Annihilator - Balistic, Sadistic

Review

Soundcheck Januar 2020# 4 Galerie mit 32 Bildern: Annihilator - Brotherhood Of The Snake Europatour 2017

Man macht den Alben der kanadischen Fichtenklopper ANNIHILATOR ja gerne den Vorwurf „Kennste einen, kennste alle“ – es sei ihnen bei mittlerweile 17 Alben gegönnt. Natürlich widerlegt schon allein ein „All For You“ diese Regel, wenn auch nicht unbedingt im Sinne der Schöpfer, gilt der Ausflug in mehr modern-metallische Gefilde – damals erstmals mit Dave Padden am Mikro – als berüchtigter, gar als zerfahren verschriener Zankapfel. Nach Paddens Weggang übernahm Chefklampfer Jeff Waters wieder das Ruder, was erst zu gesellschaftlichem Selbstmord, dann zu einer Ode an den Wahnsinn und schließlich – wir schreiben das Jahr 2020 – zu ballistischem Sadismus geführt hat.

ANNIHILATOR mit Knüppelrunde 17

Und was lässt sich über „Ballistic, Sadistic“ sagen, abgesehen vom gleichsam catchy wie cheesy Titel? Nun, den furiosen Biss des Vorgängers „For The Demented“ haben ANNIHILATOR wieder ein Stück gelockert, entgegen dem Versprechen von ungezügelter, rachsüchtiger Aggression, dem man dem Cover abzunehmen gewillt ist. Ein bisschen beherzter zeigen die Gitarren in „End Of The Lie“ noch ihre Beißerchen, wenn Waters zuckelige, präzise Riffs aus den Saiten schrubbt, als wollte er deren Rillen von krustigem Schmutz befreien. Die rockigeren Riffs im Mittelteil bilden einen schönen Kontrast hierzu, hätten mit etwas mehr PS unterm Kessel allerdings noch besser klingen können.

Ansonsten gibt es typische Kost, mal richtig schmackhaft, mal eher fad und vorhersehbar. Das Songwriting rotiert wie gewohnt um Waters‘ Riffs, der sich erwartungsgemäß nicht lumpen lässt und die Show gefühlt im Alleingang rockt. Das Gehacke ist präzise und macht immer wieder Laune. Vor allem jene Gitarren, die „The Attitude“ eröffnen, aber auch jene, die in dessen Mittelteil feurig auf den Hörer einprasseln, gefallen vom melodischen wie technischen Standpunkt her besonders, während sich der Song im Kern als nervöser, fast ein bisschen punkiger Klopper erweist, wie man ihn von den Herren in ihren besten Momenten nicht anders erwarten würde. Spätestens hier merkt man aber, dass Waters längst nicht die Menge an Gift speit wie auf „For The Demented“.

„Ballistic, Sadistic“ geht auf Nummer Sicher

Dissonant und etwas abgedrehter präsentiert sich das Riffing phasenweise bei „I Am Warfare“, das ansonsten jedoch ANNIHILATOR-Standardkost darstellt – wie ein Großteil von „Ballistic, Sadistic“. Wie erwähnt: Der furiose Biss des Vorgängers ist Jeff Waters an vielen Stellen wieder verlustig gegangen, sodass „Psycho Ward“ zwar mit guter Absicht straight und sleazy rocken will, für seine Riffs aber zu zahm und nicht schmierig genug herüberkommt. Den Schmierfilm zieht „Lip Service“ dafür umso mehr hinter sich her, hauptsächlich aber wegen der peinlichen Innuendos in den Texten, weniger wegen der Musik selbst. Die ist eher fad und unspektakulär, sieht man mal vom angenehm melodischen Solopart ab, der vielleicht bei einem anderen Track besser aufgehoben wäre.

Ja, mit „Ballistic, Sadistic“ haben ANNIHILATOR – wieder einmal – ein Sicherheitsalbum veröffentlicht, das die groben Trademarks bedient und hier und da sogar mal richtig ranklotzt, aber darüber hinaus keine nennenswerten Risiken eingeht, weder im Sound noch im Songwriting. Die Kanadier klingen so, wie sie praktisch immer klingen – nach Jeff Waters. Es gibt technisch höchst versierte Riffs en masse für diejenigen, die nicht genug davon bekommen können. Der Rest der Platte orientiert sich souverän aber nicht weltbewegend drum herum. Das Album klingt durch und durch solide und eignet sich für den kleinen Wüterich zwischendurch. Ein Über-Album, geschweige denn ein Klassiker ist das hier aber selbstredend nicht.

21.01.2020

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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2 Kommentare zu Annihilator - Balistic, Sadistic

  1. cL0NcK sagt:

    Hmm, tatsächlich das erste Review – das ich gelesen habe – , das sich nicht überschlägt mit Lob. Bin mal gespannt.

  2. MetalGerhardt sagt:

    Meine Wertung unterscheidet sich zwar wenig zu der von der Kritik, aber ich kann diese dennoch nicht ganz nachvollziehen.
    In meinen Ohren zelebriert Waters den Thrash-Metal hier deutlich mehr, als auf den beiden Vorgängern. Das Album powert von vorne bis hinten durch und lässt einem keine Verschnaufspause. Dabei ist beachtlich, wie brachial Waters erneut klingen kann und die verspielten Soli machen das Ganze abermals abwechslungsreich genug.
    Zwar geht dem Ganzen nach einer enorm starken, ersten Hälfte hinterher etwas die Luft aus und man hat sich satt gehört, aber trotzdem ist dies ein sehr solides Thrash-Album, welches man Fans empfehlen kann.
    So viel Feuer hat sicherlich nicht jeder nach so vielen Alben übrig!

    7/10