Fen - Epoch

Review

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Schon mit ihrem letzten Album „The Malediction Fields“ aus dem Jahre 2009 konnten die Briten FEN überzeugen. Doch was sie uns nun mit „Epoch“ bieten, ist noch VIEL besser. FEN bauen allen Songs ein dunkles, verhalltes Gerüst altruistischen Black Metals, um diesen verhaltenen Ausbrüchen sodann mit akustischen Instrumentalpassagen, feinen Klargesängen (diesmal eine Stärke!) und sehr abwechslungsreichen Arrangements schwarzen Atem einzuhauchen.

Die Akustische, Folkloreanklänge und postrockige Momente schaffen genügend Spielraum, um innezuhalten, sich treiben zu lasen, auf Entdeckungsreise zu gehen. Man könnte, etwas überspannt vielleicht, eine Mischung aus NEHËMAH, MOONSORROW und AGALLOCH als ungefähre Anhaltspunkte ansehen. Süßliche Melodien und schwelgerischer Bombast zum Sofortmerken finden wir an diesem dunklen Orte nicht. Eher Songstrukturen, welche, bevor das Herz direkt mit schwarzem, sich heiß ausbreitendem Gift lavaartig durchzogen wird, zunächst den genussvollen Weg über Venen und Arterien der Umgebung nehmen, dabei Glut und Asche hinterlassend. Asche? Ja, doch nur um in vollendeter Schönheit imposante Wiederauferstehung des Corpus zu zelebrieren, einen Phoenix von kaum zu ertragender Schönheit entstehen zu lassen.

Die Briten statten ihre Klangkaskaden zwar mit facettenreichem Songwriting aus, finden jedoch immer wieder hinaus aus dem Labyrinth. Die garstig-giftigen Vocals, der Hall auf den nicht zu poliert produzierten Tracks und eine Rhythmik, die mich stark an feinen französischen Black Metal erinnert, sind absolut kopfhörertauglich. Bass und Drums führen ein Eigenleben; dennoch, nach ihren Winkelzügen durch dorniges Gestrüpp finden sie wie auch die flächig vorgetragenen Leads immer wieder zum mit blauen Flammen durchwirkten Feuer des Grundmotiv zurück. Manchmal werden wir an schwebende Passagen der musikalischen Vergangenheit erinnert, so im langen Intro des Openers „Epoch“ an IRON MAIDENs „Strange World“.

Die Lust an weit ausholenden Rockmotiven, einerseits am Retroflash, andererseits an Ausdrucksmöglichkeiten atmosphärisch-moderner Klänge, welche sich scharf von symphonisch-kitschigen Standards abheben, leben FEN fein aus. Erec, Galwain, Lancelot und Iwain entdecken, dass es durchaus förderlich sein kann, nicht zu altmodisch den Gral zu verteidigen; Armbrust und Langbogen werden geschätzt und Artus umgibt sich mit edlem Toledostahl. Aber gibt es nicht inzwischen anderes als rostige Rüstungen und wallende Umhänge? Um diesen Bedarf existenziell wichtiger Güter zu decken, samtene Stoffe gehören ebenso dazu wie neuere Schriften, wissenschaftliche Erkenntnisse und der erstaunliche Trend, nicht in jedem schwarzen Prinzen einen Gegner zu erblicken, bedarf es urbanerer Umgangsformen und eine Hinwendung zur Stadt. Unaufdringlich auffächernde Postrocksounds durchziehen das Opus „Epoch“, ohne sich jedoch in den zuletzt so üblichen 0815-Standards zu verlieren, welche nur ehrgeizige Brillenträger, philosophierende Physiker und in Selbstgesprächen befangene Amateurdichter ansprechen.

Anspieltipps, klar: Nehmen wir das großartige, mit weichen Death Metal-Grunts eröffnende „Of Wilderness And Ruin“. Klar, dass hypnotisches Schlagwerk und Rhythmussektion noch in die entlegenen Tiefen des Forst entführen; gemein-garstig-geifernd wandeln wir auf den Spuren des unheimlichen Einsiedlers, er muss hier in der Nähe sein, markerschütternde Schreie, eine verlassene Behausung, ein fleckiger Keller… Archaische Rituale wurden hier gefeiert und dennoch, sie sind Geschichte. Denn es handelt sich nicht um die skandinavische Form der Vereinzelung innerhalb endloser Weiten, eine narzisstisch-sentimentale Form des Selbstmitleids und noch weniger um stumpfes Invasorentum: in Great Britain setzt man auf Handel und Toleranz, nicht auf das Drachenboot und nachfolgende Wüstenei. Das haben ja auch die Skandinavier selbst erkannt, dass mit verschattetem Waldschrattum allein kein Staat zu machen ist, erinnern wir uns an die formidablen CULT OF LUNA.

„Carrier Of Echoes“ zeigt, dass die zivilisierten Rittersleut, wenn sie denn vom Knappen vom Fünf-Uhr Tee hinweg gewunken werden, auch gerne einmal in Raserei ausbrechen können. Dennoch, am Ende setzt es klassische Akkorde, Streicher spielen auf zum letzten Trunk. Das akustisch sanft eröffnende „Half Light Eternal“ bringt nach dem hinterhältigen Eintreffen der Würgeengel die Halle des Bergkönigs zum Schmelzen. Das Finale „Ashbringer“ schwelgt im Fegefeuer, auch die Ritter der Tafelrunde sind nicht ohne Schuld… Tradition und Moderne, hier gehen sie eine dunkle Liaison mit offenem Ausgang ein. FEN erinnern von der Herangehensweise nicht wirklich an OPETH, PRIMORDIAL und erst recht nicht TENHI; sie könnten jedoch dem Hörer dieser Sounds gefallen. FEN tönen warm, flüssig, fließend. Die Musik lädt zum Zuhören, sich treiben lassen ein. Dafür muss man bereit sein, auch Du, Erik der rote Wikinger!

14.02.2011

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1 Kommentar zu Fen - Epoch

  1. sickman sagt:

    Einfach eine saustarkes Scheibe! Toll anzuhören, wie sich diese Band von Album zu Album weiterentwickelt und die Grenzen zwischen Black Metal und Post-Sounds verschwinden lässt.

    9/10