich auch den Umständen geschuldet. Als wir „Searching“ schrieben, gingen wir alle durch eine ziemlich düstere Zeit, in der viele Freunde verstarben und wir uns in einer Übergangsphase befanden. Das klang in der Musik sicherlich durch. Aber jetzt ist jeder von uns gerade sehr motiviert von dem, was er tut.

Ihr habt Videos zu jedem einzelnen Song auf „The Spark That Moves“ veröffentlicht. Wessen Idee war das und war es schwierig, das Ganze zu finanzieren?

MP: Nun, schon. Liam und ich hatten uns schon seit längerem über diese Idee ausgetauscht – seit mindestens drei, vielleicht sogar seit vier Alben. Einer der besten Freunde der Band ist ein Filmemacher und er ist diese Idee wirklich voller Elan angegangen. Das Projekt kam eigentlich durch ihn richtig in die Gänge. Er hat drei der Videos gemacht. Außerdem hat er die Live-Aufnahmen der Band für sieben oder acht weitere Videos gemacht. Und den Rest haben wir an andere Filmemacher und Animierer weitergegeben. Also ja, es ist teuer, aber wir haben jede Menge Freunde, die uns Freundschaftspreise gemacht haben und waren einfach sehr eingenommen von der Idee. Die Ausgaben werden sich am Ende sicherlich nicht rentieren, aber es ist einfach eine sehr spaßige Sache, so etwas zu tun. Ich denke, es war es wert.

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13.05.2018

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