(0) - SkamHan

Review

Soundcheck April 2020# 11

Unsereins wird ja direkt skeptisch, wenn sich Presseinfos in blumigen Euphemismen verlieren hinsichtlich der Qualitäten des jeweils vorliegenden Albums – in dem Falle das Debüt der Dänen (0), das auf den Namen „SkamHan“ hört und mit dem die Band ihren Einstand bei Napalm feiert. Der Bandname wird übrigens als „Parentes 0 Parentes“ ausgesprochen, aber das nur am Rande. Es ist ja nicht so, dass Labels bzw. Promoter ihre Schützlinge gerade bei ihrem Jungfernflug so euphorisch wie möglich unter die Arme greifen dürfen, um ihnen ordentlich Aufwind zu liefern. Aber man kann auch über das Ziel hinaus schießen. Kostprobe gefällig? Da steht geschrieben:

Seven explosive and oppressive tracks presented in a frenzied mania blossom into a hallucinating mixture of black, drone and post metal spiced with intense sludge and progressive influence.

Danke für die Mühe an dieser Stelle, aber die Realität sieht dann doch ein bisschen anders aus. Anhand des Auszuges erklärt klingt „SkamHan“ zunächst einmal alles andere als rasend, wild, ungestüm oder fieberhaft („frenzied“).  Eine halluzinierende Mixtur („hallucinating mixture“) klingt wie syntaktischer Bockmist frisch aus den verzweifelten Fingern gesogen, das Wort der Wahl wäre wohl eher „halluzinogen“ („hallucinogenic“) gewesen. In Sachen „explosive and oppressive“ sowie „intense sludge and progressive influence“ klärt die folgende, qualitative Analyse des Exponates. Aber angesichts der Worthülsen, um die der jubilierende Verfasser des Pressetextes bemüht gewesen ist, sollte man seine Hoffnungen nicht allzu hoch schrauben.

Mit Slugde- und Post-Einflüssen steigen (0) in den schwarzmetallischen Ring

(0) spielen ihren Black Metal mit reichlich Sludge und einigen netten Melodien versetzt, die leicht psychedelische Vibes sowie einen durchgehenden Mangel am weiter oben versprochenen Drone aufweisen. Der Gesang bewegt sich in ziemlich gutturalen Stimmlagen, was dem Gebotenen eine erfrischende Erdigkeit verleiht. Die Post-Metal-Einflüsse sorgen dafür, dass die Herren gelegentlich die Atmosphäre-Schraube anziehen und die Stimmung so beispielsweise zum Ende von „Rød Glorie“ durch eine durchgehende Noise-Wand in verstörenderes Terrain lenken. Es ist längst nicht konsequent genug umgesetzt, um den Hörer wirklich damit zu überrollen und der eher gewöhnliche Song drum herum baut sich nicht wirklich auf diesen Moment hin auf.

Ziemlich beherzt zeigt sich „Skarntyder“ mit seinen wirbelnden Gitarren und heftiger Rhythmik, die zugleich Stärke und Schwäche der Produktion aufzeigen. Auf der einen Seite wurden den Gitarren ein leichter Fuzz verliehen, der sie ziemlich warm und knackig klingen lässt. Auf der anderen Seite überlagern sie das Klangbild ein bisschen zu sehr, worunter vor allem Bass und Schlagzeug zu leiden haben. Über die meiste Zeit ist das nicht zu dramatisch, aber gerade die Vernachlässigung der Rhythmusfraktion geht bei einem auf derart deftige Rhythmik zugeschriebenen Stück gar nicht. Aber zumindest erkennt man klar, worauf die Dänen hier hinaus wollten.

„SkamHan“ gewinnt vorerst keinen Blumentopf

Im Grunde trifft das auf das gesamte Album zu: Man hört praktisch an jeder Ecke, wohin (0) mit ihrer Musik wollen. Aber sie sind Welten davon entfernt, den Hörer abzuholen und mitzunehmen auf ihre Reise, da die Melodien einfach nicht lebendig und fantasievoll genug klingen, sondern eher zur Repetition neigen, ohne diese mit Intensität zu unterfüttern. Dabei ist der Sound nur ein Problem, das Andere ist das ziemlich uninspirierte Songwriting, das sich mit malerischen Melodien aus dem Post-Metal-Baukasten schmückt, aus diesen aber zu selten etwas wirklich Besonderes, Eigenständiges macht und eine bezeichnende Armut an Höhepunkten aufweist.

Der Opener „Tyndere End Hud“ macht dies deutlich, da sich der Track praktisch nur um die gleichen Motive herum dreht, ohne diese merklich zu variieren oder mal den Härtegrad hochzudrehen. Das soll vermutlich in Richtung Atmosphäre wirken, aber (0) vernachlässigen die Dynamikstellschraube praktisch komplett, was den Track ziemlich belanglos am Hörer vorbeirauschen lässt. Der schicke, instrumentale Rausschmeißer „Alle Renses“ geht so ein bisschen auf Risiko mit seiner Ambient-Beschaffenheit, wirkt aber isoliert vom Rest, da nichts auf den Song zuarbeitet. Es kommt als billige Trope herüber wie das orchestrale Intro eines ansonsten wenig symphonischen Death-Metal-Albums, weil man das halt so macht.

(0) haben noch reichtlich Luft nach oben

Man hört die Einflüsse der Band an allen Ecken und Enden heraus, was nichts Schlimmes ist. Aber diese Einflüsse entwickeln zu selten eine Eigendynamik, ebenso wie die Melodien, die so klingen als wollten sie sich gerne austoben, haben aber von der Band das enge Moll-Korsett übergestülpt bekommen. Warum nicht mal Dissonanzen oder gar Dur-Akkorde mit hinein mixen, um den Hörer aus der Komfortzone herauszubefördern? Stattdessen langweilt ein „Sortfugl“ rhythmisch uninteressanten Gitarren, bei denen einem die Füße einschlafen. Erst die abschließenden Blastbeats befreien die Klänge von ihrem undankbarem Los als nett gemeinte Hintergrundbeschallung und sorgen immerhin für ein erfrischende Höhepunkt im sonst drögen Klangbild.

Klar, man kann mit den Dänen dahingehend Nachsicht haben, dass sie mit „SkamHan“ gerade mal ihr Debüt vorlegen. Aber (0) verwerten das Potential, das eindeutig in ihnen steckt, nur unzureichend für große Kunst und gehen ein bisschen zu sehr auf Nummer sicher, sehr zu Lasten der Dynamik des Endproduktes. Und gerade jetzt, wo sie sich noch ihre Sporen verdienen müssen, sollten sie doch die großen, wagemutigen Klopper raushauen, die Aufmerksamkeit erregen! Von daher gibt es an dieser Stelle die pädagogische Note in der Hoffnung, dass die Herren ihr Material das nächste Mal etwas länger durchgaren lassen. Vorausgesetzt die lesen das hier überhaupt…

17.04.2020

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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