My Dying Bride
Interview mit Andy Craighan zu For Lies I Sire

Interview

MY DYING BRIDE sind zurück und veröffentlichen mit „For Lies I Sire“ ihr nunmehr zehntes Studioalbum. Und auch wenn seit „A Line Of Deathless Kings“ gleich drei Mitglieder neu in die Band kamen, klingt das neue Werk doch zu einhundert Prozent nach MY DYING BRIDE. „For Lies I Sire“ hält jedoch auch eine Überraschung parat – welche das ist, verrät uns Gitarrist Andy Craighan.

My Dying Bride

Grüß Dich, Andy! Zunächst einmal Glückwunsch zum neuen Album. Wie zufrieden bist Du selbst mit „For Lies I Sire“?

Ich hatte jetzt ja schon einige Zeit, um die ersten Eindrücke zu verarbeiten. Ich bin sehr glücklich über das neue Album, weil ich glaube, dass es ein besonderes Album ist. Man sagt ja immer leichtfertig, dass das neue Album immer das beste sei. Aber ohne das zu sagen: Diesmal gab es einfach ein sehr typisches MY-DYING-BRIDE-Feeling, ohne dass wir bis zu unseren Wurzeln zurückgegangen wären. Es war eher ein ganz natürliches Feeling, und wir waren uns dessen die ganze Zeit über bewusst. Ich bin einfach sehr stolz auf das neue Album und kann es kaum erwarten, dass es endlich veröffentlicht wird. Denn dann können wir wirklich in Händen halten, was wir geschaffen haben.

Wie fiel denn die Reaktion der Presse auf das Album aus?

Soweit ist es wirklich gut. Eigentlich sogar exzellent, aber ich möchte nicht übertreiben, weil die Presse häufig ähnlich denkt wie wir. Weißt Du, wir haben unseren Stil häufig geändert und die Presse hat uns eigentlich immer wohlwollend aufgenommen. Wir müssen uns aber immer wieder auf’s neue vor den Fans beweisen – es kommen immer wieder neue Fans hinzu, und da müssen wir einfach abwarten. Aber von Seiten der Presse sind die Reaktionen wirklich gut.

Wie würdest Du die Atmophäre auf dem neuen Album charakterisieren?

Bei mir erzeugt es eine Vielzahl von Gefühlen. Das Album wirkt augenscheinlich sehr kalt, trostlos und leer – in vielerlei Hinsicht, aber ohne langweilig zu sein. Es ist nicht so, dass etwas fehlt. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Ausbrüche von Wut und Zorn. Und dann gibt es fast surreale Momente: „Death Triumphant“ klingt ein wenig wie Alice im Wunderland, wie ein Todesmarsch, mit einer Menge verschiedener Klanglandschaften. Alles in allem hat das Album aber ein MY-DYING-BRIDE-Feeling.
Für mich hat das Album eine befreiende Kraft… Es ist sehr mürrisch, dabei aber auch sehr aufbauend. Natürlich ist es sehr düster und bedrückend, was man als Doom-Metal-Band fast gar nicht vermeiden kann. Alles in allem werden die Leute aber sagen, dass es der typische MY-DYING-BRIDE-Doom ist.

Mein erster Eindruck war, dass die Songs ein ähnliches Feeling transportieren wie die Stücke auf „The Angel And The Dark River“.

Ja, das habe ich schon von mehreren Leuten gehört. Für mich ist das auch ein gutes Zeichen, und es ist sehr schön, das zu hören, weil wir „The Angel And The Dark River“ für eines unserer stärksten Alben halten. Es ist ein unglücklicher oder ein glücklicher Zufall, dass es so geworden ist, je nachdem, aus welcher Perspektive man es betrachtet. Vielleicht liegt es an den Gesangslinien, in die wir diesmal verstärkt Harmonien und Melodien eingeflochten haben… Oder es liegt daran, dass wir wieder die Geige in unseren Sound integriert haben? Vielleicht gibt dieses Element dem Album dieses Feeling?
Was es auch ist: Wir haben versucht, das Album wie MY DYING BRIDE klingen zu lassen, mit einer sehr bedrückten Atmosphäre und mit sehr viel Leidenschaft. Aber wir haben sicherlich nicht versucht, etwas heraufzubeschwören, was wir einmal gemacht haben, denn das durchschauen die Leute ziemlich genau.

Auffällig ist, dass das Album relativ ruhig beginnt, Aaron erst bei den Songs in der zweiten Albumhälfte harschen Gesang verwendet und das wütende „A Chapter In Loathing“ am Schluss des Albums steht. Hattet Ihr die Reihenfolge der Songs so geplant, um einen Fluss zwischen den Songs zu erzeugen?

In gewisser Weise schon… Wir hatten die Struktur der LP eigentlich von Anfang an so zusammen. Wir haben ungefähr Anfang 2008 begonnen, die Songs zu schreiben, und die Anordnung, die wir den Stücken gaben, war fast zu einhundert Prozent dieselbe, die du auch auf der LP hörst, ausgenommen die ersten beiden Tracks, die wir auf der Platte untereinander getauscht haben. Im Studio hatten wir natürlich diskutiert, die Stücke irgendwo anders zu platzieren, aber es fühlte sich einfach nicht richtig an. Immer dann, wenn wir es probiert haben, sind wir wieder zu der ursprünglichen Reihenfolge zurückgekehrt. Nur die ersten beiden Tracks haben wir getauscht: Viele Bands wählen als Opener einen kräftigen, rockigen Song. Da das Album aber sehr doomy ist, wollten wir die LP mit einem eher intensiven Stück beginnen lassen.

Du hast es vorhin schon kurz angeschnitten: Ihr habt bei „For Lies I Sire“ wieder die Geige in Euren Sound integriert. War das so beabsichtigt oder war es eher ein glücklicher Zufall, dass Eure neue Keyboarderin Katie Stone auch Geige spielen kann?

Es hat ein bisschen was von beidem. Um ein wenig auszuholen: Bei jedem neuen Album wurden wir gefragt, ob wir denn wieder die Geige einsetzen würden. Und wir haben immer geantwortet, dass wir nicht daran dächten und wir glücklich wären, so wie es momentan läuft. Das ging nun sicherlich schon zehn Jahre so, aber bei dem neuen Album hat niemand gefragt. Und wir haben auch nicht daran gedacht. Aber dann hat Sarah (Stanton, Keyboards) hat die Band verlassen, als sie schwanger wurde, weswegen wir einen neuen Keyboarder finden mussten. Und es war reiner Zufall, dass Katie nicht nur Keyboards spielen konnte, sondern auch Geige.
Aber Aaron, Hamish und ich mussten nun eine Entscheidung treffen: Entweder lassen wir die Geige unter den Tisch fallen oder wir werden von nun bis in alle Ewigkeit wieder die Geige mit an Bord haben. Wir haben für diese Entscheidung lange gebraucht und die ersten Shows mit Katie ohne Geige gespielt Aber wir haben natürlich sehr viele Stücke mit einem Geigenpart, weswegen wir uns letztlich dafür entschieden haben.

Man könnte sagen, dass „For Lies I Sire“ eine neue Ära innerhalb der Band einläutet – immerhin musstet Ihr seit Eurem letzten Album „A Line Of Deathless Kings“gleich drei neue Bandmitglieder finden. Würdest Du dem zustimmen?

In gewisser Weise hoffe ich es natürlich, haha! Ich mag es natürlich nicht, Leute ersetzen zu müssen. Und eigentlich hatten wir ein stabiles Line-Up. Aber die Drei, die gegangen sind, haben sich einfach für andere Dinge entschieden. Es ist ja nicht leicht, für eine so lange Zeit in einer Band wie MY DYING BRIDE zu sein. Es verlangt sehr viel Zeit und Hingabe, ist aber andererseits finanziell überhaupt nicht einträglich. Und wenn man dann etwas ermüdet und sich nach anderen Dingen umschaut, kann man es den Leuten nicht übelnehmen.
Aber ich habe ein gutes Gefühl, dass wir jetzt ein gutes und stabiles Line-Up zusammen haben. Es macht sehr viel Spaß zusammen und, um auf das Thema zurückzukommen – ich habe natürlich keine Lust, jetzt einen neuen Geiger suchen zu müssen.

Trotz der neuen Bandmitglieder klingt „For Lies I Sire“ zu einhundert Prozent nach MY DYING BRIDE. Wie habt Ihr es also geschafft, Eure Identität zu wahren?

Das ist eine wirklich gute Frage, über die ich noch gar nicht nachgedacht habe… Hahaha!

Hmm, vielleicht liegt es ja daran, dass Aaron, Hamish und du die Songs schreibt?

Ja, obwohl jeder beim Songwriting ein Mitspracherecht hat, schreiben doch Hamish und ich den Großteil der Stücke. Gerade Hamish verkörpert doch sehr stark das, wofür MY DYING BRIDE in den letzten Jahren steht. Er hat sich dem irgendwie perfekt angepasst. Wir haben den neuen Mitgliedern natürlich auch angetragen, sich einzubringen, aber sie waren ein wenig schüchtern, als Hamish und ich mit so vielen Ideen ankamen.
Und im Studio arbeiten wir mit Mags (Produzent von MY DYING BRIDE) schon so viele Jahre zusammen – er weiß einfach, wie MY DYING BRIDE zu klingen hat. Wenn jemand der Neuen etwas anders gespielt hat, hat Mags sofort darauf hingewiesen, dass das nicht nach MY DYING BRIDE klingt, und sie haben das sofort eingesehen, haha! Mags ist einfach eine natürliche Autorität. Er kennt jede Facette von MY DYING BRIDE und fordert uns geradezu auf, genauso zu klingen.

Wie ist denn das Feeling innerhalb der Band? Gibt es da irgendwelche Unterschiede zu früher?

Das ist eine berechtigte Frage. Natürlich haben wir uns alle weiterentwickelt. Aber ich glaube, dass die Energie immer noch dieselbe ist. Manchmal ist das Proben und alles, was die Band betrifft, richtig harte Arbeit. Aber die Energie und das Feeling innerhalb der Band sind immer noch von Begeisterung und Spannung gekennzeichnet. Es wird einfach nie langweilig und ich kann mir nichts besseres vorstellen.
Und grundsätzlich ist es ja so, dass wir und die neuen Mitglieder alle Strapazen auf uns nehmen, weil wir in genau dieser Band sein möchten. Das ist ja alles kein Zufall! Und als die neuen Mitglieder in die Band kamen, haben sie bewiesen, dass sie es wert sind, in der Band zu spielen. Alle in der Band sind glücklich über die Situation.

Ich möchte mal einen kurzen Blick in die Vergangenheit werfen: Ihr habt zusammen mit PARADISE LOST und ANATHEMA die sogenannten „Unholy Trinity“-Shows gespielt. Mich erinnert das ein bisschen an die Tour der vier Stockholmer Death-Metal-Bands ENTOMBED, GRAVE, DISMEMBER und UNLEASHED, die vor zwei Jahren stattfand. War Eure Tour dann so etwas wie ein langgehegter Wunsch und eine Traumkombination?

Ja, ich habe neulich mal die Frage gehört, warum das ganze so verdammt lange gedauert hat, bis wir so eine Tour mal auf die Beine stellen! Es ist so ein großartiges Package und es ist doch so offensichtlich, so eine Tour zu machen! Als wir das gefragt wurden, haben Greg (Mackintosh, PARADISE LOST), Danny (Cavanagh, ANATHEMA) und ich uns nur angeschaut und keiner von uns wusste eine Antwort… Wir haben einfach nie darüber nachgedacht. Wir waren einfach alle so sehr mit unseren eigenen Bands beschäftigt, dass es uns nie in den Sinn gekommen ist, uns mit den anderen Bands zu verbünden.
Aber dann stand das 20-jährige Jubiläum von PARADISE LOST vor der Tür und als wir gefragt wurden, haben wir nicht lange überlegt. Sie sind Freunde, und es war für uns so einfach, zuzustimmen, weil die Sache es einfach wert war – es musste getan werden! Wenn ich nicht selbst in einer der Bands gewesen wäre – ich hätte alles dafür gegeben, mir die Shows anzusehen! Und wenn es nach mir geht, können wir das auch wiederholen! Es ist eine so offensichtliche und natürliche Verbindung!

Okay, wie Du gesagt hast, habt Ihr die „Unholy Trinity“-Shows zum 20-jährigen Jubiläum von PARADISE LOST gespielt. Was können wir denn von Euch zu Eurem 20-jährigen Jubiläum erwarten?

Oha, so weit kann ich noch nicht schauen! Es war so eine lange und intensive Reise, dieses Album fertigzustellen – das hat fast ein Jahr gedauert. Und nebenher müssen wir ja auch noch arbeiten, denn von MY DYING BRIDE allein können wir nicht leben.
Jetzt muss ich erstmal wieder Luft kriegen, aber ich fiebere natürlich der Veröffentlichung von „For Lies I Sire“ entgegen. Und dann sind auch schon die ersten Auftritte gebucht. Ich kann einfach noch nicht an ein 20-jähriges Jubiläum denken, es lässt uns so alt erscheinen, haha! Ich bin jetzt einfach noch nicht reif für diesen Moment, hahaha!

Dann bleiben wir doch in der näheren Zukunft: Was habt Ihr denn nach der Veröffentlichung des Albums an Gigs geplant?

Neben den Festivaldates im Sommer wird es im Juli ein paar vereinzelte Gigs in England geben. Wir haben aber noch nichts fest geplant. Aber wir werden definitiv in Südamerika touren, wo wir noch nie gewesen sind. Wir werden dort insgesamt drei Wochen unterwegs sein, und es wird auf jeden Fall sehr interessant werden!

Herzlichen Dank für das Interview!

Ich danke Dir! Ich hoffe, wir sehen uns auf einem der Sommerfestivals!

(Fotos: Rhett at www.machine-room.com)

Galerie mit 22 Bildern: My Dying Bride - Summer Breeze 2010
21.03.2009

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