Guerilla Tree - Mountain's View

Review

Soundcheck Dezember 2022# 9

Bei so heißen bzw. schwülen Temperaturen tut es gut, eine Portion Melancholie über sich herüberwaschen zu lassen. Wenn diese dann noch in Prog Metal nach moderner FATES WARNING-Art, ohne Furcht vor den ein oder anderen krummen Takten und dennoch erfrischend aufgeräumt inszeniert daher kommt, umso besser. GUERILLA TREE aus Leverkusen bescheren ihren geneigten Hörern dieses Vergnügen. Mit „Mountain’s View“ erscheint nun endlich das zweite Album des Quintetts, über das wir bereits berichteten, das sich irgendwo zwischen modernen FATES WARNING und frühen HAKEN einnistet mit gelegentlichen OPETHisms hier und da, seien es markante Arabesken der Gitarren oder gelegentlich eingestreute Growls im Wechselspiel mit dem dominanten Cleans.

Stimmungsvolle Prog-Kost aus Leverkusen

Dabei lässt sich der melancholische Einschlag nicht von der Hand weisen. Dazu trägt auch die dunkle Stimmfarbe von René Krov bei, der an passender Stelle auch mal mehrstimmig sekundiert wird. Das führt oft zu sehr ansprechenden Gesangslinien, die zum Schwelgen einladen, beispielsweise in „Mountain Reflection“. Dabei überwiegt bei GUERILLA TREE die Stimmung, sodass die Songs stets aufgeräumt bleiben und praktisch kaum von technischen Spielereien zerfräst werden. Das primäre Tempo verharrt dabei im mittleren Bereich, sodass meist nur die Intensität der Grooves angepasst wird. Die Gitarren geben wenig überraschend den Ton primär an, die beispielsweise in „Form Of Life“ mal etwas ruppiger und fülliger aufspielen, in „Before You Die“ dagegen etwas prononcierter und stimmungsorienterter agieren.

„Mountain’s View“ erweist sich also songschreiberisch als ausgesprochen dynamisch und bereitet auch dank einer passenden Produktion jederzeit ein angenehmes Hörerlebnis. Ein paar Wermutstropfen muss man als Hörer hier und da allerdings in Kauf nehmen. Gelegentlich scheint Krovs Akzent etwas durch, was normalerweise kein Problem ist, in Musik, die sich offensichtlich aber zu einem gewissen Grade ernst nimmt, manchmal aus der Immersion heraus zieht. Darüber hinaus fällt es der Band oftmals schwer, einen Schlussstrich innerhalb ihrer Songs zu setzen, sodass diese hier und da etwas zu lang geraten. Das passiert beispielsweise bei „A Cloud“, das eine ziemlich banale Akkordfolge mindestens einmal zu oft wiederholt. Auch der finale Refrain von „Inhuman“ hätte gekürzt oder aber mit einem bedeutenden Crescendo ausgestattet werden können.

Trotz kleinerer Macken platzieren GUERILLA TREE ihre Marke

Es sei an dieser Stelle in Erinnerung gerufen, dass die Musik generell keine akrobatischen Luftsprünge in technischer oder musiktheoretischer Hinsicht unternimmt, dabei aber dennoch allein durch die großartige Stimmung, die durchgehend vorherrscht, spannend bleibt. Vielleicht lässt sich hier und da noch ein bisschen Pfeffer durch Tempowechsel hineinbringen, während die Schere an der richtigen Stelle eingesetzt Wunder wirken kann – aber ansonsten liegt hier ein echt gutes Prog-Album aus Deutschland vor, das sicher ein Stück weit im Schatten vom diesjährig veröffentlichten Kracher von DANTE steht. Dennoch seien GUERILLA TREE jedem ans Herz gelegt, der seinen Prog durchaus etwas eingängiger, moderner und atmosphärischer bevorzugt.

26.06.2022

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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