Stoned From The Underground 2019
Der große Festivalbericht

Konzertbericht

Billing: Amenra, Smoke Blow, Mantar, Colour Haze, Nashville Pussy, Weedeater, Black Cobra, Samsara Blues Experiment, Yawning Man, Thulsa Doom und Somali Yacht Club
Konzert vom 11.07.2019 | Alperstedter See, Erfurt

STONED FROM THE UNDERGROUND 2019:
Freitag, 12. Juni

Für den heutigen Tag steht eine Sturmwarnung im Raum, sodass mit einem fiesen Gewitter gerechnet werden muss, wovon zunächst aber nichts zu merken ist – bei Sonnenschein präsentieren viele ihre reichhaltigen Tattoos beim Planschen im See, es wird gegrillt und geklönt. So mancher Pavillon auf dem Campinggelände wird flugs zur Bühne umfunktioniert, auf der Besucher zum Teil mitreißende Shows abliefern, und unter den Zuschauern kann auch der ein oder andere bekannte Musiker beim Headbangen erhascht werden, der später selbst auf der großen Bühne spielen wird. Hin und wieder flanieren auch diverse arrivierte Musiker über das Terrain, die das Festival rein privat besuchen – etwa Gitarrist Seppi von MY SLEEPING KARMA, um nur einen zu nennen. Auch das macht den besonderen Charme dieses Open Airs aus.

Impression vom Stoned From The Underground 2019

Das offizielle Programm startet gegen Mittag im Zelt mit MOUNT GAMMARAY BURNS, einem Stoner-Rock-Fünfer, der psychedelische Klangwelten mit fetten Gitarrenriffs, donnernden Drums und vielschichtigen Rhythmuswechseln fusioniert. Zu Beginn ihres Sets ist die Schar der Besucher noch überschaubar, aber das ändert sich peu à peu, und nach einigen Songs mosht eine für diese Uhrzeit beachtliche Schar zum Wall Of Sound der Veilsdorfer.

Nach ihnen rocken die Hannoveraner CAFFEINE die Tentstage mit einem dichten Teppich aus noisigem Post Hardcore, Punk, Doom und einer Prise Stoner samt Pressgesang, der phasenweise an EYEHATEGOD erinnert. Ihr Set speist sich aus ihrem letztjährig erschienenem Debut „Serac“, und was auf dem Album schon ziemlich vielversprechend klingt kommt live noch eine ganze Ecke energiegeladener.

Auf der Mainstage sind, bei immer noch schönem Wetter, nun die Berliner TREEDEON am Start mit einer wahren Urgewalt aus etwas Sludge und reichlich Doom. Hier treffen abgrundtiefe, bisweilen repetitive Riffs auf finster dröhnende Bassläufe und dynamische Schlagzeugsalven. Dazu steuert Gitarrist Arne Hesch, der früher bei den Noiserockern von ULME aktiv war, den growligeren Gesangspart bei, für die etwas schrilleren Vocals ist Bassistin Yvonne Ducksworth (früher JINGO DE LUNCH) zuständig. Beide transportieren Texte, die intelligent, bisweilen kryptisch und abseits des üblichen sind. Auch der dritte im Bunde, Drummer Andy „Fussel“ Schünemann, ist ein alter Bekannter in der Szene und „nebenbei“ bei der Postrock-Band ALPHATRIP aktiv. Was das sympathische Trio hier abliefert ist gleichsam mächtig wie mitreißend.

Treedeon @ Stoned From The Underground 2019

Als BUSHFIRE, das Darmstädter Aushängeschild in Sachen Heavy-Stoner-Blues, gegen 16 Uhr ihren Gig starten wollen, bricht nun doch noch der befürchtete Sturm los und das Gelände wird aus Sicherheitsgründen geräumt und abgesperrt. Rund zweieinhalb Stunden fegen deftige Böen über das Areal, bringen reichlich Regen mit und den Ablauf ziemlich durcheinander. Alle Bands werden dennoch spielen gibt es als Info, aber leicht gekürzte Sets, in veränderter Reihenfolge und mit einem nach hinten geschobenen Konzertende. Gegen 18:30Uhr hat sich der Himmel etwas aufgeklärt, und BUSHFIRE können endlich loslegen. Die Darmstädter um Fronthüne Bill Brown spielen mehrere Songs ihres aktuellen, düster arrangierten Albums „When Darkness Comes“, die durch ältere Klassiker wie „Black Ash Sunday“ ergänzt werden und in dem TON-STEINE-SCHERBEN-Cover „Macht Kaputt Was Euch Kaputt Macht“ münden.

Um Umbaupausen und damit Zeitverlust zu vermeiden, da man aufgrund der wetterbedingten Zwangspause deutlich hinter dem Plan liegt, spielen ZIG ZAGS aus Los Angeles danach nahtlos im proppenvollen Zelt anstatt auf der Mainstage – ihre Hardware haben sie dort während des BUSHFIRE-Gigs bereits aufgebaut. Das Trio kredenzt rotzigen Garage-Punk à la THE RETARDS, der mit prägnanten Proto-Metal-Riffs kombiniert wird zu treibenden, bisweilen nahezu manischen Soundgranaten.

Ihnen folgen auf der Mainstage NASHVILLE PUSSY aus Atlanta, die nicht nur mit dreckigem, ungehobeltem Southern Hardrock und einer leidenschaftlichen Show begeistern, sondern mit ihrer Verkörperung von Sex, Drugs & Rock’n Roll auch einen hohen Entertainment-Faktor bieten. Sänger und Gitarrist Blaine Cartwright etwa süffelt nicht nur eine Pulle Bier auf ex, die er zuvor in seinen Hut geschüttet hat, sondern genehmigt sich auch den ein oder anderen Schluck Whiskey während der Show, verspritzt etwas davon ins Publikum oder spuckt Whisky strahlweise der pausenlos headbangenden Gitarristin Ruyter Suys in den Schlund. Alle Beteiligten, ob vor oder auf der Bühne, geben Vollgas und das Konzert gerät zu einem der Highlights des Festivals.

Nashville Pussy @ Stoned From The Underground 2019

„And now to something completely different“ heißt es so schön bei Monty Python – das Berliner Trio SAMSARA BLUES EXPERIMENT um Multi-Instrumentalist und Sänger Christian Peters zieht die Besucher tief in einen psychedelischen Strudel, der das Kopfkino aktiviert. Vielschichtige, komplex arrangierte Songstrukturen mit ungewöhnlichen Gitarrenlinien, sphärischen Keyboardpassagen, einer variationsreichen Rhythmussektion als Grundierung und eingestreuten Raga-Tupfern formen sich zu Psychedelic Rock zusammen, der schon beim bloßen Hören wirkt, als wären halluzinogene Pilze konsumiert worden.

Als Headliner auf der Mainstage waren eigentlich THE OBSESSED vorgesehen, aber deren Gig musste leider abgesagt werden. Die Veranstalter haben allerdings alle Hebel in Bewegung gesetzt und als kurzfristigen Ersatz COLOUR HAZE verpflichten können. Die drei Münchener sind allerdings weit mehr als das und servieren einen grandiosen Gig – wie gewohnt nahezu in Perfektion gespielt, mit epischen Songstrukturen irgendwo zwischen BLACK SABBATH, Jazz, Stoner und Psych Rock sowie Hits der Kategorie „Tempel“.

Colour Haze @ Stoned From The Underground 2019

Im Zelt bahnt sich derweil die totale Abrissparty an. Den Prolog dazu rocken 24/7 DIVA HEAVEN aus Berlin mit fuzzig verzerrten LoFi-Gitarren in L7-Manier, von denen sie auch einen Song covern. Die drei Damen verwandeln das aus allen Nähten platzende Zelt mal eben in eine Sauna mit ihrem Rrrriot-Grrrrl-Punk-Grunge-Geschrammel, einer leidenschaftlichen Show und launigen Ansagen, und am Ende lässt es sich Drummerin Mary, die mit dem Auftritt in ihren 30. Geburtstag reingefeiert hat, nicht nehmen, zum ersten Mal in ihrem Leben zu crowdsurfen – von der Bühne quer durch das Zelt bis an den Tresen.

Der stimmungstechnische Oberknaller des gesamten Festivals folgt aber noch in Form von THE GREAT MACHINE: Ursprünglich waren die durchgeknallten Israelis für den Nachmittag auf der Mainstage vorgesehen, aber der zu dieser Zeit wütende Sturm hat auch etwas Gutes gebracht, denn als letzte Band im Zelt vor einer bestens eingestimmten Meute sind sie deutlich besser aufgehoben. Der Dreier strotzt förmlich vor Energie, ihr psychedelischer, unglaublich dichter Heavyrock walzt alles nieder, und das nerdige Gefasel zwischen den Songs tut sein Übriges, um die letzten Körner aus der Meute zu rocken; das Zelt gleicht einer Hüpfburg mit Crowdsurfern on top, und die Musiker sind bisweilen mitten darin. Grandioses Kino!

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25.07.2019

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