1
Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.



Ende August veröffentlichte VICIOUS RUMORS mit „The Devil’s Asylum“ ein neues Album, wo zwei Konstanten der Band aktiv sind. Bereits bei den Anfängen 1985 sind Drummer Larry Howe und Gitarrist Geoff Thorpe mit dabei. Das Debüt „Soldiers Of The Night“ steht im Mai 1985 in den Plattenläden und hat einige Besonderheiten aufzuweisen.
“Soldiers Of The Night”, das Debüt von VICIOUS RUMORS mit Vinnie Moore
Geoff Thorpe findet mit dem jungen Vinnie Moore einen zweiten starken Gitarristen, der später unter anderem bei ALICE COOPER und UFO aktiv ist, primär aber auf seine Solo-Aktivitäten setzt. Gemeinsam mit Geoff Thorpe entsteht nur das Debüt. Am Gesang agiert Gary St. Pierre, der 1983 mit HAWAII „One Nation Underground“ veröffentlichte. Bei HAWAII verdienen sich Marty Friedman (später unter anderem MEGADETH) und Drummer Deen Castronovo (später unter anderem OZZY OSBOURNE) ihre ersten Anerkennungen. Das Ganze geschieht unter dem Dach von Shrapnel Records, sodass Geoff Thorpe mit St. Pierre in Kontakt kommt. Bassist Dave Starr komplettiert die Band und ist bis 1993 an der Seite von Thorpe.
Eine weitere Besonderheit dieser Platte ist die Benennung der beiden Seiten. Die A-Seite ist „Western-Front“, die B-Seite „Eastern-Front“. Der kalte Krieg in den frühen 80ern hinterlässt beim Songwriting anscheinend seine Spuren.
Nach dem Intro heißt es „Ride (Into The Sun)“, wo das Motorrad den Startschuss für einen US-Power-Metaller liefert, der neben der spielerischen Finesse der beiden herausragenden Gitarristen mit ordentlich Tempo überzeugen kann. Die Vocals sind für das Jahr 1985 handelsüblich. St.Pierre agiert primär in höheren Tonlagen, wie drei Jahre später auch RIOT und ihr Vorzeigewerk „Thundersteel“. Das Vinnie Moore eher eine Vorliebe für rockige Melodien hat, zeigt sich bei „Medusa“, der fast im Style der NWoBHM rüberkommt.
„March Or Die“ beendet „Western-Front“
Der Hit des Debüts ist der Titeltrack „Soldiers Of The Night“, der ähnlich wie sein Vorgänger den angesagten stampfenden Rock mit dem metallischen Gitarrenspiel verbindet. Der Refrain mit dem galoppierenden Rhythmus passt mehr zur NWoBHM als zum US-Metal. Die Einflüsse aus England sind bei den Anfängen von Thorpe und Moore nicht wegzudiskutieren. Dass „Murder“ härter und direkter klingt als die beiden Vorgänger, macht der Songtitel bereits klar. US-Metal der frühen 80er gibt es auf die Ohren, der mit einer starken Melodieführung, dem bereits mehrfach erwähnten Gitarrenspiel, und der ein oder anderen Soundcollage punkten kann. Die „Western-Front“ schließt mit „March Or Die“, der einen ähnlichen Härtegrad liefert wie sein Vorgänger, aber gradliniger daherkommt.
Ähnlich wie die A-Seite wirft sich „Blitz The World“ zum Start der B-Seite ins Getümmel. Temporeich, intensiver Refrain und die Saitenarbeit lassen erahnen, welches Potential bei der jungen Band schlummert. Das nachfolgende Gitarrensolo von Moore zeigt einen herausragenden Gitarristen über knapp drei Minuten, aber keine Band, sodass die Trennung von Moore für die nachfolgende LP „Digital Dictator“ logisch erscheint. Wohlwollend lässt sich „Invader“ als Intro zu „In Fire“ betrachten, der das Tempo anzieht und in Richtung Speed Metal schielt. Wo VICIOUS RUMORS bei „Domestic Bliss“ hinwollen, scheint den Protagonisten selbst nicht klar zu sein. Der rote Faden des Albums geht mit dem verspielten Track etwas verloren. Der Schlusspunkt nennt sich „Blistering Winds“, der druckvoll und gradlinig das Debüt abschließt.
“Soldiers Of The Night” in der Retrospektive
Auf eine starke A-Seite folgt eine deutlich schwächere B-Seite, was zum Teil an dem deplatzierten Solo von Moore liegt. Aber auch das zu verspielte „Domestic Bliss“ hinterlässt mehr Fragezeichen als Ausrufezeichen. Dagegen steht eine mehr als gelungene A-Seite, wo der Titeltrack, „Ride (Into The Sun)“ und „Medusa“ hervorstechen. Insgesamt legen VICIOUS RUMORS ein gelungenes Debüt auf den Tisch, wo noch nicht alles perfekt ist und sich das Ego des jungen Vinnie Moore zeigt. Mastermind Geoff Thorpe greift korrigierend ein und ersetzt sowohl Moore als auch Sänger St.Pierre beim Nachfolger „Digital Dictator“. Doch das ist ein Thema für eine weitere Ausgabe von Blast From The Past.

Jürgen Fenske



























Danke, sehr coole Review. Als großer Fan der ersten Alben muss ich trotzdem einen Punkt höher gehen, denn ich höre das Teil immer noch gerne und finde, einige sehr starke Songs gleichen die definitiv vorhandenen Schwächen aus.
Und trotzdem bleibt es natürlich ein Album, wo noch nicht Carl Albert singt. Würde mich entsprechend sehr über Reviews der drei folgenden Alben freuen, von denen ich zwei absolut herausragend finde.