Der große metal.de-Monatsrückblick
Die größten Highlights und die schlimmsten Gurken im Juli 2018

Special

Der große metal.de-Monatsrückblick Juli 2018

Editorial

Hitze, Hitze, Hitze …

vermutlich kann niemand mehr das Gejammer über die aktuellen Temperaturen hören, genau so wenig ist es möglich, beim Blick in den Wetterbericht nicht aufzustöhnen. Gerade erst haben selbst unsere Mailserver den Hitzestreik angetreten … aber wem sage ich das. Daran soll unser Rückblick auf den Juli natürlich nicht scheitern – denn so heiß es auch sein mag, so schön sind Festivals doch ohne Regen, Matsch und Schlamm (hallo Wacken, Glückwunsch zur Trocken-Premiere!). Im Juli waren wir für euch aber bereits unterwegs. Mit dem ROCKHARZ Open Air und dem WITH FULL FORCE feierten gleich zwei große Festivals Jubiläum und natürlich waren wir dabei. Auch die Wasserschlacht beim UTBS 2017 hat sich beim UNDER THE BLACK SUN 2018 nicht wiederholt – trotzdem gab es einiges, auch weniger Schönes, zu berichten. Auch in den Clubs und Hallen ist dieser Tage, trotz schönem Wetter draußen, einiges los – wir schauten unter anderem bei den NINE INCH NAILS, CHELSEA WOLFE, PALLBEARER und WOLVES IN THE THRONE ROOM vorbei. Auch wenn Reden manchmal schwer fällt, wollten wir uns einige spannende Gespräche nicht entgehen lassen – mit dabei u. a. KISSIN‘ DYNAMITE, CANDLEMASS und POWERWOLF, und den Underground haben wir in Form von HALPHAS und VYRE auch zu Wort kommen lassen.

Hellseherische Fähigkeiten hat übrigens Kollege Gravenhorst bewiesen: Bereits zwei seiner Vorhersagen für Bands auf dem WACKEN Open Air 2019 haben sich bewahrheitet – wir planen, ihn aktuell zu den Folgen des Klimawandels, den nächsten Lottozahlen und der Zukunft der deutschen Nationalmannschaft auszuquetschen.

Das deutsche WM-Aus ist längst verdaut und schon beinahe vergessen – denn es passiert so viel. Das ging sonst so ab:

POWERWOLF haben schon wieder die #1 gemacht.
IRON MAIDEN zeigen sich selbstbewusst und kündigen glatt was Neues an.
KVELERTAK müssen sich stimmlich verändern.
Serj Tankian informiert über kreative Differenzen bei SYSTEM OF A DOWN.

… und leider müssen wir uns auch wieder von Musikern verabschieden. So haben traurigerweise Brett Hoffman (MALEVOLENT CREATION) und Mark Shelton (MANILLA ROAD) das irdische Dasein verlassen – wir werden sie nicht vergessen.

Die Top-Alben und Gurken des Monats findet ihr wie immer auf den folgenden Seiten.

Ein weiterhin frohes Schwitzen,
Jan & metal.de

metal.de-Chefredakteur Jan Wischkowski

Monatsrückblick Juli 2018 – Die größten Highlights des Monats

DEE SNIDER – „For The Love Of Metal“

DEE SNIDER ist 63, singt wie ein junger Gott und „For The Love Of Metal“ darf wörtlich genommen werden. Produziert von HATEBREEDs Jamey Jasta verbindet die Stimme von TWISTED SISTER auf den Punkt komponiert Tradition und Moderne auf einem harten und eingängigen Album. Kurzum: Die Schneider kann es nicht nur als verdrehte Schwester.

Monatsrückblick Juli 2018 – Die größten Highlights des Monats

UNZUCHT – „Akephalos“

Zugegeben: Wenn die Band UNZUCHT heißt und im ersten Absatz sowohl Gothic Rock als auch Neue Deutsche Härte genannt werden, sucht ein Gutteil der Redaktion einigermaßen panisch nach dem blinkenden „Notausgang“-Zeichen. Doch Ignoranz ist unangebracht: UNZUCHT präsentieren sich auf „Akephalos“ textlich tiefgründig und musikalisch abwechslungsreich, setzen auf packende Melodien statt plakative Provokation.

Monatsrückblick Juli 2018 – Die größten Highlights des Monats

ATROCITY – „Okkult II“

Alex Krull hat nicht nur die längste Matte, er schickt uns auch endlich wieder auf selbige. Nach „Okkult“ kommt „Okkult II“ und die gute Nachricht ist: ATROCITY gehen ein ordentliches Stück in Richtung ihrer brutalen Anfangsjahre. Ihr aktuelles Werk ist „wuchtig, dunkel und böse, mit spürbaren Ecken und Kanten versehen. Dennoch kommt das bombastische Element nicht zu kurz, ist aber songdienlich eingewoben.“ Empfehlenswert eben auch und vor allem für Menschen, die den poppigeren ATROCITY nicht folgen wollten.

Monatsrückblick Juli 2018 – Die größten Highlights des Monats

BETWEEN THE BURIED AND ME – „Automata II“

Wer „Automata I“ sagt, muss auch „Automata II“ sagen. BETWEEN THE BURIED AND ME tun dies und man bekommt Big-Band-Trompeten, Djent, leichte Keyboardtöne, Swing, Growls, Mathcore-Riffs und noch viel mehr. Mit anderen Worten: BTBAM „schmeißen alte Konventionen nicht nur über Bord, sondern auch an die Wand, kratzen die Reste ab und fügen sie zu neuen perfide genialen Klangmustern zusammen.“ Nehmt dies!

Monatsrückblick Juli 2018 – Die größten Highlights des Monats

KHÔRADA – „Salt“

Leute von AGALLOCH und GIANT SQUID bilden KHÔRADA. Ihr Werk „Salt“ ist eine harte Nuss, die mühevoll geöffnet werden muss. Mit „Black Prog“ unzureichend beschrieben, legen die Herren ein auch textlich tiefgehendes Album vor, das Herrn von Wolfsbrunn begeistert. Statt (Natur-)Romantik bestimmen eher Expressionismus und Moderne und „Salt“ zahlt jede Minute der investierten Zeit zurück. Fazit: „Ausdauernde Hörer entdecken zur Jahreshälfte ein ganz großes Album mit Anspruch, Herz und Verstand.“

Monatsrückblick Juli 2018 – Die größten Highlights des Monats

CORVUS CORAX – „Skál“

CORVUS CORAX reiten auf „Skál“ elegant die Hochsommer-Welle: Viel trinken ist wichtig. Gezeigt wird: Wer Mittelalter-Metal macht, muss nicht von gestern sein.
Ernsthaft zeigen die stets kreativen CORVUS CORAX mit „Skál“ auch anno 2018, „wie ein abwechslungsreiches und fast schon modernes Mittelalteralbum (ha, Oxymoron!) funktioniert“. Herr Weise ist schon weise. Auf seine Weise. Schnabelschuhe aus der Truhe und Schluss mit der Ruhe! Cheers!

Monatsrückblick Juli 2018 – Die größten Highlights des Monats

KONTINUUM – „No Need To Reason“

KONTINUUM liefern auf „No Need To Reason“ vollständig ab. Im Vergleich zum tollen „Kyrr“ sind die begabten Isländer noch weiter gereift – ihre düsteren Rocksongs mit den großen Refrains machen Vergleiche zwar immer komplizierter, aber, nur mal so leichthin: Lattemann dropt KATATONIA, SOLSTAFIR, THE CURE, TYPE O NEGATIVE und nicht zuletzt Kinnlade.

Monatsrückblick Juli 2018 – Die größten Highlights des Monats

KISSIN‘ DYNAMITE – „Ecstasy“

„Ecstasy“ beschreibt Herrn Rothes Zustand akkurat, nachdem klar wird: KISSIN‘ DYNAMITE verbinden auf ihrem aktuellen Werk Ohrwurmmelodien und perfektioniertes Songwriting mit einem neuen Hauch Ernsthaftigkeit. Auf zur reflektierten Sleaze-Party: Linke Hand Pulle Jackie, rechte Hand neue SZ. Soundtrack dazu ist gebucht.

Monatsrückblick Juli 2018 – Die größten Highlights des Monats

BURY TOMORROW – „Black Flame“

BURY TOMORROW vereinen auf „Black Flame“ wie gewohnt Gewalt und Gefühl. „Melodisch, treibend, durchzuckt von donnerndes Breaks leistet sich der Metalcore-Fünfer kaum Schwächen.“ Eine ganz leichte Tendenz zur Wiederholung sei nicht verschwiegen – aber wenn ihr auch verschwiegen seid, muss das ja niemand mitbekommen. Und dass es verlässliche Konstanten gibt, ist im Leben nichts Verkehrtes.

Monatsrückblick Juli 2018 – Die größten Highlights des Monats

POWERWOLF – „The Sacrament Of Sin“

Bei Weitem nicht jeder Wolf im Metal-Kosmos dient zum Leittier, vargen wir mal zu behaupten. Der POWERWOLF allerdings serviert „elf blasphemisch gute Hymnen, die jeden noch so andächtigen Gottesdienst in einen feuchtfröhlichen Sündenpfuhl biblischen Ausmaßes verwandeln würden“. Passender Titel: „The Sacrament Of Sin“. Theatralisch, experimentierfreudig, gut. Rudelbildung vor Konzerten ist erneut wahrscheinlich. Centurion Meida segelt im Windschatten mit.

Monatsrückblick Juli 2018 – Die schlimmsten Gurken des Monats

SIEGE COLUMN – „Inferno Deathpassion“

SIEGE COLUMN sind eigentlich gar nicht so schlecht davor: Wenn jemand sein Album „Inferno Deathpassion“ nennt und „Old School Death mit leicht angeschwärztem Thrash-Einschlag“ fabriziert, fangen hier jedenfalls gar nicht so wenige an zu sabbern. Problem: Der Grat zwischen coolem „Das soll genau so und rockt wie Sau“-Sound und „Alter, das ist beim besten Willen nur noch Matsch“-Lärm, er ist für SIEGE COLUMN zu schmal. Vor allem in all den rasanten Knüppel-Passagen.

OTEP – „Kult 45“

OTEP sind wütend und politisch – so weit, so in Ordnung. Allerdings sind ihre Mittel zum Zweck … äh. In den Sinn kommen jedenfalls „LIMP BIZKIT auf Steroiden“ mit einer Sängerin, die „Angry-Teenager-Content über anachronistische DROWNING-POOL-Instrumentals speit.“ Bedauerlicherweise gilt in diesem Fall: „‚Kult 45‘ will extrem sein, aber erscheint am Ende nur als die putzige-platte Kopie einer Revolte mit den Mitteln von vorgestern.“ Tja.

ERDLING – „Dämon“

ERDLING machen qualitativ einen Schritt zurück. Auf „Dämon“ finden sich zu viele „Beispiele für ideenlose Rockmusik mit aufgesetzter Gothic-Attitüde und ‚Reim-dich-oder-ich-fress-dich‘-Texten“. Es ist ja immer alles subjektiv, aber ins Poesie-Album lassen wir ERDLING für uns in dieser Form nicht singen. Wobei sie live gar nicht so schlecht sein sollen …

NECROEXOPHILIA – „Intergalactic Armageddon“

Es ist ein Jammer: Da machen NECROEXOPHILIA mit der Wahl des Bandnamens sowie des Albumtitels alles mehr als richtig – und dann ist „Intergalactic Armageddon“ vollkommen irdisch-unspektakulär ausgefallen. Slam Death Metal von der Stange mit zwangsweise aufgepeppeltem Gesang und vereinzelten Sci-Fi-Tupfern. Die-Hard-Genre-Fans dürften eventuell zucken, der Rest richtet das Teleskop in andere Richtungen.

LIKE A STORM – „Catacombs“

LIKE A STORM kommen aus Neuseeland und schicken sich an, mit ihrem Alternative Metal ordentlich durchzustarten. Doch Mutter, Herrn Klaas schmeckt’s nicht! Um mit Macht ins Radio zu kommen, wurde hier deutlich zu sehr am eindimensionalen Ergebnis rumgeschraubt, um „Catacombs“ noch als genießbar bezeichnen zu können. Downtuning für die meist simpel riffenden Bratgitarren, also quasi „Gulaschsoße, in die man zum Eindicken eine Tüte Mondamin hineingeworfen hat“. Und Autotune für den Gesang. Ernstzunehmen ist das nicht und das einsame Didgeridoo ist bemitleidenswert.

KESS’KHTAK – „Unwritten Rules Prevail“

Die verwendeten Rohstoffe sind kostbar, das Endprodukt kann es mit der Spitze dennoch nicht aufnehmen. Statt im unwirtlichen Grenzland zwischen Grind und Death Core für so richtig gespaltene Schädel zu sorgen, schlagen KESS’KHTAK mittels „Unwritten Rules Prevail“ letztlich nur „fröhlich mit dem Gummiknüppel auf den Holzschädel“ der eh schon Erledigten.

UNPLACES – „Changes“

Veränderungen, die UNPLACES in Angriff nehmen könnten: Abwechslunsreiche Songs schreiben. Den Sound weniger steril halten. Der tollen Stimme der Sängerin mehr Anlässe zur Entfaltung liefern. Die Synths, so wie in „Escape“, deutlicher in den Vordergrund stellen. Rezis der deprimiert gelangweilten schreibenden Zunft lesen. Ein Elend alles, ein Elend.

THE BLACK SORCERY – „…And The Beast Spake Death From Above“

Im Prinzip verbietet es sich, jemandem ans behufte Bein zu pinkeln, der auf den Namen Lörd Matzigkeitus hört. Total bescheuert sind wir hier auch nicht. Wenn nur dessen dem Slam Death Metal entrissener „Gesang“ nur ein wenig besser zum Bestial Black Metal von THE BLACK SORCERY passen würde. Und „… And The Beast Spake Death From Above“ nicht so arm an Höhepunkten … Okay, alles klar, wir sind schon leise. Hey, nein, war echt nicht so gem… aaargh!

Das lief bei uns im Juli 2018 – Die Playlists der Redakteure!

Alex Klug:

 

 

Jeannette Grönecke-Preuss:

Dominik Rothe:

14.08.2018
Exit mobile version