Warlord - Deliver Us (EP)

Review

Unter "Blast From The Past" erscheinen jeden Mittwoch Reviews zu Alben, die wir bislang nicht ausreichend gewürdigt haben. Hier gibt es alle bisher erschienenen Blast-From-The-Past-Reviews.

Das skurrile und gar nicht mal so gute neue WARLORD-Album “Free Spirit Soar”, das im Mai dieses Jahres erschienen ist, hatte mit Ausnahme von ein paar aus dem Archiv gekramten Kompositionen von Hauptsongwriter und Ausnahmegitarrist Bill Tsamis nicht mehr viel mit WARLORD zu tun. Das führte jedoch zu der Idee, die relevanten Veröffentlichungen der Band noch mal aus dem sprichwörtlichen Regal zu ziehen und sie unserem Lesepublikum ans Herz zu legen. Denn die L.A.-Band, die nie nach den notgeilen Fönfrisuren vom Sunset Strip klang, wird immer ein Underground-Phänomen bleiben, was an der wahnsinnigen Klasse ihrer frühen Songs nichts ändert.

WARLORD setzen einen Gegenentwurf zur L.A.-Szene der Achtziger

Wobei: Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung 1983 war auch die Glam- und Sleaze-Szene noch nicht besonders etabliert. Die aufstrebendsten Bands aus Kalifornien zu dieser Zeit waren natürlich METALLICA und SLAYER. WARLORD haben mit Speed und Thrash Metal wiederum gar nichts zu tun. Die Band spielte einen nicht übermäßig schnellen, melodiegetragenen und von mysteriöser Atmosphäre umgarnten Epic Metal, der sich in puncto zeitgleich auftretenden Bands am ehesten mit OMEN, die ebenfalls in Los Angeles ansässig sind, vergleichen lässt. Wer generell aber melodischen US-Metal im Stile von Bands wie CRIMSON GLORY, QUEENSRŸCHE, LIEGE LORD oder alten FATES WARNING mag, wird an WARLORD ebenso wenig vorbeikommen.

Zu einnehmend und fesselnd sind dafür die entrückte, melancholische Stimmung, die eingängige und zugleich fantasievolle Melodieführung und die Texte, die sich am klassischen Altertum und alten biblischen Mythen orientierten – da werden US-Metal-Fans generell schwach. Zur Unterstützung der Atmosphäre verpassten sich WARLORD zudem noch kultige Pseudonyme: Bill Tsamis tritt als “Destroyer” (Gitarre) bzw. “The Raven” am Bass auf; Drummer Mark Zonder firmiert unter “Thunder Child”, Keyboarderin Diane Kornarens ist “Sentinel” und Sänger Jack Rucker “Damien King I” – er sollte noch von mehreren durchnummerierten Damien Kings beerbt werden. Gekrönt wird diese stimmungsvolle Inszenierung von dem herrlichen Cover Artwork, das den Kauf auf Vinyl alternativlos provoziert.

“Deliver Us” – Ein Klassiker im EP-Format

Da die Diskografie von WARLORD relativ schmal ist und sich auf die Veröffentlichungen verteilt auch diverse Mehrfachaufnahmen befinden, ist “Deliver Us” nicht nur essentielles Material der Band, sondern auch einer der größten Klassiker im EP-Format. 28 Minuten, sechs Songs – kein schwacher Moment ist dabei. “Deliver Us From Evil”, “Penny For A Poor Man” oder “Child Of The Damned” sind unumstößliche, legendäre Songs, die zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren. Nennenswerter kommerzieller Erfolg war der Band dennoch nicht vergönnt.

Zudem kommen natürlich bei WARLORD vor allem Gitarrenfans auf ihre Kosten. Tsamis, der 2021 im Alter von 60 Jahren leider verstarb, war kein Flitzefinger, sondern hörbar von europäischen Gitarristen wie Uli Jon Roth, Michael Schenker und graduell Ritchie Blackmore beeinflusst. Seine unverwechselbare Charakteristik prägt natürlich das gesamte Songwriting, das stets aus seiner Feder kam und ist äußerst geschmackvoll. Das Highlight “Winter Tears” ist der einzige Song der EP, der leider nicht für das Full-length-Debüt, das ein Jahr später erschien, neu aufgenommen wurde und einer der besten Songs der Band überhaupt.

Musikalische Magie

Abschließend bleibt nicht viel zu sagen. Wer melodischen US-Metal mit Hang zur Kauzigkeit und düsterer Atmosphäre mag und es noch nicht getan hat, sollte sich unbedingt mit dem Frühwerk von WARLORD auseinandersetzen. Wenn man ein Mal in ihren Bann geraten ist, ist das Musik, die einen ein Leben lang begeistern und fesseln wird.

18.12.2024

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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