Glare Of The Sun - Theia

Review

Warum eigentlich blieb GLARE OF THE SUN die große Beachtung bislang verwehrt? Möglicherweise liegt es ja am leicht irreführenden Bandnamen. Denn grelles Sonnenlicht versprüht die Musik der Österreicher nun wirklich nicht. In den überwiegenden Momenten, auch bereits ihres Debütalbums „Soil“, ist es eher düsterer Death-Doom, der den Ton angibt. Dennoch handelt es sich hier keinesfalls um die x-te Death-Doom-Kapelle, die am Ende doch wieder wie MY DYING BRIDE klingt. Der Sound von GLARE OF THE SUN war von Beginn an deutlich vielschichtiger und bedient sich bei vielen anderen Genres. Setzt sich dieser Trend auch auf dem Zweitling „Theia“ fort?

GLARE OF THE SUN – Düstere Experimentierfreude

Bei Theia handelt es sich zum einen um eine weibliche Gestalt aus der griechischen Mythologie, zum anderen um einen hypothetischen Protoplaneten, der vor 4,5 Milliarden Jahren mit der Erde kollidiert sein soll und aus dessen Bruchstücken der Mond entstand. Was kann uns das bereits über das gleichnamige Album von GLARE OF THE SUN verraten? Richtig, es wird kompliziert. Das von Filmmusik-artigen Chören unterlegte Intro „I“ hat zwar bereits einen bedrohlichen Unterton, wiegt den Hörer aber zunächst noch in Sicherheit. Das monolithische Riff zu Beginn von „II“ breitet dann bereits das Doom-Fundament aus, dass sich zwar wie ein roter Faden durch die Scheibe zieht, aber stetig von anderen Einflüssen aus der Bahn geworfen zu werden droht. Vor allem der Post-Metal zeigt sich besonders häufig, mit Flüsterstimmen oder auch vollkommen reduzierten Parts aus akustischen Gitarren.

Letztlich scheint bei den fünf Österreichern aber einfach alles erlaubt zu sein. Selbst symphonische Elemente, die insbesondere die kraftvollen Momente unterstützen, fließen in die Songs ein, ohne sich aber auch nur ansatzweise in Richtung Kitsch zu bewegen. Dazu ist einfach alles viel zu häufig überraschenden Wendungen unterworfen. Dies gilt im Übrigen auch für den Gesang, der sich zwischen Death-Metal-Growls, heiseren Screams, zerbrechlichem Klargesang, dem bereits angesprochenen Flüstern und teilweise sogar Black-Metal-Gekrächze bewegt. Damit dürfte auch langsam klar werden, dass feste Strukturen aus Strophe, Bridge und Refrain eher nicht das sind, was man auf „Theia“ erwarten sollte. Im Allgemeinen sollte man auch nicht unbedingt von Einzelkompositionen, die unabhängig voneinander betrachtet werden können sprechen. Das zeigt die Band schon damit, dass die Songs einfach nur mit römischen Ziffern durchnummeriert wurden.

Kann dieses Konzept auch in der Praxis funktionieren? In den meisten Fällen schon. Dadurch, dass Atmosphäre eine tragende, wenn nicht gar die wichtigste Rolle auf dem Album spielt, können sich im Laufe der nicht gerade kurzen Spielzeit natürlich Längen einschleichen, die für jeden Hörer unterschiedlich ausfallen dürften. Trotz aller Experimente schaffen es GLARE OF THE SUN dennoch, ein erstaunlich homogenes Werk zu kreieren, das keinesfalls nach planloser Jam-Session klingt. Allerdings ist auch nicht jeder Versuch, ungewöhnliches einfließen zu lassen von Erfolg gekrönt. Auch wenn es nicht ganz fair ist, da sich an vergleichbaren Lyrics in englischer Sprache wohl kaum jemand stören würde – die deutsche Textpassage in „IV“ ist mit Zeilen wie „Der dunkle Baum blutet sich im Sterben leer“ leider nicht ganz frei von Peinlichkeiten.

Schwer zu greifende Musik – „Theia“

Was bleibt nach deutlich über einer Stunde „Theia“? Zunächst einmal ein experimentierfreudiges Album, dass über weite Strecken zu unterhalten weiß. GLARE OF THE SUN spielen schwer zu greifende Musik, in der sich sowohl die Band als auch der Metaller vor der heimischen Anlage verlieren kann. Soll heißen: Man muss schon in der richtigen Stimmung sein, um dieses sperrige Werk komplett aufnehmen zu können. Mit dem Release-Termin mitten im Sommer hat man sich daher vermutlich keinen all zu großen Gefallen getan. Allerdings kann ja schlecht alle im Doom verwurzelte Musik im Herbst oder Winter herauskommen. Die klare, aber nicht glattpolierte Produktion gibt keinen Anlass zur Kritik, sicher auch aufgrund des Mixings von Workaholic Dan Swanö, der ja mittlerweile gefühlt die Hälfte aller europäischen Metal-Scheiben abzumischen scheint.

GLARE OF THE SUN erschaffen kein eigenes Genre, wissen aber, wie man vorhandenes, das auf den ersten Blick nicht zueinander passen will, gelungen miteinander verknüpft. An einigen Stellen weniger abzuschweifen könnte dem Ergebnis allerdings doch gut tun, da nicht jedes Ausprobieren die Musik letztlich voranbringt. Alle Freunde der langsamen Schwermut, die offen für Experimente sind sollten „Theia“ aber in jedem Fall eine Chance geben. Die großen Massen wird man sicherlich nicht erreichen können, das dürfte aber auch kaum das Ziel der beteiligten Musiker sein.

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14.06.2019

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3 Kommentare zu Glare Of The Sun - Theia

  1. mr.cb sagt:

    8 Punkte in der Hoffnung, dass sich die Band nicht irgendwann mal auf ein bestimmtes Genre beschränkt und weiterhin so bleibt wie sie ist… Mir gefällt es!

    8/10
    1. ClutchNixon sagt:

      Großartig! Offner, als das Debut, aber nach wie vor eine von wenigen Bands, die den großen, leider viel zu früh verblichenen Mindrot das Wasser reichen.

      9/10
  2. janis sagt:

    Bin absolut verliebt in dieses Album.

    9/10